Für die hohen Ziele der Volksinitiative der Jungen Grünen genügt es bei weitem nicht, die Privatflugzeuge von ein paar Multimillionären zu verschrotten.
Wenn jeder Bürger der Welt so viel konsumieren würde wie der durchschnittliche Schweizer, würde es längerfristig statt einer Erde etwa drei oder sogar vier Planeten brauchen, um die menschliche Spezies auszuhalten. Solche Berechnungen zum «ökologischen Fussabdruck» sind die Basis der Volksinitiative der Jungen Grünen zur Umweltverantwortung, über die das Volk am 9. Februar abstimmt. Laut der Initiative darf der Konsum in der Schweiz hochgerechnet auf die Weltbevölkerung die Belastungsgrenzen der Erde ab 2035 nicht mehr überschreiten. Der Initiativtext nennt «namentlich» die Bereiche Klimaveränderung, Biodiversitätsverlust, Wasserverbrauch, Bodennutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreintrag.
Die Umsetzung soll gemäss dem Initiativtext der «Sozialverträglichkeit» Rechnung tragen. Das kann vieles heissen. Gemäss den Initianten sollen insbesondere wohlhabende Menschen und Konzerne ihre vergleichsweise grössere Verantwortung wahrnehmen. Die Initianten versuchen zu suggerieren, dass das breite Publikum nicht wirklich schwer getroffen wird – etwa nach dem Motto: «Es soll regnen, aber die Strasse wird nicht nass werden.»
Mehr statt weniger Konsum
Würde die Umsetzung fast niemandem weh tun, wäre das Ziel der Initiative kaum zu erreichen. Im Parlament hatte die Linke die Initiative praktisch geschlossen unterstützt. Doch viele Befürworter meinen es nicht ernst mit der Eindämmung des Konsums, sondern sie streben vielmehr das Gegenteil an. Belege dafür lieferten in den letzten Jahren unter anderem der laute Ruf während einer angeblichen «Kaufkraftkrise» von 2022 für eine Sondererhöhung der Renten; der erfolgreiche Kampf der Linken für die generelle Erhöhung aller AHV-Renten; die verbreiteten Klagen, wonach die Kaufkraft des Mittelstands (angeblich) rückläufig sei; und die heftige Kritik an einem «Sparprogramm» des Bundes, das gar keine Einsparungen vorsieht, sondern nur die jährliche Erhöhung der Ausgaben von 3 auf 2,3 Prozent pro Jahr senken will.
Meint man es ernst mit der Eindämmung des umweltbelastenden Konsums, kommt die breite Bevölkerung nicht um Einschränkungen herum. Die Volksinitiative setzt nicht bei der Produktion an, sondern beim Konsum. Und das ist richtig so: Eine Vertreibung von umweltbelastenden Industrien mit dem Ersatz durch entsprechend mehr Importe würde dem Planeten nichts bringen.
Bei der direkten Bundessteuer entfällt rund ein Drittel der deklarierten Reineinkommen in der Schweiz auf die obersten 10 Prozent. Zwei Drittel entfallen somit auf die unteren 90 Prozent (hier als «die breite Bevölkerung» bezeichnet). Gemessen am Konsum dürften es noch deutlich mehr sein, denn mit steigendem Einkommen sinkt der Anteil des konsumierten Einkommens.
Reiche sparen mehr
Laut Haushaltserhebungen beträgt die Sparquote im einkommensstärksten Fünftel im Mittel über 20 Prozent des Einkommens, während im einkommensschwächsten Fünftel der Konsum das Einkommen deutlich übersteigt. So dürften wohl drei Viertel oder noch mehr des gesamten Privatkonsums auf die breite Bevölkerung entfallen. Betroffen von der Initiative wäre auch der Staatskonsum, von dem letztlich auch die breite Bevölkerung profitieren sollte.
Je nach Kriterium und Berechnungsart müsste die Umweltbelastung des Schweizer Konsums mit der Volksinitiative innert zehn Jahren um 50 bis über 90 Prozent sinken. Zentrale Stichworte sind das Wohnen, der Verkehr und die Ernährung. Auf diese drei Bereiche entfallen laut einer vom Bund bestellten Studie total etwa zwei Drittel der hier relevanten Umweltbelastung. Zu den weiteren genannten Elementen des «Sündenkonsums» gehören Gastgewerbe, Gesundheitswesen, Freizeit/Unterhaltung, Bildung, Kleidung, Möbel/Haushaltsgeräte, Staatskonsum. Also in der Summe das, was zum Schweizer Lebensstandard gehört.
Es würde bei weitem nicht reichen, wenn einige Multimillionäre ihre Privatflugzeuge verschrotteten. Es würde auch nicht genügen, den Schweizer Produzenten teure Auflagen zu machen, denn etwa zwei Drittel der Umweltbelastung des hiesigen Konsums betreffen Importe. Und ob man Auflagen via Schweizer Produzenten oder via Importe macht: Letztlich führt dies zu einer Verteuerung und/oder einer Reduktion des Angebots für die Konsumenten.
Vervielfachung von Abgaben
Zentrale Hebel für die Umsetzung der Initiative wären der Verkehr mit fossilen Treibstoffen (Strassenverkehr und Luftverkehr), Gebäude mit Öl- oder Gasheizungen und schlechten Isolierungen sowie bei den Nahrungsmitteln tierische Produkte und gewisse weitere umweltbelastende Lebensmittel. Ein naheliegender Ansatzpunkt wäre ein massiver Ausbau von Lenkungsabgaben in Kombination mit Umweltbelastungszöllen für Importe.
Will man den Konsum der genannten Güter innert zehn Jahren in die Nähe von null drücken, würde es wohl eine Vervielfachung der Preise brauchen. Die derzeitigen CO2-Abgaben wären nicht nur massiv zu erhöhen, sondern auch auszuweiten. Zur Erfassung von Umweltbelastungen jenseits der Klimafrage wären auch massive Lenkungsabgaben für gewisse Nahrungsmittel wie etwa Fleisch einzuführen.
Nahrungsmittel sind heute stark subventioniert – offiziell durch die Steuerzahler und inoffiziell durch die Ignorierung der Umweltkosten in den Preisen. Laut einer groben Abschätzung müssten sich die Preise für tierische Produkte bei voller Kostenwahrheit etwa verdoppeln. Für die Ziele der Volksinitiative würde dies aber kaum genügen.
Lenkungsabgaben liessen sich im Prinzip «sozialverträglich» umsetzen: Die Reichen zahlen wegen ihres höheren Konsums entsprechend mehr Lenkungsabgaben als die Armen, und die Erträge aus den zusätzlichen Abgaben könnte man proportional an die Einwohner rückvergüten, so dass die Ärmeren per saldo finanziell vorwärtsmachen. Dass sich manche Bürger Karibik-Reisen, benzinbetriebene Autos, Fleisch und gewissen anderen Luxuskonsum dann kaum mehr leisten könnten, wäre im Sinn des Umweltziels erwünscht.
Eine Alternative zu Lenkungsabgaben wären in gewissen Bereichen Verbote – etwa für benzinbetriebene Autos, Ölheizungen und den Fleischkonsum. Verbote klingen «sozialverträglich»: Die Misere ist breit verteilt. Gewisse Verbote würden viel Verschwendung bringen, weil es unter anderem zu einer Massenverschrottung von an sich noch betriebsfähigen Autos, Heizungen und Produktionsanlagen kommen könnte. Aber wo gehobelt wird, fliegen Späne.
In manchen Fällen würde das Wohnen teurer. Im privaten Strassenverkehr wäre ein weit schnellerer Umstieg auf E-Autos auf der Agenda. Laut dem Touringclub Schweiz sind E-Autos heute einschliesslich Betriebskosten nicht mehr teurer als benzinbetriebene Autos. Die Verabschiedung von fossilen Treib- und Brennstoffen würde indes einen schnelleren Ausbau der Stromproduktion im Inland erfordern.
Ewig locken Subventionen
Als Ergänzung oder Alternative zu Lenkungsabgaben und Verboten wären auch Zusatzsubventionen etwa für E-Autos oder Gebäudesanierungen denkbar. Solche Subventionen kommen aber mit Verschwendungsgarantie; sie sind deutlich weniger effizient als Lenkungsabgaben. Auch E-Autos, Wärmepumpen und Solarpanels belasten überdies die Umwelt – man sollte sie deshalb aus umweltökonomischer Sicht nicht subventionieren, sondern «nur» mit tieferen Abgaben belasten als schmutzigere Alternativen. Aber Subventionen sind populärer als Lenkungsabgaben und Verbote: Der Staat verteilt Geld, die Rechnung kommt erst später, und wer sie bezahlt, ist unklar.
Besonders «sozialverträglich» aus Sicht der Initianten wäre wohl eine Steuererhöhung für Gutverdiener zur Finanzierung grosser Subventionstöpfe für alle. Damit nähme aber der Konsum noch zu, da tiefere Einkommensgruppen höhere Konsumquoten haben. Zu rechnen wäre daher mit neuen Umweltbelastungen, die den (erhofften) Nutzen der Subventionen gleich wieder einschränken würden.
Unter dem Strich lässt sich die Initiative etwa so betrachten, wie der Volksmund gewisse Medikamente betrachten mag: Es muss schlecht schmecken, damit es wie versprochen wirken kann.