Ein anderes Format, 36 Teams, unzählige Spiele: Die Vorbehalte gegen die Reform der Champions League waren gross. Aber die erste Kampagne läuft bisher genau so, wie die Uefa sich das erträumt haben dürfte.
Real Madrid, auf Platz 24, das hat die Welt noch nicht gesehen, doch jetzt ist es so: Real Madrid, der Rekordsieger, belegt in der Champions League gerade Platz 24. Am Mittwochabend verloren die Spanier gegen Liverpool 0:2, es war ein buntes, dichtes Spiel mit vielen Geschichten. Kylian Mbappé, der enttäuschte, schon wieder, gar einen Penalty verschoss. Liverpool, das vor Energie nur so sprühte, sich rächte für all die Niederlagen in der Vergangenheit. Real, das nun in den Abgrund starrt.
Real Madrid, auf Platz 24, und damit gerade noch so in der nächsten Runde: Etwas Besseres hätte den Urhebern der neuen Champions League gar nicht passieren können. Natürlich werden sie im Hauptquartier des europäischen Fussballverbands (Uefa) in Nyon in den nächsten Wochen an ihren Fingernägeln knabbern, weil es zum Äussersten dann doch nicht kommen soll, einem Out der Spanier in der Vorrunde. Eine K.-o.-Runde ohne Real Madrid, das wäre schlecht für die Quote.
Aber eine Vorrunde – pardon, eine Ligaphase –, in der Real Madrid zittert und bangt, so wie Paris Saint-Germain, Platz 25, zittert und bangt, so, wie Manchester City, Platz 17, zittert und bangt: Das ist eine gute Nachricht, weil es einen zentralen Kritikpunkt am neuen Modus entkräftet. Der lautet, dass in der Champions League jetzt einfach nur noch gespielt werde, damit gespielt wird.
Hier ein Spiel und da eines, hier ein Tor und da eines, und am Ende stehen in dieser ellenlangen, 36-zeiligen Tabelle dann wieder jene altbekannten Klubs in der K.-o-Runde, die dort immer stehen. Und noch ein paar weitere, die in der Zwischenrunde flugs eliminiert werden, damit die Grossen ab dem Achtelfinal ganz unter sich sind.
Vielleicht schaffen es am Ende doch alle, für die das so vorgesehen ist, Real Madrid, Paris Saint-Germain, Manchester City. Die Uefa hat da ja das eine oder andere Sicherheitsnetz in den neuen Modus eingebaut. Es blieb ihr gar keine andere Wahl, weil die Grossklubs mit der Super League drohten, einem Konstrukt, in dem sie ganz unter sich gewesen wären. Darum qualifizieren sich am 29. Januar – ja, am 29. Januar! –, wenn die epische Ligaphase mit 144 Spielen ein Ende nimmt, 24 der 36 Teams für die nächste Runde.
Natürlich geht es da ums Geld, und nur ums Geld. Natürlich ist das zu viel Fussball. Natürlich ist das zu Beginn alles fürchterlich unübersichtlich.
Und doch macht es diese Champions League selbst Traditionalisten gerade schwer, sie zu verabscheuen. Dafür ist die Qualität der Spiele zu gut, mit 3,2 auch die Zahl der Tore pro Spiel, die höher ist als in den vergangenen Spielzeiten. Und dafür ist vor allem zu vieles noch spannend, Stichwort Real Madrid, aber nicht nur. Wer es unter die ersten acht schafft, dem bleibt die Zwischenrunde im Februar erspart, und je weiter vorne ein Team landet, desto leichter wird – in der Theorie – die nächste Aufgabe.
Weil der neue Modus gleichzeitig zur Folge hat, dass am Ende viele Teams mit einer ähnlichen Punktzahl dastehen werden, zählt nun jedes erzielte Tor. Und so kommt es, dass nach dem 3:1 das 4:1 her muss, und nach dem 5:1 noch das 6:1. Die Young Boys erlebten das schon öfter, diese Woche im Heimspiel gegen Atalanta oder beim 0:5 in Barcelona, und sie waren nicht die einzigen. Die grossen Verlierer des neuen Modus sind bisher vor allem Teams wie sie, jene also, für die schon die Ligaphase eine Nummer zu gross scheint.