«Grausamkeiten haben zumeist Vorgeschichten. Und kein Mensch wird als Terrorist geboren», schreibt Dieter Hallervorden in einem Facebook-Post. Friedensbotschaften will er verkünden – hinterlegen tut er sie mit Propagandavideos der Hamas.
Mit dem Opa-Humor der Fernseh-Comedyserie «Nonstop Nonsens» hat Dieter Hallervordens Karriere in den siebziger Jahren Fahrt aufgenommen. Jetzt, mit 88, befällt den Kabarettisten plötzlich ein heiliger Ernst.
In einem Video, das Hallervorden auf Facebook gepostet hat, wünscht er sich, dass im Nahen Osten «die Waffen schweigen». Er selbst möchte dabei in die Rolle des Friedensbringers schlüpfen und hat mit seinen Worten grosse Empörung ausgelöst.
«Kein Mensch wird als Terrorist geboren»
Im Video trägt Hallervorden zu melodramatischer Musik ein Gedicht namens «Gaza Gaza» vor, das er mit einer Bemerkung einleitet. «Natürlich» verurteile auch er «den Terror von Hamas». Dann kommt ein grosses Aber. Das grosse Aber des Dieter Hallervorden, der sich für seinen Facebook-Post Propagandavideos ausgerechnet jener Hamas ausborgt, die er angeblich verurteilt.
Auf den drei Minuten und zwei Sekunden des Videos bekommt man auch noch Material des katarischen Nachrichtensenders al-Jazeera zu sehen. Zu hören bekommt man eine Ansammlung von Narrativen, wie sie in antisemitischen und verschwörungstheoretischen Kreisen die Runde machen. Gleich zu Beginn ist eine Marke gesetzt: «Grausamkeiten haben zumeist Vorgeschichten. Und kein Mensch wird als Terrorist geboren.»
Von der Andeutung, Israel wäre selbst schuld am Massaker, das die Hamas am 7. Oktober des letzten Jahres an israelischen Zivilisten verübt hat, geht es mit kruden Behauptungen weiter. Um des Gedichtes willen sind sie recht schlicht gereimt. Deutschland werden Sympathien für einen Staat unterstellt, in dem grosses Unrecht herrscht: «Sie geloben Apartheid die Treue. Von Ampel bis AfD / Sie liefern Granaten aufs Neue.»
«Und das soll kein Völkermord sein?»
Während Dieter Hallervorden spricht, sieht man im Hintergrund des Videos Bilder von Vätern mit ihren verwundeten Kindern. Väter, die diese Kinder hochheben, «zu Allah. In die Sonne. Zum Mond». Bilder der Talkshows von Caren Miosga und Markus Lanz kommen ins Bild. Denen ist die Lage in Gaza angeblich egal.
Den Text des Gedichts hat Dieter Hallervorden gemeinsam mit einem Ex-Politiker geschrieben. Mit Diether Dehm. Der war schon bei der SPD, bei der PDS und bei den Linken. Gemeinsam hat man sich offensichtlich darauf geeinigt, Israel und indirekt auch dem Waffen liefernden Deutschland Völkermord zu unterstellen. Mit der rhetorischen Frage «Und das soll kein Völkermord sein?» kulminiert und endet das Gedicht über «Gaza Gaza». Von den Taten der terroristischen Hamas ist darin nicht die Rede. Die lässt der angebliche Friedensaktivist Hallervorden unter den Tisch fallen.
Täter-Opfer-Umkehr im Nahostkonflikt
Auf kritische Nachfragen der ARD reagiert der politisch engagierte Ex-Komiker dieser Tage patzig: «Wenn ich Kritik übe, dann immer ganz oder gar nicht.» Das folgt dem Muster: Ist die ausgelöste Empörung gross, habe ich in Sachen Wahrheit ins Schwarze getroffen.
«Wer ein Beispiel für Schuldabwehr-Antisemitismus im Zusammenhang mit Täter-Opfer-Umkehr im Nahostkonflikt sucht, Hallervordens Machwerk ist ein Bilderbuchbeispiel», hat Volker Beck, der grüne Politiker und Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der «Bild»-Zeitung gesagt. Der Schauspieler lasse «kein antiisraelisches Klischee aus».
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat sich erst nach einem Zögern zu Wort gemeldet und sagt nun dieses: «Der Vortrag des sogenannten Gedichts, der Text sowie die weiteren Einlassungen von Herrn Hallervorden sind so wirr und fragwürdig, dass wir von einer weitergehenden thematischen Stellungnahme absehen.» Das klingt, als wäre es von Hallervordens berühmtem «Palim Palim»-Sketch bis zu Plemplem nicht allzu weit.