Der Palais des Nations in Genf, der Zweitsitz der Uno, steht für Multilateralismus, Diplomatie und Frieden. Derzeit ist er jedoch Baustelle und Symbol für die Lage der Vereinten Nationen.
Der Palais des Nations ist das Wahrzeichen des Internationalen Genf, eine Touristenattraktion. Er steht für den Multilateralismus, das Streben, Konflikte diplomatisch und nicht kriegerisch zu lösen. Doch derzeit fällt das Gebäude hinter diesen Anspruch zurück.
Der Palais des Nations ist eine Baustelle. Teile der 200 000 Quadratmeter grossen Anlage sind nicht zugänglich. Grund dafür sind Renovationsarbeiten, die sich seit 2017 hinziehen. Und massive Geldprobleme der Uno.
Die Vereinten Nationen müssen Kosten und Energie sparen, mehrere Millionen Franken. Dieses Problem besteht seit etlichen Jahren. Nun aber müssen Mitarbeiter ihre Büros räumen, zusammenrücken. Zudem dreht die Uno die Heizungen herunter. Die Administrativdirektorin der Uno in Genf empfahl den Angestellten deshalb, an kühlen Tagen eine Jacke ins Büro mitzubringen. Und die Probleme beschränken sich nicht auf den Standort Genf.
Alessandra Vellucci, die Sprecherin des Uno-Sitzes in Genf, spricht von Herausforderungen im Budget. Diese hätten sich in den vergangenen Monaten zu einer «weltweiten Liquiditätskrise» zugespitzt und beeinflussten nun das ganze System der Vereinten Nationen.
Der Palais des Nations und die Anforderungen der Zeit
Der Palais des Nations erfüllt die Anforderungen der Gegenwart nicht mehr. 2017 haben dort umfangreiche Renovationsarbeiten begonnen. 836 Millionen Franken hatte die Uno-Vollversammlung dafür gesprochen. Durch Verzögerungen in den Arbeiten werden die Kosten höher als erwartet ausfallen. Die Uno hat dafür bereits Rückstellungen bereitgestellt.
Die Renovation ist jedoch mehr als Denkmalpflege. Erst sollte sie die Uno energieeffizienter und nachhaltiger machen. Jetzt ist sie Teil eines umfangreichen Sparprogramms. Das Büro der Vereinten Nationen in Genf erhielt aus der Zentrale den Auftrag, die Sachkosten um 42 Prozent zu verringern, ohne dass wesentliche Aufgaben der Uno oder die Löhne des Personals beeinträchtigt werden. 15 Millionen Dollar will die Uno in Genf sparen.
Teil dieses Sparprogramms ist die vorübergehende Schliessung mehrerer Gebäude in diesem Monat. Fast 1000 Mitarbeiter müssen ihren Arbeitsplatz räumen und in kostengünstigere, weil energiesparendere Räume zügeln. Weitere Kosten spart die Uno, indem sie die Öffnungszeiten der Büros in Genf verkürzt und Heizungen sowie Klimaanlagen deutlich herunterfährt. Zudem flickt die Uno in Genf vorübergehend nur noch, was unbedingt erforderlich ist.
Der Generalsekretär muss Schulden eintreiben
Schuld an der finanziellen Lage der Uno sind einerseits die Energiekosten, andererseits die Mitgliedstaaten. Jedes Uno-Mitglied zahlt jährlich einen Beitrag an die Uno. Es gilt das Prinzip: Reiche Länder zahlen mehr, ärmere Länder weniger. Doch die Zahlungsmoral vieler Länder lässt seit Jahren zu wünschen übrig.
Vergangenes Jahr haben lediglich 142 von 193 Staaten ihre Beiträge vollständig bezahlt. Daraus resultierten die höchsten Zahlungsrückstände seit Jahren und der niedrigste Zahlungseingang der letzten fünf Jahre. Das zeigte sich im Dezember 2023. Erstmals in der Geschichte musste die Uno den Palais des Nations schliessen, die Angestellten arbeiteten zu Hause. Doch diese Massnahmen reichten nicht aus.
Vellucci sagt: «Unsere finanzielle Lage ist sehr prekär und schränkt unsere Fähigkeit ein, unsere Mandate wirksam auszuführen.»
Die Uno-Charta sieht in Artikel 19 vor, Mitgliedern, die zwei Jahre lang keine Beiträge zahlen, die Stimme in der Generalversammlung zu entziehen. 2022 sanktionierte die Uno acht Länder. Darunter Venezuela und Iran. Letztlich ist die Uno aber auf den guten Willen der Mitgliedsstaaten angewiesen.
Vellucci sagt: «Die Uno kann es sich nicht leisten, eine Pause einzulegen, wenn die Welt vor gewaltigen Herausforderungen steht.» Multilateralismus sei heute mehr denn je wichtig.
2024 fehlen noch Beiträge von 92 Staaten. Immerhin: 101 Staaten, darunter die Schweiz, haben ihren Beitrag bereits bezahlt. Das sind zu diesem Zeitpunkt des Jahres so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Vellucci sieht sich bestätigt.