In die Liste der deutschsprachigen Wörter des Jahres haben es ein Vertrauensbruch in Bezug auf die Demokratie, ein heiss diskutiertes Thema und ein Naturphänomen geschafft.
Im September wurde der «Unterschriften-Bschiss» in der Schweiz publik. Kommerziellen Unterschriftensammlern wird vorgeworfen, Unterschriften und Sammelbögen gefälscht zu haben. Viele sprachen von einem Vertrauensbruch in Bezug auf die Demokratie. Eine Tamedia-Recherche hatte den Skandal aufgedeckt und den Begriff geprägt, indem er in den Online-Titel des Artikels gesetzt wurde. Und nun wird «Unterschriften-Bschiss» Wort des Jahres. Das teilte die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) am Dienstag mit.
Platz zwei belegt das Wort «divers». Laut der ZHAW verdichten sich darin Themen, die 2024 in der Schweiz für Schlagzeilen gesorgt haben. So könne im Wort die Gender-Debatte oder die Diskussion um den dritten Geschlechtseintrag untergeordnet werden. Aber auch die im September abgelehnte Biodiversitätsinitiative falle unter den Begriff, heisst es.
Für viele Schlagzeilen hat im vergangenen Jahr auch das Wort «Murgang» gesorgt. Die ZHAW setzte es deshalb an die dritte Stelle in ihrer Rangliste. Im Misoxtal, in Vitznau, im Saastal oder bei Schwanden lösten Regen und Unwetter Murgänge aus. Nicht zuletzt mussten die Bewohner von Brienz, Graubünden, vor einigen Wochen erneut ihr Dorf verlassen. Eine Geröllmasse droht das Dorf unter sich zu begraben.
Französisches Wort des Jahres hat einen globaleren Charakter
Jedes Jahr bestimmen Jurys der vier Sprachregionen der Schweiz die Wörter des Jahres. Laut der ZHAW waren es dieses Jahr in der Deutschschweiz zehn Sprachforscher und -virtuosen, Autoren, Studierende und Journalisten, die sich auf «Unterschriften-Bschiss» geeinigt haben.
Zuvor eruiere das ZHAW-Computerprogramm, welche Wörter im Jahr besonders hervorgestochen seien, heisst es in der Mitteilung. Dies geschehe basierend auf der Textdatensammlung Swiss-AL mit rund 1,3 Milliarden Wörtern aus 2,4 Millionen Texten. Daraus seien 30 Wörter bestimmt worden, die 2024 häufig oder deutlich anders verwendet worden seien als in den Jahren zuvor, schreibt die ZHAW.
In der französischsprechenden Schweiz heisst das Wort des Jahres: «cessez-le-feu» – übersetzt bedeutet das Waffenruhe. Dieses Wort ist ebenfalls auf mediale Berichterstattung zurückzuführen. Nur hat das Wort im Gegensatz zu «Unterschriften-Bschiss» einen deutlich globaleren Charakter. Platz zwei und drei in der Westschweiz lauten «consentement», das übersetzt Einwilligung heisst, und «quoicoubeh». Letzteres ist laut der ZHAW ein Tiktok-Wortspiel in der französischen Jugendsprache und ist eine etwas spöttische Antwort auf die Frage «Quoi?» («Wer?»).
Die Rangliste in der italienischsprechenden Schweiz führt der Ausdruck «non binario» an, übersetzt nonbinär. «Allerta meteo» ist auf Platz zwei, wie «Murgang» steht dieser Begriff im Zusammenhang mit der extremen Wetterlage 2024. «Nomofobia», die Angst, ohne Mobiltelefon zu sein, belegt Platz drei.
«Solarexpress», «Igl Rutsch» und «regulaziun proactiva» sind die rätoromanischen Wörter des Jahres. «Solarexpress» heisst das Programm für die verstärkte Förderung von Solarenergie in den Alpen. Auf Rätoromanisch wird der Bergsturz von Brienz (auf Rätoromanisch Brinzauls) «Igl Rutsch» genannt. Und Platz drei, die «regulaziun proactiva», bezeichnet die proaktive Regulierung von Wolfsrudeln, die im Bündnerland ein stark diskutiertes Thema ist.