«Venom – The Last Dance» ist entweder ein dummer Blockbuster über Migration. Oder ein plumper über verdrängte Triebe. Das Publikum hat die Wahl.
Faszinierend, wie man eine eh schon unterbelichtete Story so weit mit Schauwerten, konkret: Explosionen und wirren Kampfszenen, zerrütten kann, dass der Plot den Kinogängern um die Ohren fliegt.
Venom, die Geschichte des extraterrestrischen Monstrums, das in den Reporter Eddie Brock (Tom Hardy) schlüpft, war schon im ersten Teil bildgewaltiger Quatsch, wobei die Betonung auf gewaltig liegt. Spass gemacht hat beim Drehen dieser Pulverisierung dramaturgischer Zusammenhänge vermutlich nur die Programmierung. Ein Fest für Experten computergenerierter Bilder, eine Qual für Zuschauer und Zuschauerinnen.
Versuchsweise Zusammenfassung der Handlung des dritten Teils: Eddie Brock alias Venom wird polizeilich gesucht. Er hat in Teil eins jede Menge Leute gekillt und Infrastrukturen zerbeult. Aus einem Paralleluniversum entsendet ein Superschurke eine Truppe Echsen-Aliens, weil Venom der Schlüssel ist für die Befreiung besagten Weltall-Bösewichts. Der Film besteht weitgehend aus der krachenden Konfrontation: Aliens gegen Venom, Venom gegen Polizisten und Militärs. Am Ende alle gegen alle und, klar, Sieg des Guten.
Was von aussen kommt, ist böse
Und was ist das Gute? Jeder noch so dämliche Blockbuster bebildert ja eine moralische Haltung zum Zeitgeschehen. Filme, auch jene, die am Fliessband der Grossstudios entstehen, sind immer auch Reflexionen der Verhältnisse und was sie politisch und kulturell umtreibt.
Bei «Venom – The Last Dance» (Regie: Kelly Marcel) wäre das die Frage der Migration und ob sie gut ist für ein Gemeinwesen. Ob man Einwanderer hereinlassen oder abweisen soll. Ob sie überhaupt integrierbar sind. Venom, das ausserirdische Monster, fügt sich symbiotisch in die menschliche Existenz ein.
Eddie Brock, der humane Gastgeber, verschmolz mit seinem wesensfremden Besucher zu einer neuen, irgendwie avancierten Lebensform. Dass im zweiten Teil in Venom der Schlüssel für die Invasion weiterer Migranten liegt, verschafft dem Film einen düsteren Unterton. Was von aussen kommt, ist böse. Integration ist unmöglich. Am besten, wir bleiben unter uns.
Die Doppelgestalt von Venom lässt sich politisch entschärfen. Dann steht das Monster einfach für unsere verdrängten Impulse. In Zeiten erhöhten Triebverzichts ermöglicht Venom die nötige Lockerung, um ein bisschen Spass zu haben, das heisst: Schurken killen und unwirtliche Grossstädte demolieren.
Idioten die Fresse polieren
Die Macher der Venom-Filme wissen, dass der verwaltete Mensch gern einmal vom Leder ziehen würde – es wird halt aufgrund der Zivilisationsgeschichte immer schwieriger. Wenn man dann sagen kann: «Da ist der ausserirdische Gewalttäter in mir durchgekommen!», ist das eine moralische Entlastung. Und ein paar Idioten, die wie hier im Film Hunde quälen, die Fresse polieren: Das hat ja etwas.
Die Marvel-Studios sind, wenn es so weitergeht, bald kaum mehr als ihre eigene Kino-Abraumhalde. Verschrottet wird alles im Franchise-Format: kein Superheld, keine Superheldin, die vor der Akkordarbeit sicher wäre. Man sehnt sich zurück in die Zeiten, als der Regisseur Sam Raimi den Spider-Man-Mythos im Jahr 2002 mit erzählerischem Raffinement und Witz neu belebte. Jetzt also Venom. Für Fans eines klugen Superhelden-Kinos ist das, wie der Name schon sagt: Gift.