Linkspolitiker wollen in Basel mit Steuergeldern die Erforschung neuer Antibiotika unterstützen. In diesem Bereich gibt es Nachholbedarf. Zielführender wäre es aber, privaten Firmen für Medikamente der Grundversorgung höhere Preise zu bezahlen.
Wer kann gegen ein solches Anliegen sein? In Basel wird demnächst die Unterschriftensammlung für eine kantonale Volksinitiative mit dem Titel «Pharma für alle» anlaufen. Die gleichnamige Organisation, hinter der die SP, die Grünen und weitere Linksgruppierungen stehen, will, dass sich der Kanton Basel-Stadt via einen Fonds für eine sichere Versorgung mit viel verschriebenen Arzneimitteln einsetzt. Der Fonds soll «entsprechende gemeinnützige Projekte» unterstützen.
Geldsegen dank OECD-Mindeststeuer
Die Initianten wollen dem Fonds pro Jahr 70 Millionen Franken aus allgemeinen Steuererträgen des Kantons zukommen lassen. Sie verweisen darauf, dass diese Summe lediglich einem Viertel der Mehreinnahmen entspreche, die Basel-Stadt dank der Einführung der OECD-Mindeststeuer erwarten könne. Die beiden Pharmariesen Roche und Novartis fallen zusammen mit weiteren Grossfirmen, die ihren Sitz in Basel haben, unter das neue Regime.
Die Urheber der Initiative dürften die nötigen Unterschriften mühelos zusammenbekommen. Die Pharmaindustrie sieht sich selbst in der Stadt Basel, die seit langem vom wirtschaftlichen Erfolg der beiden Branchenschwergewichte Roche und Novartis stark profitiert, wachsender Kritik ausgesetzt.
Die Branche, so argumentieren auch die Initianten, lanciere zunehmend hochspezifische, aber teure Medikamente, deren Kosten das Gesundheitsbudget selbst reicher Länder wie der Schweiz strapazierten. Zugleich foutiere sie sich um die Bereitstellung von Arzneimitteln für die Grundversorgung wie Antibiotika.
Debatte ist willkommen
Die dargestellten Probleme sind nicht aus der Luft gegriffen. Sie verdienen es, stärker als bisher in der Öffentlichkeit diskutiert zu werden. So gilt es Antworten auf die Frage zu finden, wie viel lebenserhaltende Krebstherapien kosten dürfen. Und: Können wir es uns zugleich leisten, die Anbieter von Medikamenten in der Grundversorgung mit Billigpreisen abzuspeisen?
Diese Rechnung geht je länger, desto weniger auf. Während laufend neue teure Präparate gegen Krebs auf den Markt kommen, sinkt die Zahl der Anbieter gerade im Antibiotikabereich seit Jahren. Schlimmer noch: Weil sich wegen extrem tiefer Preise kaum noch Geld mit solchen Medikamenten verdienen lässt, wird die Erforschung neuer Antibiotika seit Jahren sträflich vernachlässigt. Dabei gibt es einen grossen Bedarf an Neuheiten. Bestehende Antibiotika, die vielfach schon jahrzehntealt sind, verfehlen wegen Resistenzen zunehmend ihre Wirkung.
Die Initianten möchten mit dem geplanten Staatsfonds unter anderem die Erforschung neuer Antibiotika mitfinanzieren. Allerdings ist nicht klar, nach welchen Kriterien die Kommission, die zur Verteilung der Steuermittel eingesetzt werden soll, bei der Vergabe vorgehen wird. Stossend ist zudem, dass die Initianten Industrievertretern von vornherein eine Teilnahme im Gremium verwehren wollen. Der Kommission sollen lediglich Delegierte aus der Politik, gemeinnützigen Organisationen sowie aus Lehre und Forschung angehören.
Industrie muss mit am Tisch sitzen
Dass sich Fachleute aus verschiedenen Gesellschaftsbereichen an einen Tisch setzen, um sich über drängende Probleme im Gesundheitswesen auszutauschen, ist grundsätzlich löblich. Allerdings sollten dabei Wirtschaftsvertreter nicht fehlen. Experten aus der Pharmaindustrie wissen am besten, wie sich neue Medikamente kosteneffizient entwickeln und produzieren lassen.
Zugleich wird man sich im Stadtkanton sehr genau fragen müssen, ob man Hand zu einer Industriepolitik bieten will. Wenn die Stimmbürger Basels Steuergelder der Erforschung von Antibiotika zur Verfügung stellen wollen, sei ihnen dies unbenommen. Die Produktion und den Vertrieb solcher Präparate zu subventionieren, ist aber der falsche Weg. Es ist besser, den privaten Anbietern höhere Preise zuzugestehen, damit sich dieses Geschäft lohnt.
Stimmen die finanziellen Anreize wieder, werden Pharmafirmen nicht zögern, auch Produkte für die Grundversorgung vermehrt anzubieten. Wie effizient die Pharmaindustrie in Geschäftsbereichen mit den richtigen Rahmenbedingungen operiert, sollte man am Pharmastandort Basel wie kaum sonst wo wissen.