Spitzenleute beim Bund oder bei bundesnahen Unternehmen sollen künftig keine Abgangsentschädigung mehr erhalten. Der Entscheid der kleinen Kammer hat massgeblich mit den Merkwürdigkeiten im Fall von Nicoletta della Valle zu tun.
Die fürstliche Abgangsentschädigung für Nicoletta della Valle hinterlässt im Parlament Spuren. Die Chefin des Bundesamts für Polizei, die ihre Tätigkeit im Januar 2025 aufgibt, erhält vom Bund zum Abschied einen Jahreslohn plus Ortszuschlag, das sind total 340 000 Franken. Und dies, obwohl sie das Amt freiwillig mit dannzumal 63 Jahren verlassen wird und nach der offiziellen Darstellung nach wie vor im besten Einvernehmen mit Bundesrat und Departementsvorsteher Beat Jans steht; dieser zeigte sich bei der Ankündigung des Rücktritts voll des Lobes über den unermüdlichen Einsatz seiner Chefbeamtin.
Später Erfolg für Thomas Minder
Wozu es in einem solchen Fall eine Abgangsentschädigung braucht, diese Frage stellt sich nicht nur die interessierte Öffentlichkeit. Auch im Parlament sorgen die wenig transparenten Vorgänge für Irritation. Das zeigte sich am Donnerstag, als der Ständerat über eine parlamentarische Initiative seines ehemaligen Mitglieds und des Urhebers der «Abzocker»-Initiative Thomas Minder befand. Der Vorstoss war vom SVP-Mann Jakob Stark übernommen worden.
Die parlamentarische Initiative will Abgangsentschädigungen für Topkader – vergleichbar mit den Fällen von Mitgliedern von Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten – aus der Bundesverwaltung und bundesnahen Unternehmen wie Post und SBB grundsätzlich verbieten; Ausnahmen sollen möglich sein. Heute gewährt der Bund «goldene Fallschirme» für Staatssekretäre, Amtsdirektoren, Generalsekretäre, Informationschefs oder persönliche Mitarbeiter von Bundesräten. Ihnen kann bis zu ein Jahreslohn ausgerichtet werden, und das auch bei einvernehmlicher Trennung.
Ob solche Entschädigungen beim Bund opportun sind, darüber wird im Parlament schon seit längerem diskutiert, bislang aber ohne konkrete Folgen. Zunächst sah es danach aus, als ob das Anliegen nach einem Verbot auch dieses Mal scheitern würde. Die zuständige Kommission des Ständerats hatte Minders Vorschlag abgelehnt. Doch die kuriose Abgangsentschädigung für Nicoletta della Valle bewirkte einen Meinungsumschwung und war dafür verantwortlich, dass das Verbot am Ende mit 20 zu 16 Stimmen gutgeheissen wurde.
Einer, der seine Haltung änderte, war der Waadtländer SP-Ständerat Pierre-Yves Maillard. In der Kommission hatte er sich noch der Stimme enthalten. Die Vorgänge im Fall della Valle würden verschiedene Probleme aufwerfen, argumentierte er und stimmte für den Vorstoss von Minder, ebenso wie seine Parteikollegen. Die FDP und die Mitte waren gespalten.
Die Kommissionssprecherin und Mitte-Ständerätin Heidi Z’graggen hatte vergeblich das gesagt, was auch die Landesregierung immer sagt: Das Instrument sei wichtig, damit sich ein neuer Bundesrat rasch und ohne rechtliche Auseinandersetzungen von einem Spitzenbeamten trennen könne. Es gebe Fälle, wo man flexibel handeln und schnell zu einer Lösung kommen müsse. Zudem sei der Betrag, der jährlich für die Abgangsentschädigungen ausgerichtet werde, im Vergleich zu den gesamten Personalkosten sehr gering, meinte Z’graggen. So seien in den letzten zehn Jahren jährliche Beträge zwischen 50 000 und 1,7 Millionen Franken an Topkader bezahlt worden.
Von Baumann über Haldimann bis Bock
Solche Argumente mögen in ruhigen Zeiten zufriedenstellen, in aufgewühlten tun sie es nicht. Und wenn das Geld fehlt und der Bundesrat die ganze Zeit vom Sparen redet, ist man als Parlamentarier nicht mehr bereit, Privilegien für Topkader beim Bund so einfach zu akzeptieren.
So führte der Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann eine ganze Reihe von Personen an, die in den letzten Jahren in den Genuss von Abgangsentschädigungen gekommen und zum Teil in Ungnade gefallen waren, von Jakob Baumann, Ex-Rüstungschef der Armasuisse, über Ueli Haldimann, Ex-Direktor SRG, und Susanne Ruoff, Ex-CEO der Post, bis hin zum Ex-Armeechef Roland Nef und Christian Bock, dem Ex-Direktor der Zollverwaltung.
Solche Zahlungen seien nicht gerechtfertigt, da die ordentlichen Entschädigungen für Spitzenkader des Bundes ohnehin sehr hoch und die «Schleudersitz-Prämien» darin schon enthalten seien, so Salzmann. Die Wirkung nach aussen sei problematisch, zudem sei damit beim Bund erlaubt, was infolge der «Abzocker»-Initiative in der Privatwirtschaft inzwischen längst untersagt sei. Tatsächlich dürfte die Öffentlichkeit heute noch weniger als früher bereit sein, hohe Abgangsentschädigungen beim Bund einfach so zu akzeptieren.
Ob aus Thomas Minders Vorstoss irgendwann eine «Lex della Valle» wird, ist mit der Annahme im Ständerat aber keineswegs sicher. Die parlamentarische Initiative geht nun zuerst an die zuständige Nationalratskommission. Stimmt sie zu, kann eine konkrete Gesetzesvorlage ausgearbeitet werden. Schon vor ein paar Jahren hatte sich die ständerätliche Kommission für ein Verbot von «goldenen Fallschirmen» beim Bund und bei bundesnahen Unternehmen ausgesprochen. Als es dann aber um die Umsetzung ging, konnte sie sich mit der konkreten Regelung nicht anfreunden und versenkte das Vorhaben.