Die erste Fashion-Show des amerikanischen Unterwäschelabels Victoria’s Secret nach sechs Jahren Pause wurde mit Spannung erwartet. Allzu viel Neues ergab sich dabei allerdings nicht.
Kate Moss schritt über den Laufsteg der ersten Victoria’s-Secret-Show seit sechs Jahren, die am 15. Oktober 2024 in New York City stattfand. Die zierliche Kate Moss ein Victoria’s-Secret-Engel? Vor rund 10 Jahren noch ein Unding. Ein beflügelter Gang über den Laufsteg des Dessous-Labels war einst den Bombshells unter den Models vorbehalten: Tyra Banks, Gisele Bündchen, Heidi Klum. Für die seit 1995 jährlich stattfindende Show als Model auserwählt zu werden, galt als Ritterschlag in der Welt der Schönheit, der Sexyness. Die schönsten, begehrenswertesten durften mit Flügeln auftreten. Victoria’s Secret schaffte es, so ein ungemein begehrenswertes Image zu erschaffen. Als die Show 1999 zum ersten Mal live gestreamt wurde, wollten Millionen zuschauen. Die Website stürzte ab.
Engel in der Krise
Dann kam die Body-Positivity-Bewegung, das Streben nach Diversität, Werte wurden neu definiert. Und das Image von Victoria’s Secret stimmte vorne und hinten nicht mehr. Die Show und das von ihr vermittelte Frauenbild auf Highheels wirkten jetzt altbacken, stehengeblieben, übersexualisiert, fast schon peinlich. Auch die Unterwäsche, spitzenbesetzt und freizügig, galt nicht mehr als zeitgemäss. Unkompliziertes wollte man jetzt tragen, lässig, aus weichen Materialien. Transparente Bustiers liessen Push-ups bemüht aussehen, gestrig, plump.
Laut Business Insider sank der Marktanteil der Marke in den USA zwischen 2016 und 2018 von 33 auf 24 Prozent. Auch die Show verlor an Zuschauenden. CMO Edward Razek sprach sich gegen Transgender-Models auf dem Laufsteg aus.
Victoria´s Secret machte daraufhin, was man macht als Label: Es versuchte, sich zu modernisieren. Es gab eine öffentliche Entschuldigung, Razek verliess das Unternehmen, der Vorstand und das Konzept wurden überarbeitet. Mit Barbara Palvin und Valentina Sampaio wurden ein Plus-Size- und ein Transgendermodel engagiert. Doch: 2018 fand die letzte Show statt.
Nun, sechs Jahre später, fand die Show wieder statt. Ob man gehofft hatte, auf der grassierenden 1990er-Trendwelle mitschwimmen zu können? Denn neu erfunden hat sich Victoria Secret ganz und gar nicht. Sie gestehen einzig sehr schlanken und Plus-Size Frauen sowie Transgendermodels ebenfalls zu, ein sexy Engel zu sein. Und älteren Damen, wenn man so will – mit Tyra Banks, Kate Moss und Carla Bruni liefen mehrere mindestens 50 Jährige mit; allerdings mit mehr Stoff bedeckt als jüngere Semester.
Nostalgie statt Innovation
Sonst blieb das Konzept, wie es war: Models, die übergutgelaunt mit gekonntem Hüftschwung auf Highheels über den Laufsteg schreiten, mit den Flügeln posieren. Das Staraufgebot – Gigi Hadid eröffnete die Show, auch Adriana Lima, Eva Herzigova und Kate Moss› Tochter Lila waren dabei, K-Pop-Star Lisa und Tyla sangen – und die lange Abwesenheit des Spektakels haben sicher geholfen, ein Event aus der Show zu machen. Dennoch wirkte das alles immer noch nostalgisch. Trotz Diversität, in der sich bis heute bereits zahlreiche andere Labels versuchten, um ihr Image zu wandeln. Innovativ ist das schon lange nicht mehr.