Die Hockey-Nati spielt mit dem Wappen auf der Brust eine erfolgreiche Weltmeisterschaft und weckt Emotionen. Der Bundesrat gibt den Spielverderber und bemängelt die Leibchen. Ausflug in den technokratischen Dschungel.
Nach der Schlusssirene am Donnerstagabend standen die Schweizer NHL-Stars Nico Hischier, Kevin Fiala, Nino Niederreiter, Roman Josi in einer Reihe. Sie hatten sich gerade für das Halbfinale der Eishockey-WM qualifiziert und sangen den Schweizerpsalm. Es war der erste Sieg gegen Deutschland seit 1992, Schweizer Sportgeschichte.
Viele Fans im Stadion und einige Spieler hielten sich die Hand an die Brust, ans Schweizer Wappen. Doch damit hat der Bund ein Problem.
Nur die Eidgenossenschaft darf das Schweizer Wappen, also das Schweizerkreuz im Wappenschild, verwenden. Für Ausnahmen braucht es Sonderbewilligungen. So steht es im Wappenschutzgesetz. Deshalb hat der Bund bereits eine Verfügung gegen den nationalen Verband Swiss Ice Hockey erlassen, die ihm verbietet, das Wappen künftig auf seinen Leibchen zu tragen. Als dies im Frühling bekanntwurde, waren die Irritationen gross.
Der Verband sprach darauf bei Politikern vor, diese reichten Motionen ein. Er selbst legte beim Bundesverwaltungsgericht Einsprache gegen die Verfügung ein und fuhr mit den bekannten Leibchen an die WM. Das Verfahren ist derzeit noch hängig.
Am Mittwoch, einen Tag vor der Halbfinalqualifikation der Hockey-Nati, hat sich der Bundesrat zum Thema geäussert und die entsprechenden Motionen dem Parlament zur Ablehnung empfohlen. Er will das Wappen auch künftig nicht an Weltmeisterschaften sehen. Sondern vorwiegend in amtlichen Briefköpfen.
Im technokratischen Dschungel
Der Anfang dieser Geschichte liegt bereits einige Jahre zurück. 2013 stimmte das Parlament dem geltenden Wappenschutzgesetz mit einer einzigen Gegenstimme in beiden Räten zu. Anfang 2017 trat es in Kraft. Das Gesetz unterscheidet klar zwischen dem Schweizerkreuz, der Schweizer Fahne im quadratischen, roten Feld und dem Schweizer Wappen.
Die Schweizer Fahne und speziell das Schweizerkreuz dürfen Vereine und Privatpersonen und Sportmannschaften ohne bürokratischen Aufwand verwenden. Seit mehreren Jahren tragen die Fussball-Nationalmannschaften die Schweizer Fahne auf der Brust. Wer hingegen das Schweizer Wappen verwenden will, musste beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) bis Ende 2018 eine Bewilligung einreichen und gute Gründe mitliefern.
So taten es der SAC, der TCS oder der Sackmesser-Produzent Victorinox. Sie mussten laut dem Bundesrat nachweisen, dass sie das Schweizer Wappen seit mindestens 30 Jahren ununterbrochen nutzen. Und dass ein «schutzwürdiges Interesse» daran besteht, es weiterhin zu tun. Sie erhielten die Bewilligung.
Eine «biireweiche» Situation
Swiss Ice Hockey kam dafür gar nicht erst infrage. Der Verband lief in den letzten Jahren oft nur mit dem Schweizerkreuz auf. Zum Beispiel an der Weltmeisterschaft 2013, als die Schweiz in Stockholm die Silbermedaille gewann. Das Schweizer Wappen tragen die Hockey-Nationalmannschaften erst seit 2015. Deshalb suchte der Verband das Gespräch mit dem zuständigen Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE).
Trotz Gesprächen kam es zu keiner Einigung zwischen dem IGE und dem Verband. Im Frühling sagte Patrick Bloch, der CEO von Swiss Ice Hockey, gegenüber dem «Blick», man sei seit 2018 mit den höchsten Stellen in Kontakt und dem Verband sei mehrmals Unterstützung zugesichert worden. Anscheinend ohne Erfolg.
Laut dem IGE hat es 2018 Gespräche mit dem Verband gegeben. Dabei hat Swiss Ice Hockey laut dem IGE ein alternatives Motiv für die Leibchen vorgelegt, das juristisch einwandfrei gewesen wäre. Als der Verband die neuen Leibchen erneut mit Schweizer Wappen präsentierte, war das IGE laut eigenen Angaben verwundert. Swiss Ice Hockey teilte auf Anfrage mit, man konzentriere sich derzeit auf den Halbfinal und könne sich erst danach zum Thema äussern.
Nun soll die Politik das Problem lösen. Der sozialdemokratische Nationalrat Matthias Aebischer und der freisinnige Ständerat Damian Müller reichten Mitte März zwei überparteiliche Motionen ein. In den inhaltlich identischen Motionen verlangen sie, dass der Bundesrat das Wappenschutzgesetz anpasst. Dadurch sollen künftig alle Schweizer Nationalmannschaften das Schweizer Wappen legal verwenden dürfen. In der Presse sprachen Müller und Aebischer von einer «birreweichen» Situation und von «Amtsschimmel».
Der Bundesrat lehnt eine Gesetzesänderung ab und schrieb in seiner Stellungnahme am Mittwoch, das käme einer «Einzelfallgesetzgebung» gleich. Das Parlament hat in der Sommersession die Möglichkeit, dem zu widersprechen, dann behandelt der Ständerat die Motion von Damian Müller. Bis dahin hat sich entschieden, ob Hischier, Niederreiter, Josi und Fiala neben dem Schweizer Wappen auch eine WM-Medaille auf der Brust tragen.