Stefan Bollinger, den neuen Chef von Julius Bär, hatten vor seiner Ernennung nur wenige auf dem Radar. Er verfügt über den nötigen Ehrgeiz, den vom Benko-Debakel geschwächten Vermögensverwalter auf Wachstumskurs zu führen.
Lange musste Stefan Bollinger warten, am 9. Januar 2025 geht es für ihn endlich los als Chef von Julius Bär. Der 50-Jährige wird dabei einen ziemlichen Kaltstart hinlegen müssen. Die traditionsreiche Privatbank hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Anfang Februar zog Julius Bär die Konsequenzen aus der Kreditvergabe an den österreichischen Pleitier René Benko.
Die Bank trennte sich von ihrem bisherigen CEO Philipp Rickenbacher und einem Mitglied des Verwaltungsrates und schrieb die Kredite ab. Rund 600 Millionen Franken kostete sie das Benko-Debakel, plus ein nach wie vor offenes Verfahren der Finanzmarktaufsicht (Finma).
Bollinger ist der Überraschungsmann an der Spitze von Julius Bär. Vor seiner Ernennung im Juli hatte ihn kaum jemand auf dem Radar, es ist sein erster Job als Konzernchef. Den grössten Teil seiner Karriere hat er im Ausland verbracht, die letzten zwanzig Jahre davon bei Goldman Sachs. Vierzehn Jahre war er Partner bei der US-Grossbank, zuletzt war er Co-Chef der Vermögensverwaltung für Europa, Afrika und den Nahen Osten.
Erwartet wird, dass er bei Julius Bär die Handbremse wieder etwas löst. Die Privatbank ist nicht erst seit der Kreditvergabe an Benko verunsichert, Personen aus dem Umkreis der Bank verweisen darauf, dass bereits unter Bollingers Vorgänger Rickenbacher Stillstand geherrscht habe. Ansetzen wird Bollinger daher neben einer Steigerung der Erträge wohl auch bei den Kosten. Zur Diskussion steht gemäss Medienberichten das Geschäft der Privatbank in Brasilien. Ebenfalls einen Blick wert ist die Geschäftsleitung der Bank: Mit 14 Mitgliedern ist sie zu gross geraten, sie dürfte verkleinert werden.
Bollinger ist fest entschlossen, Julius Bär auf Wachstumskurs zu bringen und zu zeigen, dass er als Konzernchef reüssieren kann. Als Aussenstehender muss er keine falschen Rücksichten nehmen. Gelingt ihm dies, werden ihn die Investoren bejubeln. Ihre Vorschusslorbeeren hat er schon erhalten: Die Bär-Aktien haben in den vergangenen Monaten um rund 12 Prozent zugelegt.
Doch die fehlende Hausmacht innerhalb der Bank kann ihm auch zum Verhängnis werden, etwa wenn es darum geht, Veränderungen durchzusetzen. Und wie rasch Bollinger bei Julius Bär durchstarten kann, hängt nicht zuletzt von der Finma ab. Nach Benko könnte der Regulator der Bank Auflagen beim Risikomanagement machen.