Das SUV Tiguan und der Mittelklasse-Kombi Passat sind Publikumslieblinge im VW-Programm. Auf Basis des Konzernbaukastens erhalten sie eine Neuauflage. Vielleicht schon die letzte Generation mit Diesel- und Benzinmotoren.
Mehr als 30 Millionen Autos baute der VW-Konzern ab 2012 auf Basis eines Baukastensystems für quer angeordnete Motoren, und dies für fast alle Marken der Gruppe, von Audi bis Skoda. Um weiterhin Skalierungseffekte zu heben, die die Entwicklungskosten auf eine Vielzahl an Baureihen umlegen, hat der deutsche Konzern die Plattform in vielen Details erweitert, etwa durch moderne Assistenzsysteme und besseres Infotainment. Als erste neue Modelle mit dieser Technik kommen Anfang 2024 der Passat und der Tiguan auf den Markt.
Bei beiden handelt es sich um ausgesprochene Dauerbrenner und Bestseller. Beim 2007 eingeführten SUV Tiguan steht die dritte Modellgeneration an, von den ersten beiden Baureihen wurden mehr als 7,4 Millionen Stück gebaut. Inzwischen ist der Tiguan das meistverkaufte VW-Modell, 2022 wurden weltweit mehr als 600 000 Stück abgesetzt, rund doppelt so viele wie vom einstigen Primus Golf. In der Schweiz landete der Tiguan 2023 mit 4023 Neuimmatrikulationen als drittbester Verbrenner hinter dem Skoda Octavia und dem Audi Q3.
Der Passat ist schon seit einem halben Jahrhundert die personifizierte Mittelklasse und ein beliebtes Familien-, aber auch Firmenfahrzeug. Nach dem Golf ist der Passat mit 30 Millionen Einheiten das am zweitbesten verkaufte Modell in der Historie der Volkswagen-Kernmarke.
Die nur noch als Kombi angebotene neunte Generation des Passat, dessen Startpreis bei rund 45 000 Franken liegen soll, wuchs noch einmal um 14 Zentimeter auf beachtliche 4,92 Meter. Auch beim Radstand gab es einen Zuschlag um 5 Zentimeter auf 2,84 Meter. Das macht sich bemerkbar beim Kofferraum, der 690 Liter fasst, mit geklappten Sitzen lässt er sich auf 1920 Liter erweitern.
Im Passat wird es leiser
Auch die Fondpassagiere dürfen sich über mehr Beinfreiheit freuen. Das Reisen soll gleich mehrfach komfortabler werden: Neben der besonders viel Lärm dämmenden Akustikwindschutzscheibe kommt an den Seitenscheiben eine Doppelverglasung mit Akustikfolie zum Einsatz.
Optisch haben die Designer den Passat etwas dynamischer gestaltet. Eine neue LED-Lichtsignatur vorne mit durchgehender Lichtleiste soll die Fahrzeugbreite betonen, die auch durchgängige Heckleuchten nochmals unterstreichen. Ein kräftiger Dachkantenspoiler gehört neben Luftleitelementen, seitlichen Öffnungen an den vorderen Stossfängern zur Luftführung um die Vorderräder herum und einem Diffusor hinten zu den Aerodynamikbausteinen. VW gibt den Luftwiderstandsbeiwert des neuen Passat mit cw 0,25 an, das ist erheblich besser als beim Vorgänger (0,31) und VW-Kombi-Rekord.
Der Innenraum sowohl beim Passat als auch beim Tiguan wird geprägt vom digitalen Cockpit mit 10,25-Zoll-Bildschirm und dem grossen Infotainment-Display. Grafik, Bedienung und Menustruktur gleichen denen der elektrischen Modelle ID.4, ID.5 und ID.7. Hier will VW die Lücke schliessen und zu einer einheitlicheren Philosophie bei Verbrennern und Stromer-Modellen kommen.
Beim Blick auf den neuen Tiguan, dessen Basisversion bei 37 100 Franken startet, fallen die etwas gedrungenere Form, die schmalen Scheinwerfer und Heckleuchtenbänder sowie der schlankere Kühlergrill auf. Optisch nähert sich der Tiguan damit den elektrischen ID-Modellen an. In der Länge hat der Tiguan minimal auf 4,54 Meter zugelegt, Höhe, Breite und Radstand blieben praktisch unverändert. Das Längenwachstum kommt in erster Linie dem Kofferraum zugute, das Volumen liegt bei grosszügigen 650 Litern.
Matrix-Scheinwerfer sind nun serienmässig
Die Scheinwerfer bieten nicht nur optisch eine deutliche Veränderung, sondern bedeuten auch technologisch einen Sprung nach vorne. Zum Einsatz kommen IQ-Light-HD-Matrix-Scheinwerfer. Diese hochauflösende Lichttechnik wurde im Touareg eingeführt und bietet mit 19 216 Micro-LED auf jeder Seite die Möglichkeit, den Lichtteppich vor dem Auto sehr exakt zu steuern und an die Fahrgegebenheiten anzupassen.
Bei den Assistenzsystemen sind beide Modelle auf der Höhe der Zeit, fast zwei Dutzend Systeme listet VW auf. Ist der Tiguan mit einer Anhängerkupplung ausgerüstet, wird automatisch beim Anschliessen der Anhängerelektrik auch das Fahrprofil Trailer aktiviert, um bei den Allradmodellen die Kraftverteilung passend zu Anhängerfahrten zu steuern. Als 4×4 darf der Tiguan bis zu 2,3 Tonnen ziehen.
Beide Modelle wollen mit der neuesten Generation des adaptiven Fahrwerks punkten und werden erstmals von einem Fahrwerksmanagement gesteuert. Es regelt die elektronischen Differenzialsperren sowie die adaptiven Dämpfer. Mehr Agilität verspricht VW durch die überarbeitete Lenkung.
Motorenprogramm mit Verbrennern und Hybrid-Technik
Beim Antriebsprogramm bedienen sich Tiguan und Passat aus einem Motorenprogramm, das sich in einem Leistungsspektrum von 90 kW (122 PS) bis 200 kW (272 PS) bewegt. Bei einzelnen Motoren gibt es Abweichungen im Getriebeangebot. Für die Kraftübertragung sorgt immer ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen, in den Varianten mit Plug-in-Hybridtechnik sind es sechs Gänge.
Als klassische Benziner werden der 2.0 TSI mit 150 kW (204 PS) sowie das Allradantriebsmodell 2.0 TSI 4Motion mit 195 kW (265 PS) angeboten. Bei den Dieselmodellen sind Zweilitermotoren mit 90 kW (122 PS), 110 kW (150 PS) sowie 142 kW (193 PS) im Einsatz, die leistungsstärkste Variante auch in diesem Fall mit Allradantrieb. Der 122-PS-Diesel wird im Tiguan nicht angeboten.
Bei den elektrifizierten Modellen setzt VW auf einen neuen Basismotor. Der 1.5 TSI Evo 2 ist ein Vierzylinder mit variabler Turbolader-Geometrie (VTG) und Zylinderabschaltung. Der Motor läuft mit hohem Wirkungsgrad und als Mildhybrid: Das 48-Volt-System wird von einer Lithium-Ionen-Batterie versorgt. Ein Riemen-Startergenerator mit 15 kW und 25 Nm Drehmoment unterstützt den Verbrenner beim Anfahren und sorgt beim Fahren mit wenig Last dafür, dass sich der Motor komplett ausschalten kann und das Fahrzeug elektrisch unterstützt segelt. Im Tiguan gibt es das Antriebssystem mit 96 kW (130 PS) oder 110 kW (150 PS), im Passat wird nur die stärkere Version angeboten.
Auf dem gleichen Turbobenziner bauen die beiden Plug-in-Hybride auf. Unterstützung kommt von einem Elektromotor, der ins Sechsganggetriebe integriert ist und 85 kW (115 PS) Maximalleistung beisteuert. Damit ergeben sich Systemleistungen von 150 kW (204 PS) sowie 200 kW (272 PS).
Den Strom liefert eine Lithium-Ionen-Batterie mit 19,7 kWh Kapazität. Die elektrische Reichweite soll fast 100 Kilometer betragen. Die Ladeleistung hat VW spürbar erhöht, mit Wechselstrom (AC) sind nun 11 kW möglich, an der Schnellladesäule lädt der Plug-in mit 50 kW, womit die Batterie nach rund 45 Minuten wieder voll wäre.