Die Wahlen in Liechtenstein versprechen Spannung. Die kleinen Oppositionsparteien bieten sich als Koalitionspartner für die neue Regierung an.
Am 9. Februar wählt das Fürstentum Liechtenstein einen neuen Landtag. In zwei Wahlkreisen sind 25 Abgeordnete zu wählen. Um diese Mandate bewerben sich die vier Parteien, die bereits bisher im Landtag vertreten waren. Die Vaterländische Union (VU) und die Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP), die aufgrund ihrer dominierenden Rolle in den vergangenen Jahrzehnten und ihres Wähleranteils auch als Grossparteien bezeichnet werden, treten mit vollen Listen an.
Die beiden kleinen Oppositionsparteien Freie Liste (FL) und Demokraten pro Liechtenstein (DpL) begnügen sich mit Teillisten. Die vier Parteien bleiben bei den Wahlen unter sich, obwohl in den letzten Jahren immer wieder Spekulationen über Neugründungen, etwa einer reinen Frauenpartei, die Runde machten.
Opposition drängt in die Regierung
Im Mittelpunkt des Interesses stehen jedoch nicht die Kandidatinnen und Kandidaten für das Parlament, sondern wie üblich die Personen, die in die Regierung eintreten wollen. Die FBP und die VU, die seit dem Zweiten Weltkrieg mit zwei Ausnahmen eine Koalitionsregierung gebildet haben, bekräftigen mit ihren Nominierungen ihren Willen zur Fortsetzung der Zusammenarbeit. Die beiden Parteien haben nur drei Kandidaten für die fünfköpfige Regierung nominiert. Damit signalisieren sie den Wählern, dass sie die Mehrheit in der künftigen Koalitionsregierung anstreben, aber auch Platz für einen Partner haben, der sich mit zwei Regierungsmitgliedern begnügen muss.
Ob es erneut zu einer Regierungskoalition der beiden grossen Parteien kommen wird, ist allerdings noch offen. Auch die beiden Oppositionsparteien drängen in die Regierung. «Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen», erklärten die Demokraten pro Liechtenstein und nominierten zwei Kandidaten für eine Minderheitsbeteiligung. Die Freie Liste verzichtete auf Nominationen, liess aber durchblicken, dass auch sie an einem Regierungseintritt interessiert sei, wenn sich die Gelegenheit ergebe.
Nach den bisherigen Nachwahlbefragungen spielen zwar auch die Listen mit den Parlamentskandidaten und die Wahlprogramme eine gewisse Rolle bei der Entscheidung der Wähler. Das entscheidende Kriterium ist jedoch, wen die Parteien für das Amt des Regierungschefs vorschlagen. Wer hier die besten Karten hat, ist diesmal besonders schwer vorherzusagen.
Nach dem Verzicht des Regierungschefs Daniel Risch auf eine erneute Kandidatur stehen sich zwei Personen gegenüber, die in der letzten Legislaturperiode nicht in der Regierung vertreten waren. Dieses Duell ist deshalb spannend, weil die VU mit Brigitte Haas eine Frau nominiert hat, während die FBP nach dem Scheitern mit einer Regierungschefkandidatin 2021 mit Ernst Walch wieder mit einem Mann antritt.
Das Duell Frau gegen Mann ist nicht das einzige Spannungselement. Mit Brigitte Haas setzt die Union auf eine Quereinsteigerin. Als Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer verfügt sie zwar über Berührungspunkte mit der Politik, übte aber noch kein politisches Mandat aus. Der von der Bürgerpartei zum Spitzenkandidaten erkorene Ernst Walch hingegen hat seit 1989 reichlich politische Erfahrung gesammelt: als Abgeordneter und Parlamentspräsident, Fraktionssprecher und Aussenminister. Aufgrund dieser Konstellation wird die Diskussion um den Wahlausgang von der Frage bestimmt: Wollen die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner eine politisch unbelastete Kraft an der Regierungsspitze, oder setzt sich die politische Erfahrung durch?
In den Wahlprogrammen unterscheiden sich die Vorstellungen von VU und FBP nicht wesentlich. Beide Parteien geben sich wirtschaftsfreundlich und betonen die Notwendigkeit guter Rahmenbedingungen für Unternehmen. Die FBP bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft, die auf Eigeninitiative, Wahlfreiheit und Leistungsbereitschaft setzt. Erfolgreiche Unternehmen, die sich auf attraktive Rahmenbedingungen verlassen können, gehören für die VU zu den Voraussetzungen für den sozialen Wohlstand der Gesellschaft. Beide Seiten verzichten jedoch auf die Nennung von detaillierten Massnahmen, was für die Wirtschaft getan werden müsste, um diese Ziele zu erreichen.
Konkreter wird die FBP hingegen in der Steuerpolitik: Sollte die Schweiz die Mehrwertsteuer erhöhen, was Liechtenstein im gemeinsamen Wirtschaftsraum nachvollziehen müsste, sollen die Mehreinnahmen in Form eines höheren AHV-Beitrags an die Bevölkerung zurückgegeben werden. Im Gegensatz zur FBP, deren Wahlprogramm sich auf die Wirtschafts-, die Sozial- und die Gesellschaftspolitik konzentriert, blickt die VU über die Grenzen Liechtensteins hinaus. Sie verspricht eine Verstärkung der regionalen Zusammenarbeit im Alpenraum und eine weitere Festigung der bilateralen Beziehungen zur Schweiz, zu Österreich und zu Deutschland.
Etwas forscher als die Wahlprogramme der grossen Parteien kommen die Vorstellungen der beiden kleinen Oppositionsparteien daher. Die Freie Liste will laut ihrem Slogan «Stillstand durchbrechen, Chancen schaffen». Wenn die Wählerinnen und Wähler richtig entscheiden würden, könnten «stillstehende Machtverhältnisse durchbrochen und Chancen für ein soziales, demokratisches und ökologisches Liechtenstein» geschaffen werden. Klimakrise und Verlust der biologischen Vielfalt erforderten ein radikales Umdenken, propagiert die grün-alternative Partei, ohne die notwendigen Massnahmen näher zu benennen.
Demokraten bauen auf Erfolge
Ähnlich das Programm der Demokraten pro Liechtenstein, die der Wählerschaft als Motto das Versprechen abgeben «Wir schauen dahinter». Sie preisen ihr Handeln als «volksnah und bodenständig» an, das sich für eine liberale und sozialverträgliche Wirtschaftspolitik sowie für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen einsetzt. Ein zentrales Anliegen der Splitterpartei, die bisher im Parlament mit nur zwei Abgeordneten vertreten war, bilden die direktdemokratischen Volksrechte. Mit Volksinitiativen waren die Demokraten in der letzten Legislaturperiode teilweise erfolgreich, etwa bei der Befreiung der Rentner von der Krankenkassen-Franchise oder bei der Abschaffung des öffentlichrechtlichen Radios.
Beflügelt von diesen Erfolgen, nominierten sie 10 Kandidatinnen und Kandidaten für das 25-köpfige Parlament und bieten sich mit der Nomination von 2 Kandidaten für die Regierung als Koalitionspartner in der künftigen Regierung an – mit der klaren Aussage «Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen».