«Der Karneval ist vorbei», soll der am Ostermontag verstorbene Papst Franziskus einst vor seiner ersten Ansprache gesagt haben. Das schlug sich auch in der päpstlichen Garderobe nieder.
Unter dem langen, weissen Gewand des Papstes sieht man die Schuhe nur knapp. Und doch ist deren Symbolcharakter gross. Das wird auch Papst Franziskus, der am Ostermontag im Alter von 88 Jahren verstorben ist, gewusst haben.
Die Schuhe seines Vorgängers Benedikt XVI. waren zwar nicht von Prada, wie es ein hartnäckiges Gerücht besagte («Der heilige Vater wird nicht von Prada eingekleidet, sondern von Christus», lautete damals das Designer-Dementi der Vatikanzeitung). Doch ihr leuchtend rotes Leder, ein katholisches Symbol für die blutigen Füsse von Christus und die seiner treuen Gefolgschaft, war unmöglich zu ignorieren. Es signalisierte eine Rückkehr zum Pomp, den man lange mit der Kirche assoziiert hatte.
Keine Mozzetta, kein Penthouse
Doch gleich zu Beginn seiner Amtszeit 2013 brach Papst Franziskus, geboren als Jorge Mario Bergoglio in Argentinien, mit dieser päpstlichen Persona. «Der Karneval ist vorbei», soll er gesagt haben, bevor er auf dem Balkon des Petersdoms zum ersten Mal vor die Gemeinschaft der Gläubigen trat. Die samtene, rote Mozzetta – ein kurzes Cape – mied er bereits damals, und auch die reich bestickte Stola trug er nur kurz. Fortan trat er, ungeachtet des Anlasses, meist in seinen crèmeweissen Gewändern des römischen Schneiders Gammarelli auf.
Sein silbernes Brustkreuz, ein Gegenstück zu den goldenen, gerne verschnörkelten Exemplaren von Benedikt XVI., trug er bereits zu seinen Zeiten als Erzbischof von Buenos Aires. Statt der üblichen Wohnung im obersten Stock des päpstlichen Palastes wählte er eine weit kleinere Residenz im Gästehaus Santa Marta. Und statt der roten Lederpantoffeln seines Vorgängers schmückten orthopädische Schuhe in unauffälligem Schwarz seine Füsse.
«Ich habe leider leichte Plattfüsse», erklärte Papst Franziskus die pragmatische Wahl in seiner 2025 erschienen Autobiografie. Doch die schwarzen Schuhe passten zur Bescheidenheit, die er gerne predigte.
Franziskus sah sich als Papst der Armen, bat den Klerus um den sorgsamen Umgang mit Geld und gab sich im Umgang mit Mitmenschen und Gläubigen stets unbefangen. Weitreichende Reformen blieben aus, doch viele seiner Gesten und Auftritte hatten dennoch Strahlkraft und wurden rege kommentiert, oft mehr wohlwollend als kritisch. Dazu gehörte seine Kleidung. Manche katholischen Medien nannten sie gar seine «erste Revolution».
«Normcore-Papst»
Auch die Modepresse bekundete Freude am schlichten Look des Kirchenoberhaupts. 2013 ernannte das Magazin «Esquire» ihn zum bestgekleideten Mann des Jahres und schrieb, seine Kleidung signalisiere «eine neue Ära». Das Branchenblatt «Women’s Wear Daily» huldigte 2015 in einem Artikel seinem «simplen Stil-Statement», und die Plattform «The Cut» nannte ihn mit Verweis auf den Trend hin zu unauffälliger, funktionaler Kleidung den «Normcore-Papst».
Bisweilen nutzte Papst Franziskus die Mode – oder eben die Nichtmode – expliziter als Instrument. 2021 etwa vermachte er seine Armbanduhr der Familie des amerikanischen Teenagers Brian LaViolette, der bei einem Schwimmunfall verstorben war. Die Uhr, ein simples, schwarz-weisses Modell von Swatch, kostete ursprünglich um die 50 Franken. Bei der Auktion brachte sie der Stiftung der Familie LaViolette über 56 000 Dollar ein.
Ein Papst in Pufferjacke
Doch der grösste Modemoment von Papst Franziskus war eine Täuschung. Im März 2023 ging ein Foto um die Welt, das ihn in einem weissen Daunenmantel im Stil des Pariser Modehauses Balenciaga zeigte, die Proportionen grandios aufgeplustert und das silberne Brustkreuz sorgfältig darüber positioniert. So viele hielten den «Balenciaga-Papst» für echt, dass er laut dem Magazin «Time» in die Geschichte eingehen könnte als «die erste wirklich virale Fehlinformation, die durch Deepfake-Technologie erzeugt wurde».
Pope in Balenciaga pic.twitter.com/WRYtVmz2rl
— MartyParty (@martypartymusic) March 25, 2023
Vielleicht auch deswegen, weil man es glauben wollte: dass dieser unkonventionelle Papst alle modischen Konventionen sprengen würde. Und dass er es mit einer aufgemotzten Daunenjacke tun würde, dieser gefederten Uniform des Zeitgeists. Ein Dementi vom Vatikan gab es in diesem Fall nicht. Nur den Anblick von Papst Franziskus bei seinen nächsten Auftritten, gehüllt in seine crèmeweissen Gewänder und mit dem silbernen Brustkreuz um den Hals. Gleich wie immer eben.