Die Empa in Dübendorf verfügt über eine neue Testanlage, um die Weiterentwicklung autonomer Fluggeräte voranzutreiben
Die riesige Pantanal-Voliere im Zoo ist noch in Bau. Unweit davon in Dübendorf ist ein Vogelkäfig ganz besonderer Art fertig. Auf dem Dach vom Nest, jenem seltsamen Gebäude, in dem Forscherinnen und Forscher der Empa neue Materialien und Verfahren für den Bau erproben, steht neu ein Gehege, in dem der Einsatz von Drohnen getestet wird.
Warum gerade hier? Die Empa hat schon länger ihr Forschungsgebiet über die engere Materialwissenschaft hinaus auf die Entwicklung technologischer Anwendungen erweitert, wie Matthias Sulzer, ihr künftiger Direktor, am Mittwoch vor den Medien erklärte. Zu diesem Gebiet zählt auch die Robotik.
Die ganze gebaute Infrastruktur habe einen unermesslichen Wert, sagte der Nest-Forschungsleiter Enrico Marchesi. Gleichzeitig sei das Bauwesen bezüglich Material- und Energieverbrauch sowie Abfallproduktion die grösste Industrie überhaupt. Diesen gewaltigen Gebäudepark in Schuss zu halten, ist also eine Frage sowohl der Wirtschaftlichkeit als auch der Nachhaltigkeit.
Mit Drohnen drucken
Hier kommen die Drohnen ins Spiel. Mit ihnen lässt sich mehr als nur Film- und Fotoaufnahmen machen an Orten, die nicht ohne weiteres zugänglich sind. Praxis ist auch bereits, dass sie überwachen, messen und inspizieren.
Doch Drohnen entwickeln sich mehr und mehr zu fliegenden Robotern. In Zukunft wird man mit ihnen Reparaturen an Fassaden vornehmen, was auch unter dem Gesichtspunkt der Arbeitssicherheit vorteilhaft ist.
Drohnen können mit einem 3-D-Drucker kombiniert werden. Stationäre Geräte sind nur in der Lage, Gegenstände herzustellen, die höchstens gleich gross wie sie selber sind. Mit fliegenden 3-D-Druckern lassen sich weit grössere Objekte aufbauen. Vielleicht irgendwann einmal ein ganzes Haus.
Mit solchen Möglichkeiten befasst sich an der Empa Mirko Kovac, der den sogenannten «Drone-Hub» in Dübendorf aufgebaut hat. Diese Einheit besteht einerseits aus einer vertikalen Wand mit austauschbaren Oberflächenelementen. Hier lassen sich Reparaturarbeiten an Fassaden durch autonome Drohnen und mit 3-D-Drucktechnologie auch über längere Zeit testen.
Das ist heute schon in Indoor-Labors möglich. Speziell in Dübendorf ist, dass sich die Anlage im Freien befindet. Damit kann man die Leistungsfähigkeit solcher Drohnensysteme auch bei Wind und Wetter erproben. Unter solchen Bedingungen müssen sie sich schliesslich einmal in der Praxis bewähren.
Drohnen tragen zur Sicherheit und Effizienz zukünftiger Bauwerke bei. Kovac spricht von Robotern für die Nachhaltigkeit. Das gilt ebenso für ihren Einsatz in der Natur. Auf einer zweiten Ebene im Drone-Hub, der heute noch leer ist, wird im Frühling ein kleines Gewächshaus aufgebaut. Denn die Geräte sollen möglichst autonom mit der Natur interagieren, auf Bäume klettern oder an einen Stamm andocken.
Das Ziel ist, dass sie dereinst Daten aus der Natur sammeln, ohne dabei Schäden zu hinterlassen. Laut Kovac liegt der Fokus derzeit darauf, Sensoren zu entwickeln, die mit einer Drohne über einem Ökosystem abgeworfen werden können. Diese liefern dann eine bestimmte Zeit lang Daten und bauen sich danach biologisch vollständig ab. Sogar an Bio-Hybrid-Robotern, die nach Erfüllung ihrer Aufgabe die Umwelt nicht belasten, wird geforscht.
Unterstützung für die Feuerwehr
Die Einsatzmöglichkeiten von Drohnen in der gebauten und natürlichen Umwelt sind fast unbegrenzt. Sie können auf dem See aufsetzen und auf effiziente Weise eine Wasserprobe holen oder etwas Material an einem unzugänglichen Ort wie in einem Gletscher. Es gibt einen Roboter, der auf dem Wasser segelt. Mit ihm lassen sich in ökologisch empfindlichen Gebieten Daten sammeln, ohne Vögel aufzuschrecken.
Eine robuste Variante wurde von der Empa mitentwickelt: Diese Drohne fliegt auch im Feuer. Sie kann bei Waldbränden und anderen Grossfeuern rasch und ohne Menschen in Gefahr zu bringen wertvolle Informationen liefern, wie der Brand am besten bekämpft werden kann.
Die Schweiz sei in der Entwicklung von Drohnen und Robotern am Ball, wurde in Dübendorf betont. Unabdingbar bleibe auf jeden Fall die Kooperation. Der Drone-Hub entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Imperial College London. Geleitet wird er von Mirko Kovac im Rahmen einer neuen gemeinsamen Professur für Sustainability Robotics der Empa und der ETH Lausanne.
Die Voliere auf dem Nest, diese «Brutstätte für neuartige Drohnen», hat übrigens nicht den Zweck, die autonomen Fluggeräte davon abzuhalten, das Weite zu suchen. Der Grund ist eher rechtlicher Art, denn sie befindet sich in der Nähe des Flughafens und des Militärflugplatzes Dübendorf. Ohne das Gehege um die Anlage müsste die Empa für jeden Drohnenflug eine separate Bewilligung einholen.