Der US-Präsident bezeichnet «die Antifa» als «Terrororganisation». Damit tut er vielen Aktivisten unrecht. Mit Demokraten sollte man Antifa-Gruppen jedoch nicht verwechseln.
Seine Drohung verbreitete Donald Trump wie üblich in Grossbuchstaben. Er freue sich, so schrieb er am 18. September auf seinem Medium Truth Social, dass er die KRANKE, GEFÄHRLICHE und LINKSRADIKALE ANTIFA als Terrororganisation einstufen lasse. Alle, die diese Antifa unterstützten, werde er verfolgen.
Trump hat schon während seiner ersten Amtszeit versucht, gegen «die Antifa» vorzugehen. Nun nimmt er das tödliche Attentat auf seinen Weggefährten Charlie Kirk zum Anlass für eine neue Kampagne gegen die «radikale Linke». Denn die hat Kirk seiner Meinung nach auf dem Gewissen. Zupass kommt Trump, dass der mutmassliche Mörder Tyler Robinson politische Botschaften in seine Gewehrkugeln ritzte. «Hey Faschist, fang!», lautete eine davon, «Bella Ciao» die andere. Letztere ist wahrscheinlich eine Anspielung auf ein antifaschistisches Lied aus Italien.
«Seismograf des Antidemokratischen» – wirklich?
Allerdings bleibt derzeit offen, ob Robinson wirklich linksextrem ist oder ob er als Gamer ein Faible für zynische Botschaften hat. Wie schon 2020 sorgt Trumps Ankündigung auch in Europa für viel Aufsehen. Das Muster ist einfach: Rechte applaudieren und eifern Trump nach, wie im Fall von Viktor Orban und Geert Wilders geschehen. Links zeigt man sich empört, ebenso in vielen Medien. Diese belehren Trump nicht nur darüber, dass es «die Antifa» nicht gebe.
Sie zeichnen unter Titeln wie «Was ist die Antifa?» auch gern ein naives Bild des Phänomens Antifa. So hält die staatlich finanzierte «Deutsche Welle» fest, man könne im Fall der Antifa nicht von einer zentral organisierten Vereinigung sprechen. Vielmehr gehe es um eine «lose Bewegung aus Gruppen und Einzelpersonen, die sich gegen Faschismus, Rassismus, Antisemitismus, völkischen Nationalismus, rechtsgerichteten Geschichtsrevisionismus und andere Formen rechter Ideologien engagieren».
Der Antifaschismus sei «ursprünglich» ein kommunistischer Kampfbegriff und habe sich in den 1920er Jahren gegen die Nazis gerichtet, aber auch den Kapitalismus «infrage» gestellt. Noch netter drückte es der öffentlichrechtliche «Deutschlandfunk» 2022 aus, indem er die Antifa-Bewegung aufgrund eines apologetischen Buches zum «Seismografen des Antidemokratischen» adelte, also zu einer Art Frühwarnsystem zum Schutz der Demokratie.
Solche Darstellungen sind ähnlich holzschnittartig und halbwahr wie Trumps Bild der kranken und terroristischen Antifa.
«Stirb, Yuppie-Abschaum»
Es gibt, wie die «Deutsche Welle» korrekt schreibt, keine einheitliche Organisation, sondern eine Vielzahl von Gruppen, die sich als «Antifa» definieren. Viele Antifas leisten wichtige Aufklärungsarbeit über Rechtsextreme, von denen auch traditionelle Medien profitieren. Oder sie helfen Jugendlichen, die von Neonazis bedroht werden.
Die Grenzen zum linksextremen Aktivismus sind jedoch oft fliessend. Militante Gruppen, die sich explizit auf den Antifaschismus berufen, sind mehrheitlich anarchistisch oder kommunistisch inspiriert. Sie treten gerne martialisch auf, mit schwarzer Kapuzenkluft und Slogans wie «All Cops are Bastards», «Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist das gleiche Rassistenpack», oder: «Die Yuppie Scum», stirb, Yuppie-Abschaum. Untereinander sind diese Gruppen häufig zerstritten, etwa was die Haltung zur Hamas und zu Israel betrifft.
Was militante Antifas eint, ist ihre Abneigung gegen den Staat, der angeblich auf der Seite der «Faschos» steht – und ein meist ambivalentes Verhältnis zu Gewalt und Demokratie. Anders als die «Deutsche Welle» suggeriert, richtet sich der Antifa-Kampf in vielen Fällen nicht bloss gegen Rechtsextremisten, sondern gegen Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie.
Antifaschistische Parolen sind dann blosses Blendwerk für menschenverachtende linke Ideologien. Sie dienen der Legitimierung von Gewalt und der Mobilisierung gegen Feinde, die nach Gutdünken als Faschisten markiert werden.
Linke klagen über «Kriminalisierung des Antifaschismus»
Proteste unter Antifa-Beteiligung arten regelmässig in Gewalt und Plünderungen aus, egal ob in Europa oder den USA. Die linke «Washington Post» musste 2018 ernüchtert zur Kenntnis nehmen, dass «Antifaschisten» Presseleute angriffen, weil gerade keine Rechtsextremen vor Ort waren. Während der George-Floyd-Proteste erschoss der Antifa-Aktivist Michael Reinoehl einen Rechtsextremen, angeblich in einem Akt der Notwehr.
Nach dem Prinzip der Selbstjustiz ging auch die sogenannte Hammerbande um Lina E. in Deutschland vor. Sie griff im Namen des Antifaschismus mehrere echte und vermeintliche Rechtsextreme an und verletzte diese zum Teil schwer. Einen Kanalarbeiter traf es, weil er die falsche Mütze trug.
Regelmässig spüren Antifa-Leute auch einfache AfD-Mitglieder auf, um sie zu bedrohen oder anzugreifen. Anfang dieses Jahres drangen «Antifaschisten» auch in CDU-Parteibüros ein, bedrohten Wahlhelfer und Mitarbeiter. Selbst SPD-Vertreter wie der ehemalige Berliner Abgeordnete Tom Schreiber werden eingeschüchtert und bedroht.
Im jüngsten deutschen Verfassungsschutzbericht sind zahlreiche Aufrufe zur Gewalt zitiert, die auf Plattformen wie «Indymedia» unter dem Stichwort «Antifaschismus» verbreitet werden. Es reiche nicht, so heisst es da etwa, wenn man nur unbelehrbaren Neonazis die Beine breche. Auch Richterinnen und Richter sowie Polizeikräfte müssten damit rechnen, «in der nächsten Nacht mit aller Konsequenz zur Rechenschaft gezogen zu werden».
Dennoch geniesst der militante Antifaschismus bis in die demokratische Linke hinein Sympathien. So publizierten Anhänger der Grünen, der SPD und der Partei Die Linke nach der Verhaftung von Lina E. einen Aufruf, in dem sie die «Kriminalisierung von Antifaschismus» anprangerten.
Ein totalitäres Erbe, das bis heute nachwirkt
Bezeichnenderweise ist auch der Mord an Charlie Kirk von linken Kreisen in Europa und den USA gefeiert oder zumindest mit Befriedigung zur Kenntnis genommen worden. «Blutige und rechte Politik führt zu blutigen Patronen», schrieben Vertreter der Linksjugend der Partei Die Linke nach dem Attentat. «Mit einem gezielten Schuss in Kirks Hals wurde das Ende seiner rechtsradikalen, menschenverachtenden und ausbeuterischen Politik besiegelt.»
Diese Prosa erinnert nicht zufällig an die Bekennerschreiben der Rote-Armee-Fraktion, die in den 1970er und 1980er Jahren mit finanzieller Unterstützung der DDR mindestens 33 Menschen ermordete und mehr als 200 verletzte, angeblich im Kampf gegen den Faschismus. Faschisten waren allerdings kaum unter den Opfern. Nur ein Arbeitgeberpräsident mit faschistischer Vergangenheit als SS-Mann, Hanns Martin Schleyer.
Willkür, Hybris und falsches Pathos gehören bis heute zum linksextremen Antifaschismus. Das hängt mit seinen Ursprüngen zusammen. Die «Antifaschistische Aktion», auf die sich bis heute weltweit viele Antifa-Gruppen berufen, wurde 1932 von der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Diese sah ihren Hauptfeind in der Weimarer Republik nicht etwa in der NSDAP. Sondern bei den Sozialdemokraten, die man als «Sozialfaschisten» attackierte, weil sie den angeblich faschistischen Kapitalismus stützten.
Es war eine fatale Doktrin, welche die Linke spaltete und Adolf Hitler 1933 die Machtergreifung erleichterte. Hinter ihr stand der sowjetische Diktator Josef Stalin. Sein Regime liess Hunderttausende Bürger als Faschisten, Konterrevolutionäre und Verräter einsperren und liquidieren. Zu diesen «Faschisten» gehörte auch Stalins jüdischer Gegenspieler Leo Trotzki, den ein spanischer Stalinist 1940 in Mexiko mit einem Eispickel erschlug.
Als Stalin 1939 einen Pakt mit Hitler schloss und das Naziregime unterstützte, war der kommunistische Antifaschismus eigentlich diskreditiert. Er lebte nach dem Krieg jedoch wieder auf. Denn trotz allem stalinistischen Zynismus hatten in den 1930er Jahren Tausende Kommunisten Widerstand gegen das Nazi-Regime geleistet und dafür Folter und Tod in Kauf genommen. Vor allem hatte die Sowjetunion nach ihrem unfreiwilligen Seitenwechsel im Jahr 1941 massgeblich zum Sieg über Hitlerdeutschland beigetragen.
«Antifaschisten» beklatschen antisemitischen Schauprozess
Dies ermöglichte es Stalin und seinen Anhängern in den kommunistischen Parteien, sich als einzige wahre Antifaschisten zu inszenieren und alle möglichen Gegner als «Faschisten» zu identifizieren. Etwa die USA, ohne deren Hilfe Stalin den Zweiten Weltkrieg kaum überlebt hätte.
Wie janusköpfig der kommunistische Antifaschismus blieb, zeigt die deutsche «Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten». Die VVN-BdA ist bis heute die grösste Antifa-Organisation in Deutschland, ideologisch und personell ist sie mit der Partei Die Linke und der DKP verbunden. Prominentes Mitglied ist Heidi Reichinnek, die mit ihrer «Leistet Widerstand»-Rhetorik die Herzen vieler Wähler und Journalisten erobert hat.
Gegründet wurde die VVN 1947 von ehemaligen Widerstandskämpfern und KZ-Häftlingen. Christlichdemokraten und Sozialdemokraten fanden sich jedoch schon bald marginalisiert, weil die Kommunisten die Organisation für sich vereinnahmten. Als inoffizieller Financier der VVN betätigte sich bis zum Fall der Mauer das SED-Regime in Ostberlin. Wichtige Kader kamen meist aus der KPD und später der DKP. Auch Stasi-Spitzel waren dabei.
Aufgrund dieser Prägung trug die VVN-BdA zwar dazu bei, alte Nazis zu entlarven, die in der BRD überall Karriere machten, besonders in der Justiz. Ebenso kämpfte sie für ein Verbot der neofaschistischen NPD. Aber dieser gemeinnützige Einsatz hatte wenig mit demokratischen Prinzipien zu tun.
So protestierte die VVN nicht, als Stalin 1952 in der Tschechoslowakei vierzehn hochrangige Kommunisten, darunter elf Juden und mehrere KZ-Überlebende, als Verräter anklagen und elf von ihnen hinrichten liess. Vielmehr feierte das VVN-Organ «Die Tat» das Verbrechen als Schlag gegen eine «fünfte Kolonne» der USA und des «Zionismus». Dieser, so erklärte das Blatt seinen Lesern, bereite nämlich einen «neuen Krieg» vor. Eine antisemitische Verschwörungstheorie, die bis heute weiterlebt.
Medien übernehmen Propagandalügen
Als Stalin im März 1953 starb, würdigte ihn «Die Tat» als politisches und militärisches Genie – und pries seine «genialen Leistungen als Staatsmann». Dass diese angebliche Genialität bis zu 20 Millionen Menschen das Leben gekostet hatte, blieb unerwähnt. Den demokratischen Aufstand vom 17. Juni in der DDR, der nach Stalins Tod ausbrach, betrachtete man folgerichtig als faschistischen Putsch.
All diese Zitate sind in Archiven leicht zu finden. Sie interessieren in deutschen Medien jedoch kaum, wenn es um das Thema Antifa geht. Dafür wird die Mär, wonach die VVN-BdA und andere Antifaschisten seit ihren Anfängen für die Demokratie gekämpft hätten, oft kritiklos übernommen. So schrieb die «Süddeutsche Zeitung», die VVN sei vom Staat «als kommunistisch schikaniert» worden, als wäre sie gar nicht kommunistisch gewesen.
Dabei hatte es seine Gründe, dass der einstige SPD-Vorsitzende und KZ-Häftling Kurt Schumacher seinen Genossen in den 1950er Jahren eine Mitgliedschaft in diesem Verein untersagte. Ebenso war es nicht Ausdruck von bösartigen Vorurteilen, dass die VVN-BdA bis vor kurzem vom Verfassungsschutz einzelner Bundesländer beobachtet wurde.
Sie bleibt, selbst wenn sie im Vergleich zu militanten Antifa-Gruppen gemässigt auftritt und viele ihrer Mitglieder demokratisch sein mögen, auch ein Biotop für (Alt-)Linke, die Putin im Ukraine-Krieg nicht als Schuldigen sehen wollen oder dem SED-Regime nachtrauern. Neuerdings fallen die deutschen «Antifaschisten» damit auf, dass sie Bündnisse knüpfen mit dem Zentralrat der Muslime, der seinerseits Verbindungen zu türkischen Rechtsextremisten hat.
All das macht nicht jeden Antifa-Aktivisten zum Terroristen, wie Donald Trump behauptet. Aber allzu oft ist Antidemokrat drin, wo Antifaschist draufsteht.








