Viele langfristige Untersuchungen weisen internationale Aktienrenditen von 10 bis 12% aus – in Dollar. Bei den üblichen Börsenvergleichen in Lokalwährung jeweils zum Jahresende rangiert der Schweizer Markt oft nicht auf den Spitzenplätzen. Sollen sich Frankeninvestoren deshalb auf ausländische Märkte konzentrieren?
Ein 6,56 Fuss langer Tisch einer amerikanischen Familie ist nicht länger als einer von zwei Metern in einem Schweizer Haushalt. Ein fairer Vergleich muss dieselben Masseinheiten verwenden. Das gilt auch für den Renditevergleich in verschiedenen Währungen. Nimmt man die Renditen jeweils in Lokalwährung, ist es wie mit dem Tisch: In Fuss und Metern gemessen scheint er unterschiedlich lang.
Die Unterschiede verdeutlicht der Blick in die Vergangenheit. Die mittlere Abweichung zwischen den Lokalrenditen für verschiedene Börsen auf Basis von Monatsdaten von 1970 bis 2024 beträgt 1,9%. Im Vergleich zu Aktien Schweiz mit 7,7% besteht die grösste Differenz von 3% zu den US-Aktien mit 10,7% (oberste Zeile in der Tabelle).
Die unterschiedliche Währungsentwicklung des Frankens und des Dollars ist hierfür relevant; langfristig werden die Wechselkursdifferenzen durch die unterschiedliche Geldentwertung geprägt. Die Inflation in der Schweiz betrug in den vergangenen 55 Jahren jährlich 2,2%, in den USA jedoch 3,9%. So sind 1000 $ von 1970 heute noch 119 $ wert, während 1000 Fr. von damals heute eine Kaufkraft von 309 Fr. aufweisen.
Diversifizieren – aber wie?
Weil der Franken stabiler ist – er ist die Währung mit der langfristig geringsten Inflation –, sind die Renditen in Franken gemessen niedriger als in Lokalwährung. Man kann sagen, dass sich Sparer im Ausland über einen scheinbar grösseren Vermögenszuwachs freuen können, die Schweizer Anleger zwar ebenfalls reicher werden, einfach weniger offensichtlich. Vergleicht man aus Schweizer Sicht korrekterweise Frankenrenditen, so ebnen sich die Unterschiede ein. Die mittlere Abweichung halbiert sich auf 1% und die Renditedifferenz zwischen Schweizer und amerikanischen Aktien verschwindet.
In Franken gerechnet scheinen demzufolge langfristige Renditen im Bereich von 6 bis 8% realistisch; Japan ist mit dem Exzess Ende der Achtzigerjahre und nachfolgender ultralanger Baisse eine Ausnahme. Indes ist zu beachten, dass kleine Renditedifferenzen über die Jahre massive Auswirkungen auf das Vermögen haben. Hatte eine Schweizer Anlegerin über diese Periode von 55 Jahren in der Schweiz 100’000 Fr. investiert, verfügte sie Ende 2024 über ein Vermögen von 5,8 Mio. Fr., mit deutschen Aktien jedoch «nur» 2,5 Mio. Fr. – also weniger als die Hälfte!
Da man dies nicht im Voraus wissen kann, sollte man international diversifizieren. Aber wie?
Als neutraler Ausgangspunkt dient der globale Aktienindex MSCI World, die Länder sind darin gemäss ihrer Börsenkapitalisierung gewichtet. Dieser Aktienindex erreichte in den 55 Jahren eine Frankenrendite von 6,7% p.a. und eine Volatilität von 16,5%. Obschon das globale Portfolio eine geringere Volatilität aufweist als jeder einzelne ausländische Markt, kann die internationale Diversifikation aus Sicht eines Schweizer Anlegers in zweifacher Hinsicht optimiert werden.
Schweizer Heimmarkt verfügt über Vorzüge
Zum einen führt die Kapitalisierungsgewichtung zu einer gewissen Prozyklizität: So stellte der japanische Aktienmarkt nach dem exzessiven Anstieg in den Achtzigerjahren fast die Hälfte des globalen Index; den nachfolgenden Zerfall machten Anleger mit dem kapitalisierungsgewichteten Weltindex voll mit. Nach dem Anstieg des US-Marktes in den vergangenen Jahren dominiert er im MSCI World mit einem Gewicht von über zwei Dritteln – mit ungewissem Ausgang.
Zum anderen hat der Heimmarkt Schweiz einen gewissen Vorteil, weil die Fremdwährungsrisiken geringer sind: Man trägt sie nur indirekt durch die ausländischen Umsatzanteile der Schweizer Firmen, aber nicht direkt durch die Handelswährung der Aktie. In der obigen Tabelle manifestiert sich dies durch eine geringere Volatilität des Schweizer Marktes.
Mit diesen beiden Erkenntnissen soll untersucht werden, wie sich ein Portfolio aus diesen sechs Ländern – Deutschland, Frankreich, Japan, Schweiz, UK und USA – im Vergleich zum MSCI World Index verhält, wenn man alle Länder zuerst gleich gewichtet und dann den Schweizer Anteil schrittweise erhöht. Dieser soll aber nicht mehr als die Hälfte betragen, da dies sonst dem Primat der Diversifikation zuwiderläuft.
Wie sieht das Ergebnis aus? Mit steigendem Schweizer Anteil nimmt die Rendite zu und das Risiko ab. Letzteres fällt dank der internationalen Diversifikation sogar unter das Niveau des Schweizer Aktienmarktes. Eine zweckmässige Anlagestrategie und somit auch der optimale Anteil an Schweizer Aktien ist zwar keine exakte Wissenschaft. Unter Rendite-Risiko-Aspekten scheint aber ein Anteil von Schweizer Aktien an der gesamten Aktienallokation von 30 bis 50% angebracht.
Besseres Risiko-Rendite-Profil
Damit werden die beiden Aspekte Prozyklizität und Fremdwährungsrisiken im Vergleich zum kapitalisierungsgewichteten MSCI World optimiert. Die Anzahl negativer Monate sinkt über die Beobachtungsperiode: Verzeichnete der MSCI World 266 von insgesamt 660 Monaten mit einem Kursrückgang (40,3%), waren es im diversifizierten Portfolio, in dem Schweizer Aktien die vierfache Gewichtung erhielten, 257 Monate (38,9%).
Das Fazit ist, dass sich Renditedifferenzen zwischen Märkten auf lange Sicht tendenziell einebnen, was eine Währungsabsicherung für langfristige Anleger unnötig macht. Für Schweizer Investorinnen gibt es zudem aus Rendite-Risiko-Aspekten einen plausiblen Grund für einen «Home Bias», also für eine Übergewichtung des Schweizer Aktienmarktes.