Die von der Biden-Regierung aufgegleisten Exportkontrollen hätten den Zugang der Schweiz zu amerikanischen KI-Chips streng begrenzt. Die Regierung Trump will die Kontrollen sistieren und eine neue Regulierung ausarbeiten.
Bis vor kurzem war die Schweiz als einer der wichtigsten Standorte für die Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) akut bedroht. Denn am 15. Mai hätten strenge amerikanische Exportkontrollen für KI-Chips in Kraft treten sollen.
Doch nun können Schweizer Forscher und Unternehmer aufatmen, vorerst zumindest. US-Präsident Trumps jüngster Kehrtwende sei Dank. Er möchte die von seinem Vorgänger Biden aufgegleisten Exportkontrollen durch eigene, bessere ersetzen. Das kommunizierte das amerikanische Handelsministerium am späten Mittwochabend.
Die Exportkontrollen, die Trump sistieren will, hatte Biden kurz vor Ende seiner Amtszeit vorgestellt. Sie hatten zum Ziel, die Verbreitung von amerikanischer KI-Technologie zu beschränken. Bidens Kontrollen, bekannt als AI Diffusion Framework, hätten die Welt in drei Gruppen eingeteilt: 18 «trusted countries», die unlimitierten Zugang zu amerikanischer KI-Technologie behielten. Etwa 120 Länder, unter ihnen die Schweiz, die ab Mitte Mai strenge Auflagen hätten erfüllen müssen, um weiterhin uneingeschränkt amerikanische KI-Chips importieren zu können. Und China, Russland, Iran und Nordkorea, die überhaupt keinen Zugang zu amerikanischen Chips haben sollten.
Nun sagte eine Sprecherin des amerikanischen Handelsministeriums gegenüber Journalisten: «Bidens KI-Regelung ist übermässig komplex, übermässig bürokratisch und würde die amerikanische Innovation hemmen.» Die Regelung sei «unumsetzbar», und Trumps Regierungsbeamte lehnten die vorgesehene Unterteilung der Länder in verschiedene Gruppen ab.
Fokus der neuen Exportkontrollen wird ebenfalls auf China liegen
Experten hatten das AI Diffusion Framework schon kurz nach seiner Vorstellung mit ähnlichen Argumenten kritisiert. Damals hiess es, Länder, deren Zugang zu amerikanischen KI-Chips beschränkt würde, könnten sich dem chinesischen Chiphersteller Huawei zuwenden. Dies hätte den amerikanischen Chipdesigner Nvidia geschwächt und der amerikanischen Technologieführerschaft geschadet.
Die Sprecherin sagte weiter, man werde das AI Diffusion Framework durch eine einfachere Regelung ersetzen, die die amerikanische Innovation entfessle und die amerikanische KI-Dominanz sichern werde.
Noch ist unklar, wie Trumps Regelung aussehen und wann sie in Kraft treten wird. Unbestritten ist einzig, dass auch die neuen Exportkontrollen Peking und andere Rivalen Washingtons von amerikanischer Hochtechnologie abschneiden sollen. Die Regierung Trump wird den Technologiekrieg gegen China zweifellos weiterführen.
KI-Chips könnten zur Verhandlungsmasse werden in Zollgesprächen
Zu Hause kommt Trump mit der Sistierung des AI Diffusion Framework vor allem Nvidia entgegen. Das Unternehmen wehrt sich schon länger gegen die immer neuen Exportkontrollen im Chipbereich. Erst vor wenigen Wochen hatte die Regierung Trump Nvidia den Verkauf von Chips nach China praktisch komplett untersagt. In der Folge hatte das Unternehmen 5,5 Milliarden Dollar abgeschrieben.
Aussenpolitisch könnte Trump die KI-Chips nun als Druckmittel nutzen. Denn Trump weiss, dass die ganze Welt amerikanische Chips will. Und er will mit der ganzen Welt neue Handelszölle aushandeln. Der amerikanische Handelsminister Howard Lutnick hatte gemäss Reuters bereits im März gesagt, er wolle die Chips in die Zollverhandlungen einbeziehen.
Es bleibt abzuwarten, ob ein solches Vorgehen tatsächlich weniger komplex wäre als das von Biden vorgeschlagene. So oder so wäre es die nächste Kehrtwende in der Saga der amerikanischen Technologieexport-Kontrollen.