Wein ist zum Trinken gedacht. Aber auch zum Bewundern – und zum Staunen. In diesen dem Rebensaft gewidmeten Museen Europas erfahren Geniesserinnen und Geniesser interessantes Wissen, aber auch so manche Skurrilität aus dem Universum der edlen Tropfen.
Der Wind pfeift gehörig, denn das Rioja-Weinmuseum befindet sich in freier Wildbahn, ein ganzes Stück abseits der Kleinstadt Briones. Drinnen wartet der Direktor und erklärt erst einmal die Besonderheiten dieser Institution. Anders als die meisten den Reben und deren Derivaten gewidmeten Museen der Welt wird hier nämlich wirklich noch gepresst und vergoren.
Eingerichtet wurde das Ganze von der Weinmacherdynastie Vivanco, und die will sowohl den Besuchern einiges bieten als auch Rioja vinifizieren. Der Chef erklärt den Rundweg (erst ebenerdig hinein, dann hinunter, dann wieder hinauf), schwärmt von der riesigen Sammlung an Korkenziehern, lässt die Neugierigen dann eintauchen in die Welt der alten Keltern, Karten, Gläser und Werkzeuge. Man kann allein eine Stunde damit verbringen, alles über die Entwicklung der Weinflaschen herauszufinden! Die sahen schliesslich nicht immer so aus wie heute, ebenmässig und langweilig, sondern waren im 17. oder im 18. Jahrhundert individueller geformt, breiter und kurviger. Echte Sammlerstücke.
Reben auf dem Dach
Ähnliches Anschauungsmaterial gibt es auch in den anderen Weinmuseen der Welt. Dutzende ernstzunehmende existieren weltweit, weitere wurden von privaten Sammlern eingerichtet, gern in Weindörfern, wo genug alter Krempel herumstand. Wer will, kann wochenlang durch Europa reisen und sich auf museale Weise umschauen, muss aber freilich damit rechnen, dass sich die Exponate wiederholen.
Zum Glück gibt es Spezialsammlungen. Das Rebanbau- und Weinmuseum im historischen Château d’Aigle im Kanton Waadt hat nicht nur eine Fülle von aufwendig dekorierten Ausschankgefässen zusammengetragen, sondern hat auch jede Menge Etiketten auf Lager, die staunen lassen. In früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten nahmen es die Abfüller nicht immer so genau mit der Herkunftsangabe.
Moselwein aus Kalifornien? Warum nicht? Im Weinmuseum in Köln wiederum, das sich nicht als staatliche Institution präsentiert, sondern als eingetragener Verein, geht es nicht zuletzt um die Techniken des An- und Ausbaus. Dazu passt, dass auf dem Dach ein echter Weinberg gepflanzt wurde.
Besser nicht im Winter
Mehr als 700 Stücke, über 40 Sorten: ein Hinweis darauf, dass Köln früher nicht nur eine bedeutende Weinhandelsstadt war, sondern auch allerlei Reben in der Nachbarschaft sein eigen nannte. Klar ist freilich, dass es im Winter wenig erbaulich sein dürfte, am Rhein die Unterschiede zwischen den Erziehungsformen, Blättern und Trauben zu ergründen.
In dieser Jahreszeit sollte man sich auch lieber einen Besuch im Museumsweinberg in Röttingen sparen. Sommer und Herbst indes sind im Taubertal-Städtchen wie geschaffen, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie Weinbau früher häufig aussah: als gemischter Satz zahlreicher unterschiedlicher Traubensorten. Eine tolle Methode übrigens, um sich gegen Schäden durch Spätfröste abzusichern, denn je unterschiedlicher die Zeiten des Austriebs, desto wahrscheinlicher wurde auch bei Eiseskälte nur ein Teil der Triebe geschädigt. In die Vergangenheit zurück geht es auch im Laden, der dem Südtiroler Weinmuseum in Kaltern angeschlossen ist: Weine aus alten, fast vergessenen Rebsorten stehen zum Erwerb bereit. Wer lieber schwimmen geht, statt zu shoppen: Der Kalterersee liegt gleich vor der Haustür.
Gut essen in Paris
Irgendwann lockt dann allerdings auch der Durst und meist gleichzeitig der Hunger. Zu probieren gibt es zwar in fast jedem Weinmuseum der Welt etwas, doch ums Essen kümmern sich nur wenige in einem solchen Masse wie das Weinmuseum in Paris. Gut, das ganze Programm mag – inklusive der freitäglichen Live-Musik – ein bisschen touristisch geprägt sein, aber guten Käse und eine stattliche Flaschenkarte besitzt das Museumsrestaurant der französischen Hauptstadt allemal.
An das Menu, das man neulich im Rioja-Weinmuseum der Familie Vivanco auftischte, kommen indes auch die Franzosen nicht heran. Erst Blutwurst und Kroketten, dann Eintopf mit Kartoffeln und Chorizo, danach Stockfisch mit Knoblauch und Lamm in zwei Varianten, stets begleitet von den passenden Riojas eigener Erzeugung. Eine abschliessendes Tempranillo-Glace befriedigte fast noch mehr als die Korkenziehersammlung nebenan.
Gute Adressen in Europa
Dieser Artikel ist im Rahmen der NZZaS-Beilage «Wein & Genuss» erschienen, die von NZZ Content Creation erstellt wird.