Hormonpräparate zur Linderung von Beschwerden können in seltenen Fällen Brustkrebs oder Thrombosen verursachen. Aber manche Produkte erhöhen das Risiko weniger als andere.
Die Menopause ist wahrlich kein Spaziergang und bringt ein Bündel an gesundheitlichen Belastungen. Hormonpräparate können diese mindern. Doch die Angst vor Brustkrebs und Herzerkrankungen schreckt viele Frauen ab. Bei der Entscheidung für oder gegen Ersatzhormone helfen neue Untersuchungen aus Skandinavien. Die sehr grossen Analysen zeigen, dass manche Produkte geringere Risiken mit sich bringen. Auch treten die gefürchteten Nebenwirkungen insgesamt seltener auf, als viele Frauen in Gesprächen mit Gynäkologinnen befürchten.
Die erste Frage ist meist, wann eine Frau mit Hormonpräparaten starten sollte. Die Ärztinnen empfehlen, wenn eine Frau unter starken Problemen wie häufigen Hitzewallungen, Schlafstörungen, kognitiven Einbussen, Depressionen oder geschwollenen Gelenken leidet. Jede solle ausprobieren, wie sie sich mit den Ersatzhormonen fühle. Absetzen sei jederzeit möglich.
Gele haben weniger Risiken als Pillen
Gel, Pflaster oder Tablette, körpereigene oder synthetische Hormone – welches Präparat ist nun besser? Ein Team der Universität Uppsala ging gezielt der Frage nach, ob unterschiedliche Substanzen das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder Thrombosen, also eine Gefässverstopfung durch Blutgerinnsel, erhöhten. Solche schweren kardiologischen Probleme treten in der Regel in den ersten Wochen nach Beginn der Hormoneinnahme auf.
Analysiert wurden die Daten aus den Jahren 2007 bis 2020 von mehr als 900 000 Frauen im Alter zwischen 50 und 58 Jahren. Etwas weniger als zehn Prozent nahmen Hormonpräparate. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift «British Medical Journal» publiziert.
Gele, Pflaster oder Sprays, bei denen die Hormone via Haut aufgenommen wurden, schnitten am besten ab. Sie senkten das Risiko eines Herzinfarkts etwas. Tabletten hingegen erhöhten geringfügig das Risiko für Minderdurchblutungen des Herzgewebes. Allerdings: Alle östrogenhaltigen Menopausemittel, also Gele ebenso wie Tabletten, führten zu maximal sieben zusätzlichen Thrombosen bei tausend Frauen, die die Substanzen ein Jahr lang einnahmen.
Ernsthafte Probleme verursachte zudem das synthetische Steroidhormon Tibolon. Dadurch nahm sowohl das Risiko für Durchblutungsstörungen als auch jenes für Herzinfarkt und Schlaganfall zu. Allerdings ist Tibolon nicht dramatisch gefährlich. Das Mittel löste nämlich bei tausend Frauen, die es ein Jahr lang einnahmen, nur einen zusätzlichen Herzinfarkt oder Schlaganfall aus. Und es hat auch einen Vorteil gegenüber den anderen Mitteln: Das Risiko einer Thrombose stieg damit nicht.
Mit «zusätzlich» ist jeweils gemeint, dass auch ohne Hormonpräparate Herzinfarkte oder Thrombosen auftreten. So sind Rauchen, Übergewicht, Entzündungen von Blutgefässen oder manche Genvarianten ebenfalls Risikofaktoren dafür.
«Die Aussagen bestätigen frühere Studien und sind auf die Situation in der Schweiz oder Deutschland übertragbar», sagt die Gynäkologin und Hormonspezialistin Petra Stute vom Inselspital Bern. Die neue Untersuchung liefere aber zwei unerwartete Ergebnisse, die nun unbedingt überprüft werden sollten. So hätten frühere hochwertige Studien kein Herzinfarktrisiko durch Tibolon ergeben. Und bisher habe gegolten, dass hautgängige Mittel das Thromboserisiko nicht erhöht hätten.
Allerdings habe die Untersuchung der Schwedinnen gewisse Schwächen, sagt Vanadin Seifert-Klauss, gynäkologische Endokrinologin am Klinikum rechts der Isar in München. So sei nicht erfasst worden, ob die Frauen geraucht hätten oder übergewichtig gewesen seien. Diese Faktoren beeinflussten aber das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung sehr stark, so Seifert-Klauss. Es sei daher möglich, dass bei Frauen ohne diese Faktoren die Hormonpräparate ein niedrigeres Risiko für die erwähnten Herzerkrankungen aufwiesen als in der Untersuchung berechnet.
Brustkrebsrisiko steigt erst Jahre nach Therapiebeginn
Für viele Frauen ist neben der Sorge um akute Herzprobleme die Angst vor Brustkrebs, ausgelöst durch Hormonmittel, sehr präsent. Auch diesbezüglich existieren kleine Unterschiede zwischen den diversen Produkten, wie ein norwegisches Forscherinnenteam vor wenigen Wochen gezeigt hat. Zwar erhöhten alle Präparate das Risiko für Brustkrebs geringfügig. Aber erneut schnitten Gele oder Sprays besser ab als Tabletten.
Generell könne man sagen, dass sogenannt bio-identische Präparate, deren Inhaltsstoffe identisch seien mit den vom Körper produzierten Hormonen, das geringste Risiko für Brustkrebs mit sich brächten, erläutert die Berner Gynäkologin Stute. Gemäss allen vorliegenden Studien kommt es zu maximal drei zusätzlichen Fällen von Brustkrebs, wenn tausend Frauen die Mittel fünf Jahre lang nehmen. Zudem gibt es Hinweise, dass das Brustkrebsrisiko erst nach sieben Jahren mit einer bio-identischen Hormontherapie ansteigt.
Individuelle Abwägung
Da viele Frauen jeweils mehrere Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Brustkrebs aufweisen, können auch die zwei grossen Untersuchungen aus Skandinavien nicht exakt angeben, wie hoch nun das Risiko jeder einzelnen Frau ist, wenn sie Menopausemittel nutzt. Daher bleibt die Einnahme solcher Mittel immer ein individuelles Abwägen zwischen der Schwere der Symptome, bereits vorhandenen anderen Risikofaktoren und den möglichen Nebenwirkungen der jeweiligen Substanzen.
Beispielsweise empfehlen Gynäkologinnen übergewichtigen Raucherinnen oder Frauen, in deren Familie bereits Blutgerinnsel aufgetreten sind, keine Hormonpräparate. Auch Frauen mit einem früheren Brustkrebs wird davon abgeraten. Immerhin steht diesen Patientinnen seit Anfang Jahr in Deutschland wie auch in der Schweiz ein hormonfreies Präparat zur Verfügung, das zumindest die Hitzewallungen stark eindämmt.
Oft wollen Frauen so wenig Hormone nehmen wie möglich. Doch nur Frauen ohne eine Gebärmutter können eine reine Östrogentherapie erhalten. Alle anderen sollten auf jeden Fall sowohl Östrogen als auch Progesteron einnehmen. Denn Östrogen lässt die Schleimhaut in der Gebärmutter anschwellen. Diesen Aufbau stoppt das Progesteron. Wenn nun Frauen mit einer Gebärmutter kein Progesteron nehmen, erhöht sich ihr Risiko für einen bösartigen Tumor in der Schleimhaut.
Unbestritten ist die positive Wirkung aller Hormonpräparate: Sie stärken die Knochen und senken somit die Gefahr für Osteoporose, Diabetes und Darmkrebs.
«Die schwedische Studie hat noch eine weitere gute Nachricht», sagt Stute. «Insgesamt ging in der gesamten Probandinnengruppe die Anzahl an Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen während des Beobachtungszeitraums um fast 50 Prozent zurück.» Die Ursachen dafür sollte man nun hierzulande genau analysieren – und von dem schwedischen Gesundheitssystem lernen.