Die SRG muss so oder so sparen. Die Frage ist nur, wie viel. Geht es nach dem Bundesrat, müssen künftig Gebühren von 300 Franken reichen.
200 Franken sind zu wenig, 300 Franken sind genug: So lässt sich die Position des Bundesrats in der Debatte um die Radio- und Fernsehgebühren zusammenfassen. Er lehnt die SRG-Initiative (offizieller Titel: «200 Franken sind genug!») ab, will aber die Radio- und TV-Gebühren von heute 335 auf 300 Franken pro Jahr senken.
Gemäss dem Vorschlag des Bundesrates soll der bisherige Betrag für die kommenden zwei Jahre beibehalten werden. Erst ab 2027 sollen sie auf 212 Franken sinken, ab 2029 soll dann der Sockel von 300 Franken erreicht werden. Dieser Betrag reiche, damit die SRG ihren gesetzlichen Leistungsauftrag erfüllen könne, heisst es in der Botschaft, die der Bundesrat am Mittwoch verabschiedet hat. Die schrittweise Senkung der Abgaben soll der SRG Spielraum verschaffen, um Sparmassnahmen zu planen und umzusetzen.
Schwächung des gesamten Medienplatzes
Der Bundesrat verfolgt damit mehrere Ziele. Erstens will er der SRG-Initiative den Wind aus den Segeln nehmen. Bei einer Annahme der Initiative befürchtet der Bundesrat einen Abbau der publizistischen Leistungen und eine Schwächung des gesamten Medienplatzes Schweiz. «Namentlich in Regionen, in denen die Medienvielfalt bereits gering ist, würde diese noch zusätzlich sinken, weil die SRG mit reduzierten Mitteln nicht mehr alle Regionen gleichermassen publizistisch abdecken könnte», heisst es in der Botschaft.
Zweitens teilt er das Anliegen der Initianten, dass die Wirtschaft und die Haushalte finanziell entlastet werden müssen. Er erhöht deshalb auch die Limite für die Unternehmensabgabe von heute 500 000 Franken Jahresumsatz auf 1,2 Millionen Franken. Damit werden ab 2027 rund 80 Prozent der mehrwertsteuerpflichtigen Unternehmen von der Abgabe befreit.
Drittens will er der veränderten Mediennutzung Rechnung tragen. Heute zahlen die Haushalte nebst den Radio- und Fernsehgebühren zunehmend für kostenpflichtige in- und ausländische TV- und Streaming-Angebote. Zudem verlieren die klassischen Radio- und TV-Stationen mit ihren linearen Angeboten ihr Publikum an Online- und Social-Media-Plattformen.
Der Bundesrat setzt seinen Gegenvorschlag auf dem Verordnungsweg um. Das heisst, dass dagegen kein Referendum möglich ist. Das Parlament kann zwar ebenfalls noch mit einem Gegenvorschlag auf die Initiative reagieren, aber auch dieser dürfte kaum bei den heutigen Gebühren verharren. Damit ist klar, dass die SRG künftig so oder so mit weniger Geld auskommen muss. Offen bleibt, wie gross die Abstriche sein werden.
Sparen muss die SRG ohnehin. Die heutigen Tarife sind nicht mehr kostendeckend, die Reserven für den Teuerungsausgleich Anfang 2025 aufgebraucht. Zudem sind im Parlament Initiativen hängig, die den Abgabenanteil für konzessionierte private Radio- und TV-Stationen erhöhen wollen. Dazu kämpft die SRG wie jedes klassische Medienunternehmen mit rückläufigen Werbeeinnahmen.
Offen bleibt, wie sich der Bundesrat die künftige SRG vorstellt. Die gegenwärtig geltende Konzession für das Medienunternehmen läuft Ende 2024 aus. Der Bundesrat hat diese nun praktisch unverändert bis Ende 2028 verlängert. Man wolle mit der Ausarbeitung des Leistungsauftrags zuwarten, bis die Abstimmung über die 200-Franken-Initiative vorbei ist, argumentierte Medienminister Albert Rösti vor den Medien. «Für eine neue Konzession muss der Zahlungsrahmen klar sein.»
Abstriche bei Sport und Unterhaltung
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die SRG bei ihrem Programm wird Abstriche machen müssen. So soll die neue Konzession «verstärkt auf Information, Bildung und Kultur sowie auf die neuen Nutzungsgewohnheiten des Publikums» ausgerichtet sein, wie es in der Botschaft heisst. In den Bereichen Unterhaltung und Sport solle die SRG auf jene Bereiche fokussieren, die von anderen Anbietern nicht abgedeckt werden.
Klar ist aber auch, dass der Bundesrat die SRG nicht mehr beschneiden will als politisch unbedingt nötig. Dahinter steht die Sichtweise, dass die SRG eine gewisse Grösse haben muss, damit sie «auch im grenzüberschreitenden Wettbewerb mit den ausländischen Angeboten konkurrenzfähig ist», wie es in der Botschaft heisst.
Die Debatte um die Rolle der SRG schwelt seit Jahren. Vor fast genau zehn Jahren, am 11. Juni 2014, startete die Unterschriftensammlung für die No-Billag-Initiative. Die Initiative verlangte eine komplette Abschaffung der Radio- und TV-Gebühren, der Bund hätte keine Radio- und Fernsehstationen mehr subventionieren und in Friedenszeiten keine eigenen Sender mehr betreibt dürfen. Im März 2018 lehnte das Volk die Initiative mit 72 Prozent Nein-Stimmen deutlich ab.
Die 200-Franken-Initiative wäre für die SRG immer noch ein schmerzhafter Einschnitt. Aber die Forderungen gehen diesmal deutlich weniger weit. So sollen die privaten Radio- und Fernsehsender mindestens den heutigen Gebührenanteil erhalten. Mit dem SRG-Anteil sollen nur noch Radio- und Fernsehprogramme finanziert werden, die einen «unerlässlichen Dienst für die Allgemeinheit erbringen». Was darunter genau zu verstehen ist, müsste das Parlament festlegen. Die Initiative kommt 2025 oder 2026 vors Volk.