Menschen mit geringem Einkommen sollen bei Wohnungsmieten auf staatliche Unterstützung zählen können. Beispiele aus der Stadt Zürich zeigen aber, warum Kontrollen unabdingbar sind.
Städtische Wohnungen sollten einen simplen Zweck erfüllen: Wohnraum zu Preisen unterhalb der Marktmiete bieten für Menschen mit kleinem Portemonnaie. Zur Verfügung gestellt wird dieser Wohnraum in der Stadt Zürich von den Steuerzahlern. Es ist wichtig, dass es klare Regeln gibt, nach denen diese Wohnungen vergeben werden. Ebenso unerlässlich ist, dass Kontrollen durchgeführt werden, um ihre Einhaltung zu gewährleisten.
Sonst öffnet man Missbrauch Tür und Tor. Das haben zahlreiche Skandale in der Vergangenheit hinreichend bewiesen. Die Revision der Verordnung über die Vermietung von städtischen Wohnungen war überfällig.
Denn dass sich Gutbetuchte mit Steuergeldern finanzierte Wohnungen leisten, ist kein Problem der Vergangenheit. Das zeigen die beiden Fälle von Mietern städtischer Liegenschaften, die sich gegen die Anpassung des Mietvertrags wehren: Ein gutverdienender Mann, der eine 3,5-Zimmer-Wohnung mietet, und eine Frau, die allein ein Einfamilienhaus bewohnt. Beide zahlen keine 3000 Franken Miete pro Monat.
Regeln schliessen grosszügige Ausnahmen ein
Diese «Der Staat schuldet mir etwas»-Attitüde hat mit Solidarität nicht mehr viel zu tun. Die rot-grüne Politik der Stadt Zürich befeuert diese Anspruchshaltung. Eine tiefe Miete wird fast schon zum Menschenrecht hochstilisiert. Es ist bezeichnend, dass sich SP und Grüne nicht nur bei städtischen Wohnungen gegen eine Einkommensgrenze wehren, sondern auch bei von Privaten erstellten, verbilligten Wohnungen. Solche Mietobjekte entstehen beispielsweise dann, wenn durch Auf- oder Umzonungen zusätzliche Wohnungen gebaut werden.
Dass am Schluss nicht zwingend diejenigen zum Zug kommen, die wirklich darauf angewiesen sind, scheint irrelevant. Davon zeugen die in den Vermietungsregeln für städtische Wohnungen enthaltenen grosszügigen Ausnahmen. So darf das Verhältnis von Miete zu steuerbarem Einkommen über die Jahre auf bis zu 1:6 anwachsen. Im Fall des vom Obergericht thematisierten 6-Zimmer-Einfamilienhauses entspräche diese Limite 17 160 Franken pro Monat.
Das bestehende Vermögen spielt erst ab einem Wert von 200 000 Franken eine Rolle. Man kann also auch nach den strengeren Regeln noch sehr anständig verdienen, Vermögen ansammeln und trotzdem Anrecht auf eine städtische Wohnung haben.
Obendrauf muss die Stadt erst dann aktiv werden, wenn diese Verhältnisse bei mehr als 15 Prozent der Mietenden nicht mehr eingehalten werden. Gemäss der jüngsten, aus dem Jahr 2018 stammenden Erhebung sind es 17,9 Prozent.
Fakt ist nun einmal: Mieten kostet Geld, vor allem dann, wenn an einem begehrten Ort wie der Stadt Zürich gewohnt werden will.
Es ist richtig, dass Menschen mit geringem Einkommen auf staatliche Unterstützung zählen können. Die in den Mietregeln der Stadt festgehaltenen finanziellen Grenzwerte stellen sicher, dass sich Gutverdiener gar nicht erst um eine städtische Wohnung bewerben können. Das garantiert jenen den Vorrang, die effektiv darauf angewiesen sind.
Solidarität funktioniert nur dann, wenn sie gegenseitig ist, wenn diejenigen, die davon profitieren, bereit sind, Bedürftigeren Platz zu machen im Falle, dass sich die eigenen Umstände verbessern oder man weniger Platz braucht. Wer allein in einem städtischen Einfamilienhaus lebt, sollte selbst darauf kommen, dass eine Familie mit Kindern das Haus mit Garten nötiger hat als man selbst.
Ist das nicht der Fall, gerät das ganze System aus dem Gleichgewicht und bricht schliesslich zusammen.
Immerhin, die grosse Mehrheit der städtischen Mieterinnen und Mieter ist sich der Privilegien, die sie als Nutzer von stadteigenem Wohnraum geniessen, bewusst und hat die Anpassung vor vier Jahren akzeptiert. Zudem wurden seit dem Inkrafttreten der neuen Verordnung bereits 2700 Mietverträge zwischen der Stadt und neuen Mietparteien abgeschlossen.
Das grundsätzliche Bewusstsein dafür, dass die mit einer städtischen Wohnung verbundenen Vorteile an klare Bedingungen geknüpft sind, scheint in Zürichs Bevölkerung also vorhanden zu sein.