High-Dividend-Strategien sind beliebt, um ein passives Einkommen zu generieren. Dabei wäre «Low-Dividend» die bessere Wahl.
Eines der schöneren Erlebnisse, wenn man mit dem Investieren beginnt, ist, wenn das erste Mal eine Dividende auf das Anlagekonto ausbezahlt wird. Bei mir waren es 4.70 Fr. – zwar nur wenig Geld, doch speziell war es trotzdem.
Die emotionale Komponente ist vermutlich der Grund, weshalb viele eine Dividendenstrategie verfolgen; sie legen sich Aktien ins Depot, die eine hohe Dividende auszahlen. Besonders sind natürlich die Naturaldividenden. Der Schoggi-Koffer von Lindt & Sprüngli für Anleger, die an der Zürcher Goldküste aufgewachsen sind, das Pyjama von Calida für den Otto Normalbürger.
Um dieser Nachfrage nachzukommen, haben die meisten Anbieter von ETF und Fonds entsprechende Dividendenprodukte im Angebot. Erreicht man bei einem üblichen Aktienindex eine Dividendenrendite von 1 bis 3% Prozent, können es bei Dividenden-ETF schnell 4% oder mehr sein.
Eine Dividendenstrategie ist teuer…
Doch als Anleger in der Schweiz eine Dividendenstrategie zu verfolgen, ist eigentlich nicht sinnvoll, denn sie ist mit hohen Kosten verbunden. Der Grund: die Einkommenssteuer. Dividenden müssen als Einkommen versteuert werden. Bei einem hypothetischen Grenzsteuersatz von 20% verliert man so einen Fünftel der Dividendenrendite.
Bei einer Dividendenrendite von 4% pro Jahr für eine Dividendenstrategie fallen Kosten von 0,8% pro Jahr in der Form von Steuern an. Im Vergleich mit einem «üblichen» Aktienindex mit einer Dividendenrendite von 2,5% pro Jahr betragen die Mehrkosten immer noch 0,3 Prozentpunkte.
Die sorgfältige Auswahl eines ETF, der vielleicht 5 Basispunkte günstiger ist als ein anderer, lohnt sich also kaum, wenn man aus emotionalen Gründen eine Dividendenstrategie wählt. Denn rein rational lässt sich die hohe Nachfrage nach Dividendenaktien kaum begründen. Wer darauf angewiesen ist, mit den Dividendeneinnahmen seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, der kann stattdessen auch periodisch einen Teil des Portfolios verkaufen. Der Effekt ist derselbe – ausser, dass weniger Steuern fällig werden.
…hat aber einen Platz im Portfolio
Es gibt eine Ausnahme: die Säule 3a. Dividendeneinnahmen müssen dort nicht versteuert werden. Insofern ist es sinnvoll, wenn man sich dort die guten Dividendenzahler ins Portfolio legt und privat auf Dividendenaktien verzichtet. Leider gestaltet sich die praktische Umsetzung nach meinem Wissensstand als schwierig.
Während es High-Dividend-ETF und -Indexfonds zur Genüge gibt, sind mir keine Low-Dividend-Produkte bekannt. Dabei wäre dies gerade für den Schweizer Markt interessant. Steuertechnisch liessen sich jedes Jahr wohl rund 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte zusätzliche Rendite herausholen.
Es ist möglich, selbst ein Low-Dividend-Portfolio zu kreieren, indem man beispielsweise die traditionell eher dividendenarmen Wachstumsaktien im freien Vermögen hält und den Rest via High-Dividend-ETF in der Säule 3a. Doch das wird schnell kompliziert.
Als fiktives Beispiel habe ich dies dennoch dargestellt.
Einmal werden je 5000 Fr. in der Säule 3a und im freien Vermögen in einen normalen Aktien-ETF investiert. Bei einer unterstellten Dividendenrendite von 2% und einem Grenzsteuersatz von 20% werden im freien Vermögen im ersten Jahr Einkommenssteuern in Höhe von 20 Fr. fällig. Nach dreissig Jahren werden aus den gesamthaft 10’000 Fr. etwa 73’500 Fr. (rote Linie).
Was passiert nun, wenn wir dieselben Aktien kaufen, aber die Dividendenaktien steueroptimiert aufteilen? Dargestellt in blau ist die Situation, wenn ein High-Dividend-Aktien-ETF mit einer unterstellten Dividendenrendite von 4% in der Säule 3a gekauft wird und im freien Vermögen die restlichen Low-Dividend-Aktien mit einer angenommenen Dividendenrendite von 0%. Steuern fallen keine an – man spart 20 Fr. (0,2% pro Jahr), obwohl man in beiden Fällen dieselben Aktien besitzt. Mit dieser Strategie erreicht man nach dreissig Jahren etwa 78’000 Fr. – also fast 5000 Fr. mehr.
Unkompliziert umsetzbar ist dies gegenwärtig nicht. Insofern bleibt es – im Moment zumindest – lediglich ein «Nice-to-know». Jene, die bewusst verstärkt in Dividendenaktien investieren möchten, sollten diese Strategie in erster Linie in der Säule 3a verfolgen und so Steuern sparen.
Patrick Eugster