Wer Weine sorgsam aufbewahren möchte, lässt sich zu Hause einen Weinkeller errichten – oder schaut sich nach einem Mietangebot um. Denn davon gibt es immer mehr.
Das wäre doch etwas! Ein perfekt temperierter natürlicher Gewölbekeller, am besten mit festgestampftem Lehmboden. Hübsch eingerichtet mit massgefertigten Regalen und dazu noch Halterungen, in denen Kerzen für etwaige Besucherinnen und Besucher angebracht werden können. Doch ach, Weinparadiese wie diese existieren nur in überschaubarer Zahl, sind vor allem in historischen Villen zu finden, in alten traditionsreichen Weingütern oder in Schlössern. Auch der Autor des Textes verfügt, dank seiner Wohnung in einem umgebauten alten Bauernhof, über einen Gewölbekeller mit gleichmässigen 13 bis 14 Grad, jahrein, jahraus.
Die meisten an Wein interessierten Menschen indes müssen sich zwecks Lagerung mit anderen Räumen begnügen – gleichfalls die Mehrzahl der Restaurants. Selbst im «Dolder», dem Prachthotel oberhalb von Zürich, lagert der Wein eher zweckmässig. Man benötige eben, erklärt die Dolder-Sommelière Katharina Sarrot, viel Platz, weil dort Weine für alle Abteilungen gelagert würden.
Und überhaupt: Alles hat Vor- und Nachteile. «Ich glaube, ein Gewölbekeller ist super, wenn du einen hast, der die natürlichen Bedingungen erfüllt. Ein gekühlter Raum ist besser, wenn du mehr Kontrolle über die Temperatur haben und flexibler sein möchtest. Grundsätzlich funktioniert beides sehr gut», so Sarrot.
Bitte nicht zu warm
Apropos Temperatur: Die dürfte wohl das grösste Problem bei der Lagerung sein. Wärme bekommt Weinen gar nicht gut, die Reifung beschleunigt sich deutlich, wenn dann einmal 18, 20 oder mehr Grad erreicht werden, und auch die Schwankungen zwischen Wärme und Kälte sollten nicht zu drastisch ausfallen. Jedenfalls nicht dort, wo wertvolle Flaschen liegen, die auch ein paar Jahre oder Jahrzehnte überdauern, sich womöglich erst langsam zur perfekten Trinkreife entwickeln sollen.
«Wir lagern einen Teil der Weine im Cube gleich im Restaurant», erläutert die Sommelière Sarrot, der Grossteil befindet sich aber im Weinlager – Weissweine sind da bei 7 Grad, Rotweine bei 16 Grad gelagert.»
Tipps für die Weinlagerung
Gleichmässige Temperatur
Sie ist wichtig, denn starke Schwankungen beeinträchtigen die Lagerfähigkeit des Weines.
Nicht im zu warmen Keller
Zu warme Keller führen zu einer stark beschleunigten Reifung der Weine, mitunter auch zum Herausdrücken des Korkens aus dem Flaschenhals.
Flaschen nicht stehend lagern
Stehende Lagerung der Flaschen ist im Prinzip kein Problem, dürfte allerdings wenig hilfreich dabei sein, die Übersicht zu behalten – und erhöht die Bruchgefahr drastisch.
Kein zu feuchter Keller
Sehr feuchte Keller sind für den Wein zwar unproblematisch, führen aber oft zu Schäden an den Flaschenetiketten.
Doch gegen aussergewöhnliche Umstände ist niemand gefeit. «Wir hatten einmal einen Temperaturanstieg, durch einen technischen Fehler, auf mehr als 20 Grad», erinnert sich Katharina Sarrot. «Da hat es bei einigen Weinen ein Stück weit Korken hinausgedrückt.» Nein, das war nicht so dramatisch wie in jener Columbo-Krimi-Episode mit Peter Falk und Donald Pleasence, in der eine ausgefallene Klimaanlage den kompletten Inhalt des Kellers ruinierte und nebenbei den Mörder überführte, aber es musste im «Dolder» dann doch nachverkostet und hier und da aussortiert werden.
Damit sich Gefahren im Rahmen halten und sich gute Flaschen auch noch Dekaden nach dem Kauf öffnen lassen, ohne dass es dem Käufer die Enttäuschung ins Gesicht treibt, braucht es bisweilen professionelle Unterstützung. So wie sie das Atelier Winehosting in Sargans liefert. Auf Weinkellerbau und Weinkellergestaltung hat man sich hier spezialisiert. «Wenn die baulichen Gegebenheiten stimmen», sagt Leandra Portillo, für Sales und Marketing zuständig, «braucht es keine zusätzliche Klimatisierung – Temperatur und Luftfeuchtigkeit bleiben ganz natürlich im Idealbereich.» Das spare Energie, Technik und langfristig Kosten – und tue dem Wein gut.
Eine Frage des Geldes
Solche Projekte würden zunehmen, bei Weinherstellern, Hotels oder da, wo Häuser noch im Bau seien und rechtzeitige Beratung stattfinde. Doch auch längst fertiggestellte Keller lassen sich in eine perfekte Weinlagerstätte verwandeln – oft auch, ohne dass der Besitzer Kredite aufnehmen muss. «Einfachere Arbeiten setzen sich so zusammen, dass das Design kleiner ausfällt und wir beispielsweise nur das patentierte Lagerungssystem herstellen», sagt Portillo. Wer sparen will, kann auf Licht- und Möblierungskonzepte verzichten. Preislich beginne das bei 10 000 bis 15 000 Franken, nach oben gehe es bis zu einer halben Million.
Wer allerdings noch nicht sicher ist, ob er einen Umbau in die Wege leiten soll, kann ja erst einmal etwas mieten. Vielleicht auch nur den kleinen Teil eines grossen Kellers, wo gleich noch die komplette Infrastruktur mitgenutzt werden kann. Gibt es beispielsweise im Zürcher Seefeld, wo vergangenes Jahr ein Weinklub namens My Winetime eröffnet wurde. Nein, auch hier verbirgt sich kein jahrhundertealter Gewölbekeller hinter schlichten Türen, aber dank Klinkersteinen und Holz sieht alles sehr natürlich aus.
Kundinnen und Kunden können sich ihr persönliches Schliessfach mieten – es gibt mehr als 300 Weintresore in verschiedenen Grössen – und bekommen auf diese Weise nicht nur eine ideal klimatisierte Lagermöglichkeit, sondern auch Zugang an 365 Tagen im Jahr. An Ort und Stelle komfortabel verkosten und auch noch Freunde mitbringen – oder einfach nur eine Flasche holen, weil man sich zu Hause den Weinklimaschrank sparen möchte? Alles möglich. Die Mitgliedschaft, sagt die Klubmanagerin Jacqueline Blumer, beginne ab 2300 Franken.
Ist die Weinlagerung geklärt, sind Keller gemietet oder eingerichtet, stellt sich bloss noch die Frage nach der idealen Trinktemperatur. Zu viel Kälte ist da oft kontraproduktiv. «Ich trinke Weisswein gern eher etwas wärmer, als in vielen Büchern geschrieben wird, und Rotwein kühler», sagt Katharina Sarrot. Also 12 bis 14 beziehungsweise 16 Grad. Auf dass die Frische erhalten bleibe!
Dieser Artikel ist im Rahmen der «NZZaS»-Beilage «Wein & Genuss» erschienen, die von «NZZ Content Creation» erstellt wird.