Die Salzzitronen fristen hierzulande ein Schattendasein. Zu Unrecht, wie unser Autor findet. Dank ihnen wird nämlich so manches Gericht noch aromatischer. Ausserdem ist ihre Zubereitung kinderleicht. So geht’s.
Noch vor fünfzehn Jahren kannten es nur die Koch-Nerds. Ich bezweifle sogar, dass in der hiesigen, gegenwärtigen Kochausbildung irgendwann einmal die Rede davon ist. Und obwohl Zitrusfrüchte seit einiger Zeit inflationär über nahezu alles geraspelt werden, fristen die «preserved lemons» oder in Salz eingelegte Zitronen hierzulande ein Schattendasein. Überstrahlt von exotischen Aromabomben wie Yuzu, Limes oder Meyer-Zitronen. Die englische Bezeichnung erwähne ich zuerst, weil angelsächsische Köchinnen und Köche seit viel länger schon die geballte, zitronig-salzige Kraft dieser Würze schätzen und ihr in ihren Gerichten (und Kochbüchern) den Platz geben, die sie auch verdient.
Die marokkanische Küche mit ihren Eintöpfen und Tajines, die Bulgur- und Couscousgerichte der Levante-Küche, sie wären ohne die salzig-saure Würze nur halb so aromatisch. Der israelische Koch Yotam Ottolenghi liesse sich, wenn überhaupt mit etwas Weltlichem, wohl nur mit einem Glas Salzzitronen begraben. Für mich sind sie seit langer Zeit unersetzlich in meinem Vorratsschrank, neben all den weiteren Umami-Lieferanten, wie in Salz konservierten Kapern, Sardellen, Bottarga, Kombu-Algen oder Katsuobushi, getrockneten Thunfischflocken. Die feingehackte Schale der Zitronen (das Fruchtfleisch wird normalerweise nicht verwendet) streue ich in Salate, würze damit grillierten Fisch oder auch rohen Seafood, streiche sie in den Brasato, und perfekt passt sie zu Geflügel. Eine essenzielle Zutat, um noch aromatischer zu kochen und abzuschmecken.
Die Zubereitung verlangt Handarbeit
Ein nachvollziehbarer Grund für die geringe Bekanntheit ist sicher die geringe Erhältlichkeit im Handel. Da diese Zitronen mit keiner Maschine der Welt zubereitet werden können, ist Handarbeit gefragt. Und ausser einigen Köchinnen und Köchen und gastronomischen Handwerksbetrieben kenne ich niemanden, der Gläser davon in grosser Stückzahl und somit einigermassen erschwinglich fabrizieren kann. Aber – und nicht zuletzt darum schreibe ich diesen Artikel darüber – sie lassen sich kinderleicht selbst einmachen. Sogar das Handling damit verlangt keinen Uni-Abschluss. Sind sie einmal mehrere Wochen gelagert, steigert sich ihre Haltbarkeit ins Unendliche, selbst ungekühlt. Nur – sie werden niemals alt. Sie sind zu lecker und ihre Würze passt zu ebenso unendlich vielen Zubereitungen.
Um auch der Ausrede, dass es eben ein, zwei Monate dauert, bis die Zitronen in der Küche einsatzbereit sind, den Wind aus den Segeln zu nehmen, beschreibe ich hier auch die Schnellversion. Sie verfügt zwar nicht über die geschmackliche Tiefe und Komplexität wie jene mit den zusätzlichen Gewürzen, aber exquisit ist sie genauso. Es gibt eben Vorgänge auf der Welt, die brauchen etwas Zeit.
So stellt man Salzzitronen her
Die einfache Variante:
Für die einfachste Version benötigen wir nur Zitronen und Salz. Besorgen Sie sich möglichst (eher kleine) Bio-Zitronen oder sogar gänzlich unbehandelte. Gut waschen empfiehlt sich bei allen. Salz sollte ein grobkörniges aus dem Meer sein, es eignet sich dafür am besten. Die Einmachgläser – ob mit Schraubverschluss oder Bügelverschluss, ist einerlei – müssen vorher sterilisiert werden. Dazu den Backofen auf 205 Grad aufheizen, Gläser samt Deckel gut in Seifenwasser waschen, spülen und gut trocknen. Danach für fünf Minuten in den Ofen stellen. Alternativ mit kochendem Wasser füllen und auf zehn zählen, Wasser ausleeren und sofort mit den vorbereiteten Zitronen füllen.
Dazu die Zitrusfrüchte kreuzweise bis auf Dreiviertel von oben herab einschneiden, sie sollen sich wie eine Blüte öffnen, am Boden aber noch zusammenhalten. Meersalz in eine grosse Schüssel geben und mit den Händen den Raum zwischen den aufgeschnittenen Zitronenvierteln mit viel Salz füllen. Danach sofort in die vorbereiteten Gläser füllen, dabei mit viel Druck so viele Früchte wie möglich in das Glas pressen. Verschliessen und zwei Wochen in der Küche stehen lassen. Es wird von Beginn weg viel Flüssigkeit im Glas stehen, nach den vierzehn Tagen etwa bis zur Hälfte hoch.
Anschliessend das Glas öffnen und mit einem Löffel (nicht mit den Händen) die Zitronen hinunterdrücken und den entstandenen Raum mit Olivenöl auffüllen. Wieder gut verschliessen und an einem dunklen Ort für mindestens vier Wochen stehen lassen. Für die Anwendung die Zitronen vorsichtig herausheben, und das Fruchtfleisch wegschaben und wegwerfen. Nur die klein geschnittene Schale wird als Würze verwendet.
Die schnelle Variante:
Für die schnelle Version 4 Zitronen quer halbieren und in möglichst dünne Scheiben schneiden. Das geht am besten mit einer Mandoline. Dann die Kerne entfernen. In einer Schüssel mit vier Esslöffel Salz und einem Teelöffel Chiliflocken bestreuen, 30 Minuten einwirken lassen. Danach gut umrühren und samt der Flüssigkeit, die in der Schüssel entstanden ist, in ein sterilisiertes Glas dicht hineinschichten. Mit Olivenöl auffüllen. So eingelegt, sind die Zitronen vom Tag darauf einsetzbar, sie werden aber mit längerer Zeit an Geschmack gewinnen. Sobald geöffnet, im Kühlschrank aufbewahren.
Die schmackhafteste Variante:
Hier nun noch mein Lieblingsrezept. Dazu brauche ich 12 Zitronen, etwa 20 Esslöffel grobes Meersalz, einen Esslöffel Koriandersamen, einige in Stücke gebrochene Zimtstangen, etwas flüssigen Honig, 4 Lorbeerblätter und den Saft von 4 zusätzlichen Zitronen. Die 12 Zitrusfrüchte kreuzweise einschneiden und in jede Zitrone etwa einen Esslöffel Meersalz packen und in ein grosses, steriles Glas schichten. Dazwischen die Gewürze platzieren. Mit restlichem Salz, dem Honig und dem Zitronensaft auffüllen, darauf achten, dass die oberste Schicht Zitronen vollständig bedeckt ist. Gut verschliessen und mindestens sechs Wochen an einem dunklen und kühlen Ort reifen lassen.
Tipp: die sechs Wochen reduzieren sich auf zwei, wenn die Zitronen vor dem Einmachen 24 Stunden im Tiefkühler verbringen.
Für eine Salsa aus den eingelegten Zitronen nehme ich zwei davon, schneide das Fruchtfleisch weg und hacke die Rinde sehr fein. 2 gemörserte Knoblauchzehen mische ich mit 150 ml Olivenöl extra vergine, dem Saft von 2 Zitronen, den gehackten Salzzitronen und würze mit wenig Salz und schwarzem Pfeffer. Gut verrühren. Das passt hervorragend zu Geflügel, Seafood und Fleisch vom Grill.
Hier geht’s zum Rezept:
Richi Kägi ist Autor und Foodscout, schreibt Kochbücher und Kolumnen. Seine Rezepte veröffentlicht er auf homemade.ch und richardkaegi.ch, Instagram @richifoodscout