Ob aus der Designerkollektion oder der Mainstream-Kleiderkette: Kaum ein Label kommt ohne Streifenshirt aus, gerade im Frühjahr und Sommer. Wie hat der wandelbare Klassiker das geschafft?
Brigitte Bardot trug es 1956 am Filmset von «Die Braut war viel zu schön», Pablo Picasso beim Malen in Südfrankreich, Jean Seberg in «Ausser Atem»: Kaum ein Kleidungsstück steht so verlässlich für entspannten Stil wie das gestreifte Langarmshirt. Was wir mit Sommerabenden am windigen Meer verbinden, hat einen ernsten Hintergrund – bretonische Fischer trugen die Streifenshirts wohl einst aus Überlebensgründen: Dieses Muster ist unter Wasser gut sichtbar.
Gabrielle Coco Chanel war es dann, welche das Kleidungsstück modisch etablierte; bei einem Aufenthalt am damals mondänen Seebad in Deauville in der Normandie entdeckte die Pragmatikerin die Arbeitsbekleidung für sich. Wie auch andere Muster und Stoffe aus der damals viel praktischeren, weil funktionalen Herrenmode, den Tweed etwa, adaptierte sie das «Marinière» für Damen. Bis heute ist das Muster fester Bestandteil der Chanel-Kollektionen.
Auch der Designer Jean Paul Gaultier machte das Muster Jahre später zu seinem Markenzeichen. Für ihn ging es gewissermassen auch darum, etwas ursprünglich männlich Gelesenes in einen neuen Kontext zu setzen. Statt funktional setzte er das Muster aber äusserst plakativ ein, er kokettierte mit der Klischeevorstellung liebeshungriger, sexy Matrosen auf Landgang.
Typisch Jean Paul Gaultier: Das Streifenshirt, einmal getragen vom Designer selbst, einmal adaptiert für seine Haute Couture Spring/Summer 2020.
Sexy Matrosen auf Landgang
Aber nicht nur Luxusmarken sorgten dafür, dass das Langarmshirt mit Streifenmuster fester Bestandteil des Modealphabets wurde. Sondern auch die Stilikonen und Prominenten, die sich darin ablichten liessen. Von Pablo Picasso bis Brigitte Bardot, von Andy Warhol bis Jean Seberg, sie alle trugen das Shirt. Obwohl man die Looks dieser Menschen gerne zitiert, konnte sich das Streifenteil nicht nur ihretwegen so durchsetzen. Sondern auch, weil immer noch etwas von seinem Ursprung mitschwingt: Tage am windigen Meer, Freiheit. Und mittlerweile auch die Assoziation von altem Geld. Denn auch wenn das Shirt aus der Arbeitsbekleidung stammt, hat es sich als Teil des Marine-Looks etabliert, der als sicherer Wert für all jene gilt, die klassisch und dennoch lässig auftreten wollen.
Wohl gerade deshalb hat es sich als Bestandteil des Sortiments vieler Mainstream- oder Premiummarken etabliert: Wer sich ein solches Oberteil zutut, macht garantiert nichts falsch. Genauso gut eignet sich das Unisex-Teil aber auch dazu, Mode-Erwartungen zu brechen, wenn man es gewagter kombiniert.
Doch auch losgelöst vom Langarmshirt funktionieren maritime Streifen für ganz verschiedene Anlässe und Charaktere; egal ob als Kleid, T-Shirt, Anzug oder Accessoire, selbst in anderen Farbkombinationen.