Die beiden Kantone schenken sich im Streit um gute Steuerzahler nichts. Deshalb schauen die Zürcher genau hin, wenn einer umzieht.
Die Kantone Zürich und Zug können bissig werden, wenn sie um gute Steuerzahler kämpfen. Um das zu wissen, hätte es den Fall des millionenschweren Medizinaltechnikunternehmers gar nicht mehr gebraucht, den die Zeitungen von CH Media gerade publik gemacht haben. Die Sticheleien zwischen den beiden Finanzdirektoren Ernst Stocker und Heinz Tännler im NZZ-Interview liessen unlängst keinen Zweifel: Zürich gegen Zug – da ist Pfeffer drin.
Auch hinter den Kulissen wird hart gerungen. Das mussten der heute über 80-jährige Unternehmer und seine Frau erfahren, nachdem sie sich 2017 für über 6 Millionen Franken ein Haus im Kanton Zug gekauft und sich beim Kanton Zürich abgemeldet hatten: Ihr Lebensmittelpunkt liege neu im Steuerparadies Zug.
Für die Zuger Steuerbehörden bestand «kein Zweifel» an dieser Darstellung, wie sie später zu Protokoll geben sollten. Die Zürcher Kollegen hingegen nahmen sie dem Paar nicht ab. Denn dieses behielt sein bisheriges Wohnhaus, in dem es die gemeinsamen Kinder grossgezogen hatte, und vermietete es nie.
Die Zürcher meldeten den Zugern: Der effektive Wohnsitz und – wichtig – der Steuerort lägen weiterhin im Kanton Zürich.
Zwischen den beiden Häusern des Paars liegen zwar nur 13 Kilometer, aber diese haben es steuertechnisch in sich. Ein simples Rechenbeispiel zeigt: Eine verheiratete Person mit einem Vermögen von 10 Millionen Franken zahlt auf der Zuger Seite der Kantonsgrenze nur gut die Hälfte der Steuern, die auf Zürcher Boden fällig werden.
Der Kanton Zürich gilt zwar global als eine der Regionen mit der höchsten Millionärsdichte. Wenn man jedoch näher heranzoomt, wird er von seinem Nachbarkanton in den Schatten gestellt: Gemäss Daten des Bundes verfügen in Zürich 10 Prozent aller Steuerpflichtigen über ein Reinvermögen im siebenstelligen Bereich – in Zug sind es 15 Prozent.
Verräterische Einkäufe im Denner und hohe Stromrechnungen
Im Steuerstreit um den Unternehmer und seine Frau haben sich die Zürcher jetzt vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgesetzt, sieben Jahre und diverse Verfahren nach dem Hauskauf. Das Urteil ist noch nicht endgültig, es kann ans Bundesgericht weitergezogen werden. Erhellend ist es so oder so, weil es zeigt, wie die Steuerbehörden arbeiten und welche Indizien dem Paar schliesslich zum Verhängnis wurden.
Zürich oder Zug – der Streitfall landete schliesslich bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung, und diese forderte zur Klärung vom Ehepaar eine ganze Reihe von Unterlagen. Darunter zum Beispiel Bankauszüge, aus denen sich sein Konsumverhalten ablesen lässt.
Die Behörden werteten alle Einkäufe aus, die der Unternehmer im Jahr nach dem angeblichen Umzug mit seiner Bankkarte bezahlt hatte. Das Resultat: Mehr als 90-mal hatte er bei Coop, Denner und in anderen Geschäften in der Umgebung des alten Wohnorts eingekauft und nur 10-mal am neuen Wohnort im Kanton Zug.
Die Beteuerungen des Paars, dass sie oft in bar bezahlt hätten, überzeugten das Gericht nicht. Denn der Mann bezog auch alles Bargeld ohne Ausnahme am alten Wohnort. Zudem habe das Paar trotz mehrfacher Aufforderung weder die Abrechnungen von drei Kreditkarten noch Kontoauszüge aus der Zeit nach 2018 eingereicht. Dies spreche tendenziell ebenfalls gegen seine Darstellung.
Auch der Umzug irritierte das Gericht. Nur einmal fuhr ein Lastwagen mit ein paar Möbeln von Zürich nach Zug. Der eigentliche Hausrat blieb am alten Ort, wie auch die während vierzig Jahren dort angesammelten persönlichen Einrichtungsgegenstände. Das sei ein starkes Indiz gegen die Verlegung des Wohnortes – besonders für ein Paar im Rentenalter.
Hinzu kamen weitere Hinweise. Zum Beispiel der Anschluss fürs Festnetztelefon, der mit dem alten Haus verbunden blieb. Der Stromverbrauch, der dort bei weitem nicht so stark zurückging, wie bei einem Umzug zu erwarten gewesen wäre. Rechnungen, die weiterhin an die alte Adresse geschickt wurden.
Viele der Gegenargumente des Paars verfingen vor Gericht nicht. So hatte der Unternehmer den Umzug in den Kanton Zug etwa damit begründet, dass sich das neue Haus in Fussdistanz zu seiner Firma befinde, wo er sich wieder ins Tagesgeschäft habe einbringen wollen. Unterlagen wie etwa einen Geschäftskalender, der dies belegt hätte, reichte er aber nie ein.
Ob das Paar inzwischen öfter im neuen Haus im Kanton Zug anzutreffen ist oder ob es die Steuern wie zuvor in Zürich zahlt, ist nicht bekannt.