Stephan H. aus Z. schreibt, dass die meisten Weissweine aus der Schweiz jung getrunken würden. Wie gross ist das Reifepotenzial in der Preisklasse von 20 bis 40 Franken? Nach wie vielen Jahren befinden sich die Crus auf dem Höhepunkt?
Schweizer Weissweine werden generell (zu) jung getrunken. Man traut ihnen nicht zu, länger zu reifen. Das stimmt bestimmt für den Grossteil der produzierten Gewächse. Aber dass zumindest den besten Beispielen keine Fähigkeiten zum Reifen eingeräumt werden, ist ein Trugschluss und ein Vorurteil.
Dies zeigt ein Beispiel. Ich habe letzthin den aus Chasselas produzierten Brez Grand Cru 2010 der Domaine La Colombe in Féchy degustiert – ein grosser, komplexer, perfekt gereifter Wein mit weiterem Potenzial, der 17 Franken (!) je Flasche kostet (neuer Jahrgang). Eine bescheidene Investition in eine grosse Zukunft. Andere Chasselas-Weine zeigen ähnliche Fähigkeiten, etwa der legendäre Médinette der Domaine Louis Bovard.
Neben der Westschweizer Parade-Rebsorte können etwa Chardonnay aus der Bündner Herrschaft oder Walliser Spezialitäten wie Petite Arvine oder Heida problemlos zehn Jahre altern, sofern sie aus einem guten Jahrgang sowie von einem zuverlässigen Produzenten stammen. Die Aromatik verändert sich, wie bei allen gereiften Weinen, freilich grundlegend – von fruchtigen zu nussigen, erdigen Tönen. Man muss das mögen, aber es sind Erfahrungen, die nur Wein bieten kann.
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