Blumen-Trophäe
Orchideen gelten als launisches Pflänzchen. Warum eigentlich? Sie sind grundsätzlich nicht schwieriger zu halten als andere Pflanzenarten.
In den botanischen Gärten in London, New York und Paris finden zur Zeit die alljährlichen Orchideenfestivals statt. Zwischen kunstvoll arrangierten Displays schwelgt man in einem bunt-exotischen Blütenmeer. Die Gewächshäuser inmitten der noch vorfrühlingshaft tristen Gärten fühlen sich an wie Orte voller opulentem Luxus. Orchideen haben etwas Glamouröses. Wir kennen sie als die launischen Diven unter den Pflanzen. Mit ihren extravaganten Blütenformen umgibt sie eine Aura des Geheimnisvollen. Warum eigentlich?
In früheren Jahrhunderten wurden grosse Mengen von Orchideen nach Europa importiert. Geschäftstüchtige Gärtnereibesitzter sandten Pflanzensammler in alle Welt. Um an die oben in den Kronen wachsenden Pflanzen zu kommen, fällten sie nicht selten die Bäume und zerstörten so ganze Ökosysteme. Die meisten der Orchideen starben dann während des langen Transports. Diejenigen, die überlebten, wurden zu heiss begehrten Statussymbolen.
Stolz vorzeigen konnte man die exotischen Trophäen aber nicht lange, denn niemand wusste um die Bedürfnisse der Pflanzen, weshalb sie meist schon bald verendeten. Diese tragische Kurzlebigkeit machte die glamourösen Blüten umso begehrenswerter. Der Mythos der empfindlichen Schönheiten aus dem wilden, gefährlichen Dschungel war geboren.
Die Orchidee ist eine pflegeleichte Pflanze
Heute wissen wir, Orchideen sind grundsätzlich nicht schwieriger zu halten als andere Pflanzen, solange man der jeweiligen Art die für sie spezifischen Bedingungen bietet. Dies ist in vielen Fällen zwar eine Herausforderung, aber Orchideen sind eine sehr grosse Pflanzenfamilie. Ihre rund 30 000 Arten sind an unterschiedlichste Standortbedingungen angepasst. Pickt man für einen bestimmten Ort die Art heraus, die in einem sehr ähnlich beschaffenen Lebensraum zu Hause ist, dann ist eine solche Orchidee plötzlich pflegeleicht.
Für unsere durchschnittlich geheizten europäischen Wohnungen ist dies die Phalaenopsis, die Schmetterlings- oder Nachtfalterorchidee. Auch wer keinerlei Interesse an Pflanzen hat, kennt sicherlich die gewöhnlich in glänzendes Zellophan gehüllten Gebilde mit den perfekten Blüten, die für kleines Geld im Supermarkt angeboten werden.
So viel demokratisierter Orchideenluxus beruht auf industrieller Produktion – und einer botanischen Entdeckung. Man fand heraus, dass Phalaenopsis bei Temperaturen über 28 Grad zwar hervorragend wachsen, aber nicht blühen. Also gibt es nun automatisierte Gewächshäuser, in denen die Temperatur genau dann reduziert wird, wenn die Pflanzen die gewünschte Grösse erreicht haben. Sie blühen quasi auf Knopfdruck.
Die Orchideen blüht über viele Jahre
Zu Hause ist es dann leider oft schnell vorbei mit der Perfektion. Spätestens wenn die letzte Blüte abgefallen ist, landen viele Pflanzen im Müll. Das ist schade, denn die Phalaenopsis ist eine hervorragende, langlebige Zimmerpflanze.
Am einfachsten gelingt das mit einem Trick: baden statt giessen. Einmal pro Woche füllt man den Übertopf mit Leitungswasser (Phalaenopsis brauchen kein Regenwasser), so dass der Blumentopf bis zum Rand unter Wasser steht. Nach 2–3 Stunden nimmt man die Pflanze heraus und lässt das überschüssige Wasser abtropfen. Fertig.
So vermeidet man auf elegante Weise Staunässe, die Hauptgrund für heimisches Orchideensterben. Auch Wassermangel wird unterbunden, denn die Pflanze kann sich in Ruhe vollsaugen. Werden die Blätter zwischendurch trotzdem schlaff, steigert man einfach die Badefrequenz.
Hat man so das Überleben der Pflanze gesichert, kann man sie zum Blühen bringen. Sobald das Blattgrün sich aufhellt, die Pflanzen also blasser aussehen als die im Supermarkt: Dünger ins Badewasser geben. Es gibt Dünger speziell für Orchideen, aber auch Universalflüssigdünger reicht, solange man ihn wie auf der Flasche angegeben verdünnt. Der Effekt zeigt sich nach ein paar Wochen. An einem hellen, aber nicht sonnigen Standort blüht die Phalaenopsis viele Jahre lang immer wieder grandios.