Ende Februar wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Das gibt uns die Gelegenheit, noch mal zurückzublicken und zu schauen: Was hat diese «Ampel» eigentlich erreicht und was nicht?
Das Bündnis aus SPD, Grünen und FDP – in Deutschland wegen der Parteifarben auch Ampelkoalition genannt – war eines, das sich nicht gesucht hat. Es waren zwei linke Parteien, SPD und Grüne, auf der einen Seite und eine nicht linke, liberale Partei, die FDP, auf der anderen Seite.
Die Geschäftsgrundlage war gewissermassen, dass jeder der Partner seine Lieblingsprojekte durchsetzen kann. Für die SPD war das der Ausbau des Sozialstaats. Bei den Grünen war es die Umwandlung von Gesellschaft und Wirtschaft hin zur ökologischen Wende, der Transformation. Und die FDP konnte darauf pochen, dass die Schuldenbremse eingehalten wird, dass nicht neue Schulden gemacht werden.
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Herbst 2023 wurde aber der «Ampel» der Boden unter den Füssen weggezogen. Die Geschäftsgrundlage galt nicht mehr. Das Bundesverfassungsgericht erklärte den Haushalt, der vorgelegt worden war, für verfassungswidrig.
In der Folge kam es zu Streit. Man war sich nicht einig, wie man die Prioritäten neu setzen würde. Und von dieser Krise hat sich die «Ampel» bis zu ihrem Ende nicht wieder erholt.
Es gibt wahrscheinlich kein anderes Feld wie das der Gesellschaftspolitik, wo die Ampelkoalitionäre selber so mit sich zufrieden sind. Denn sie waren sich eigentlich auf keinem Feld so einig wie in diesem Bereich.
Sie haben beispielsweise den Paragrafen 219 abgeschafft. Er hat bis dato Werbung für Abtreibung verboten. Sie haben Cannabis legalisiert. Sie haben das Selbstbestimmungsgesetz eingeführt, mit dem durch einfachen Sprechakt man vor dem deutschen Standesamt sein Geschlecht wechseln kann. Das Problem allerdings war, dass die Bevölkerung diese Begeisterung meistens nicht geteilt hat, denn man hatte den Eindruck, da kümmerten sich Parlamentarier um linke Orchideen und Nischenprojekte und vernachlässigten darüber die eigentlichen Probleme im Land.
Das wichtigste sozialpolitische Projekt der «Ampel» ist ohne Zweifel das sogenannte Bürgergeld. Das wurde zum Jahresanfang 2023 eingeführt und ersetzt seither die Grundsicherung, die bis dahin Hartz IV hiess oder offiziell eigentlich Arbeitslosengeld II. Das Hauptproblem mit dem Bürgergeld ist, dass es die Balance nicht wahrt zwischen «fördern» und «fordern». Es fördert viel, die Leistungen sind höher als zuvor, aber es fordert zu wenig. Und das hat zur Folge, dass vor allem Menschen im Niedriglohnsektor wenig Anreiz haben, sich eine Arbeit zu suchen, und stattdessen lieber im Bürgergeld verbleiben.
Die Bilanz der «Ampel» auf dem Feld der Asyl- und Migrationspolitik ist aus meiner Sicht eine schlechte. Besonders schlechte. Während der Amtszeit der Ampelregierung gab es eines der Jahre mit den höchsten Zuwanderungszahlen im Bereich Asyl in der Geschichte der Bundesrepublik, 2023. Im vergangenen Jahr 2024 sind die Zahlen etwas zurückgegangen.
Es gab auch eine ganze Reihe von Massnahmen, die die Ampelregierung beschlossen hat, unter anderem stationäre Grenzkontrollen an den deutschen Landesgrenzen. Dagegen hatte man sich lange gewehrt. Unter dem Druck der öffentlichen Debatte hat man sich dann letztlich dafür entschieden. Mit einigen Erfolgen auch.
Insgesamt aber sind in den Jahren der Ampelregierung Hunderttausende Menschen ins Land gekommen, die teilweise keine Bleibeberechtigung hier haben. Die öffentliche Sicherheit ist weiter erodiert, und Massnahmen, die wirklich zu einer echten Wende in diesem Bereich geführt hätten, wie beispielsweise ein Einreisestopp und Abweisung an den deutschen Grenzen, dazu war die «Ampel» zu keinem Zeitpunkt bereit.
Gleichzeitig hat sie auf der europäischen Ebene in den Verhandlungen zu einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems alles getan, um dieses System und diese Reform zu verwässern. Sie hat dann zwar letztlich der sogenannten Geas-Reform zugestimmt, aber wie gesagt, man stand so lange auf dem Bremspedal wie nur möglich.
Im Bereich der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ist während der Amtszeit der «Ampel» sicherlich der grösste Richtungswechsel in der Geschichte der Bundesrepublik, wenn man so will, vollzogen worden, oder wenigstens seit vielen Jahren. Denn Deutschland hat nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine begonnen, in grossem Umfang Waffen in ein Kriegsgebiet zu liefern. Das war bis dahin ein Tabu. Damit ist Deutschland zu einem der wichtigsten Unterstützer der Ukraine geworden. Das kann man ohne Zweifel als eine ganz wichtige Leistung und Entscheidung der Regierung sehen.
Kritisch anzumerken in diesem Zusammenhang ist, dass jeder Lieferung neuer Waffensysteme eine sehr lange und sehr zäh geführte Diskussion vorausgegangen ist. Positiv anzumerken ist auch, dass man versucht hat, die Bundeswehr zu modernisieren. Die deutschen Streitkräfte waren über viele Jahre finanziell vernachlässigt worden. Sie konnten deshalb nicht die Waffensysteme anschaffen, die sie benötigten, um ihren Auftrag auszuführen. 100 Milliarden Euro Schulden wurden da aufgenommen, Stichwort Sondervermögen. Allerdings liess die Umsetzung zu wünschen übrig.
Die Bilanz der «Ampel» im Bereich der Energiepolitik ist eine gemischte. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 hat die «Ampel» sehr schnell reagiert. Die Bundesrepublik hat ja bis dahin über die Hälfte ihres Gases aus Russland bezogen, und es war unklar, wie das da weitergehen würde. Man hat also sehr schnell reagiert und sogenannte LNG-Terminals an den deutschen Küsten gebaut, wo Flüssiggas-Schiffe anlegen können und entladen können. Das ging im Rekordtempo. Und man hat dadurch eine sogenannte Energiemangellage verhindert. Das ist sicherlich ein bleibendes Verdienst.
Gleichzeitig aber ging die Energiekrise weiter. Die Energiepreise gingen nach oben. Das hat die deutsche Wirtschaft natürlich nachhaltig geschädigt. Und vor diesem Hintergrund war es dann eigentlich unverständlich, dass man die drei noch voll funktionsfähigen deutschen Atomkraftwerke abschaltete und nur wenige Monate länger laufen liess. Also man hätte definitiv neue Brennstäbe besorgen können und einen deutlich längeren Weiterbetrieb verfügen müssen. Wie gesagt, vor dem Hintergrund von unsicherer Energieversorgung und steigenden Preisen wäre das eigentlich geboten gewesen.
Besonders düster ist die Bilanz der «Ampel» im Bereich der Wirtschaftspolitik. In diesem Bereich wurde sehr viel gestritten. Die «Ampel»-Partner kamen hier allerdings kaum zueinander. Wie gesagt, zwei linke Partner, ein liberaler, der vor allem auf eine klassische Ordnungspolitik setzen wollte. Weniger Steuern, günstigere Energiepreise. Die beiden anderen Partner wollten vor allem staatlich interventionistisch planen. Da kam man nicht wirklich zueinander.
Die Daten sprechen eine deutliche Sprache. In keinem anderen vergleichbaren Industrieland ist die Wirtschaft in den vergangenen beiden Jahren derart stagniert bzw. geschrumpft wie in Deutschland. Das Umfeld für Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Dafür konnte die «Ampel» nichts. Stichwort Angriff Russlands auf die Ukraine und die damit einhergehenden Veränderungen bei der Energieversorgung. Oder die Tatsache, dass China immer mehr Wettbewerber auch für deutsche Produkte ist und nicht einfach nur Absatzmarkt. Aber es hätte dennoch genügend Stellschrauben gegeben, um das Umfeld für die Wirtschaft zu verbessern, steuerliche Erleichterungen und anderes. Und ich glaube, die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, dass die «Ampel» hier versagt hat.
Wir sprachen ja eingangs davon, dass dieses Bündnis sich nicht gesucht hatte. Es hatte seine guten Phasen. 2022, wie gesagt, hat man die Energiekrise relativ gut bewältigt. Der Zuspruch in der Bevölkerung war hoch, zu dem Zeitpunkt. Danach ging es allerdings stetig bergab. Mittlerweile ist die Ampelregierung das unbeliebteste Bündnis in der Geschichte der Bundesrepublik, und niemand möchte eine Neuauflage. Das Ampelbündnis hat auch dazu geführt, dass die Ränder stärker wurden. Die AfD steht beispielsweise heute in den Umfragen fast doppelt so stark da wie 2021.
Ob es nach der nächsten Bundestagswahl in Deutschland viel besser wird, das ist die Frage. Wie gesagt, die Ampelregierung wird sicherlich nicht neu aufgelegt werden. Aufgrund der Brandmauer zur AfD wird eine Mehrheitsbildung aber auch künftig zwischen Partnern stattfinden müssen. CDU auf der einen, Grüne und SPD auf der anderen, die nur bedingt zueinanderpassen.