Armee, AHV, Prämienverbilligungen, Flüchtlinge: Die Ansprüche an die Bundeskasse sind massiv gestiegen. Ohne Sparprogramm oder Steuererhöhung drohen Milliardendefizite. Der Bundesrat hat Vorentscheide für mutmasslich harmlose «Einsparungen» von 2 Milliarden Franken getroffen. Doch die Schmerzen werden noch kommen.
Das Geld fällt nicht vom Himmel. Diese Banalität wird von Politikern und Stimmbürgern oft vergessen. Die Bundeskasse ist zurzeit mit einer massiven Zunahme der Ansprüche konfrontiert. Das betrifft vor allem die AHV und die Armee. Allein aus dem Bundesbeitrag für die AHV erwarten die Finanzplaner bis 2035 eine Zunahme der jährlichen Bundeskosten von etwa 5 Milliarden Franken. Und wenn das Volk am 3. März die Gewerkschaftsinitiative für höhere AHV-Renten annimmt, kostet dies den Bund eine weitere Milliarde pro Jahr. Hinzu kommt die vom Parlament geforderte Erhöhung der jährlichen Ausgaben für die Armee um etwa 4,5 Milliarden Franken.
Nach derzeitiger Planung fehlen dem Bund schon ab 2025 für ein ausgeglichenes Jahresbudget 2,5 Milliarden Franken oder mehr. Der Bundesrat hat am Mittwoch Vorentscheide getroffen, die das Budget 2025 um total 2 Milliarden Franken entlasten sollen. Die grösste beschlossene «Einsparung» ist ein reiner Buchhalter-Trick: Die Kosten für die Ukraine-Flüchtlinge sollen 2025 für ein weiteres Jahr als «ausserordentlich» gelten; damit will der Bundesrat diese Kosten einmal mehr an den ordentlichen Regeln der Schuldenbremse vorbeischleusen. Dieser Posten macht rund eine Milliarde Franken pro Jahr aus.
Der bequemste Weg
2025 wäre somit schon das vierte Jahr, in dem der Bund diese Flüchtlingskosten als «ausserordentlich» deklariert. Ohne dass man rot wird, lässt sich dies technisch kaum mehr rechtfertigen. Es gibt nur eine politische Rechtfertigung: Es ist das Bequemste. Die Regeln der Schuldenbremse werden damit Schritt um Schritt ad absurdum geführt. Der Bundesrat verkündete am Mittwoch treuherzig, man wolle mit diesem Posten «schrittweise aus der Ausserordentlichkeit aussteigen». Und: «Spätestens 2028 sollen alle Asylausgaben wieder ordentlich finanziert werden.»
Beim zweiten «Sparposten» hat der Bundesrat Glück: Die Diskussionen im Parlament über einen Ausbau der Subventionierung von Kinderkrippen ziehen sich in die Länge, so dass es 2025 bei diesem Dossier noch keine Zusatzkosten geben wird (Einsparung: 436 Millionen Franken). Das Problem ist damit allerdings nur aufgeschoben. Der Bundesrat scheint aber zu hoffen, dass sich im Parlament eine Variante durchsetzt, welche die Zusatzkosten via Finanzierung der Familienzulagen vor allem den Arbeitgebern anhängt. Diese dürften dann die Zusatzkosten zum Teil auf die Arbeitnehmer überwälzen.
Weitere «Sparposten» sind Kürzungen bei den Bundesbeiträgen bzw. Einlagen für Arbeitslosenversicherung, Bahninfrastrukturfonds und Fonds für Regionalentwicklung (zusammen 515 Millionen Franken). Bei all diesen Fällen versichert die Regierung, dass dies nur die mutmasslich überhohen Reserven dieser Institutionen senken solle und keine Leistungsreduktionen zu erwarten seien. Sollte dies stimmen, bringen auch diese Posten keine echten Einsparungen.
Zudem sieht der Bundesrat für 2025 eine «einmalige» Kürzung des Beitrags an die ETH um 100 Millionen Franken vor. Auch hier geht es laut der Regierung «nur» um eine Reduktion hoher Reserven (bei der ETH).
Die «Sparbeschlüsse» reichen für ein ausgeglichenes Budget 2025 noch nicht. Aus heutiger Sicht dürfte es zusätzliche Korrekturen von 400 bis 500 Millionen Franken geben. Im Vordergrund stehen laut der Regierung nach dem Rasenmäherprinzip lineare Kürzungen bei den «schwach gebundenen» Ausgaben. Das sind Ausgaben, die sich zum Beispiel ohne Änderung von Verfassung oder Gesetz beschliessen lassen. Zu den klassischen Posten in dieser Kategorie gehören etwa Forschung, Landwirtschaft, Entwicklungshilfe – und die Armee.
Der Elefant im Raum
Weitere Zusatzausgaben für den Bund sind zudem gut möglich. Zur Diskussion stehen neben der erwähnten AHV-Volksinitiative unter anderem Forderungen für einen massiven Ausbau der Verbilligung der Krankenkassenprämien, für die Wiederaufbauhilfe in der Ukraine und für einen höheren Beitrag für ärmere EU-Regionen. Früher oder später dürfte die Frage einer Steuererhöhung aufs Tapet kommen. Populär wird das nicht sein. Doch wer laufend zusätzliche Ausgaben für die Bundeskasse beschliesst, kann die Rechnung nicht dem Christkind schicken.
Eine Steuererhöhung hat der Bundesrat am Mittwoch schon beschlossen. Dabei geht es aber «nur» um die Tabaksteuer und nur um einen Betrag von 35 Millionen Franken pro Jahr.