CDU, CSU und SPD ringen um Kompromisse für den künftigen Koalitionsvertrag. Doch bei wichtigen Themen wie der Migration gibt es noch Klärungsbedarf.
Welches sind die grössten Streitpunkte?
Hauptstreitpunkte der Verhandlungen sind Migrations- und Wirtschaftspolitik. CDU und CSU haben im Wahlkampf eine Kehrtwende in der Asylpolitik angekündigt – mit der Zurückweisung von Asylmigranten an den deutschen Grenzen als einem zentralen Versprechen. Die SPD stimmte dem Vorhaben im Sondierungspapier mit dem Vorbehalt «in Abstimmung mit europäischen Nachbarn» zu, lehnt jedoch weitere Massnahmen ab, die die illegale Migration reduzieren sollen.
Dazu zählt beispielsweise die Brot-Bett-Seife-Regelung, die ausreisepflichtigen Asylbewerbern lediglich Unterkunft und Verpflegung statt finanzieller Leistungen gewähren würde. Ausserdem kam laut «Politico» aus der Union der Vorschlag, Ukraine-Flüchtlinge künftig nur noch die geringeren Asylbewerberleistungen auszuzahlen statt Bürgergeld – die SPD ist jedoch dagegen.
Auch beim Thema Wirtschaft gibt es Dissens: Während die Unions-Arbeitsgruppe eine spürbare Senkung der Unternehmenssteuern anstrebt, plädieren die Sozialdemokraten für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 47 Prozent, einen höheren Höchststeuersatz sowie die Einführung einer Vermögenssteuer. Zudem möchten die Sozialdemokraten das Ehegattensplitting abschaffen – ein Vorschlag, der innerhalb der Arbeitsgruppe zu Spannungen führte, da die CDU-Haushaltsexpertin Mechthilde Wittmann diesen entschieden zurückwies. Das Ehegattensplitting ist ein Steuermodell, das Ehepaaren ermöglicht, ihre Einkommen als gemeinsamen Beitrag zu versteuern.
Welche Arbeitsgruppen gibt es?
Insgesamt gibt es 17 Arbeitsgruppen. Zu den relevanten Gruppen zählen unter anderem die vom SPD-Vize Dirk Wiese geleitete Arbeitsgruppe «Innen, Recht, Migration und Integration», die vom SPD-Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer geführte Gruppe «Wirtschaft, Industrie, Tourismus» sowie die Arbeitsgruppe «Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen», die unter Klara Geywitz (Bau) und Sören Bartol (Verkehr) organisiert ist.
Auch die Arbeitsgruppe «Haushalt, Finanzen und Steuern» unter der Leitung des CDU-Bundestagsabgeordneten Dennis Rohde spielt eine zentrale Rolle, da die vorherige Regierung insbesondere an Haushaltsfragen gescheitert ist. Die Arbeitsgruppe «Aussen und Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und Menschenrechte» wird von der Entwicklungsministerin Svenja Schulze geleitet. Die Gruppe «Arbeitsweise der Bundesregierung und Fraktion/Wahlrecht» besteht ausschliesslich aus SPD-Generalsekretär Matthias Miersch und dem SPD-Ostbeauftragten Carsten Schneider.
Was passiert, wenn die Arbeitsgruppen sich nicht einigen können?
Am Montagnachmittag reichen die Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse ein. Medienberichten zufolge konnten zentrale Streitpunkte bislang nicht gelöst werden. Im Anschluss werden diese offenen Fragen in der kleineren Steuerungsgruppe diskutiert, der der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion Thorsten Frei, CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag Alexander Dobrindt sowie SPD-Generalsekretär Matthias Miersch angehören. Es ist davon auszugehen, dass auch die Parteivorsitzenden Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU), Lars Klingbeil und Saskia Esken (beide SPD) in die Gespräche eingebunden sind, um eine Einigung zu erzielen.