Aus Sicht des Wanderers gibt es drei Abschnitte, die einen Ausflug lohnen. Und ein Ufer, das man meiden sollte.
Wie viel Seeuferweg es am Zürichsee gibt, ist eine Frage der Definition. Nach der offiziellen Zählung des Kantons ist er nur auf einem Viertel der gesamten Strecke noch nicht realisiert – so steht es in den offiziellen Unterlagen zur anstehenden Volksabstimmung über die Uferinitiative. Wer zu Fuss den See umrundet, gewinnt indes einen anderen Eindruck. Nur auf etwa einem Drittel der Strecke fühlt man sich auf einem Weg, der das eingelöst, was der Begriff «Seeuferweg» verspricht.
Diese Differenz liegt unter anderem daran, dass der Kanton selbst kleine und kleinste Teilstücke mitzählt, unschöne Abschnitte auf dem Trottoir entlang der Seestrasse sowie solche hinter Hecken und Mauern.
Die NZZ hat für diesen virtuellen Rundgang einen alltagspraktischen Ansatz gewählt: Seeuferweg ist dort, wo man eine Viertelstunde oder länger dem See entlanggehen kann, ohne dass der Blick auf den See mehrheitlich versperrt ist – und wo sich eine Wanderung oder zumindest ein Spaziergang daher lohnt.
Linkes Ufer
Von Zürich bis Horgen
Von der Zürcher Stadtgrenze bis Horgen muss man meist der Strasse entlanggehen, ohne Blick auf den See. Nur hie und da führt der Weg für ein paar hundert Meter durch einen Park am See oder über ein Trottoir mit Blick aufs Wasser. In der Summe reicht das für eine halbe Stunde, verteilt auf zweieinhalb Stunden Wandern.
Ein Sonderfall ist die Gemeinde Thalwil, die in absehbarer Zeit ihre Seeanlagen verbinden will. Dadurch entstünde ein Stück Uferweg von rund zwei Kilometern. Das wäre am unteren Zürichsee einzigartig.
Linkes Ufer
Von Horgen bis Richterswil
Ab Horgen folgt eine lohnende Passage. Man kann auf mehrheitlich reizvollen Abschnitten fast 14 Kilometer bis an die Kantonsgrenze wandern – das ist mehr, als viele am Stück bewältigen mögen. Mit wenigen Ausnahmen verdienen diese Wege das Prädikat Uferweg.
Das beste Teilstück ist das letzte: Es gibt hier nur zwei Unterbrüche, einen ausgangs Wädenswil und einen eingangs Richterswil, wobei ersterer 2025 behoben werden soll.
Über die Kantonsgrenze hinauszuwandern, lohnt sich übrigens kaum. Im Kanton Schwyz muss man weitab vom See der Strasse entlanggehen. Erst Richtung Pfäffikon und Seedamm wird es landschaftlich wieder reizvoll, mit dem Holzsteg nach Rapperswil als Höhepunkt.
Rechtes Ufer
Von Zürich bis Feldmeilen
Das rechte Seeufer fällt im Vergleich mit dem linken für den Spaziergänger ab. Es gibt zwar in allen Gemeinden teilweise romantische alte Parkanlagen mit Seezugang zu entdecken. Ein substanzielles Stück Uferweg sucht man aber vergebens. Von den insgesamt sechs Stunden von Zürich bis zur Kantonsgrenze spaziert man deren fünf hinter Häusern und Mauern ohne Blick aufs Wasser.
Rechtes Ufer
Von Feldmeilen bis Feldbach
Auch jenseits der klassischen Goldküste ändert sich die Situation für Fussgänger kaum: schmucke Seeanlagen, die es sich anzusteuern lohnt, aber die Strecken dazwischen sind zum Vergessen.
Eine Ausnahme könnte künftig die Gemeinde Männedorf sein. Sie verfügt über mehrere Wegabschnitte durch Pärke abseits der Strasse, die sie verbinden will. Falls dies gelingt, würde ein substanzielles Stück Uferweg entstehen.
Ausgangs Stäfa entfernt sich die Strasse vom See. Hier, bei Schirmensee und in der Feldbacher Bucht, befinden sich die letzten naturbelassenen Ufer. Sie stehen unter Naturschutz, ein Fussweg ist darum kein Thema.
Wer es nicht leid ist, der Überlandstrasse entlangzuwandern, wird kurz vor der Kantonsgrenze mit einem prächtigen Blick über das Ried und den See auf die Stadt Rapperswil belohnt. Weitergehen lohnt sich aber nicht, denn auch auf St. Galler Boden gibt es keinen Uferweg.
Die Darstellung des Kantons ist wie erwähnt eine andere. Neben realisierten Wegabschnitten im unmittelbaren Uferbereich werden in der offiziellen Rechnung auch solche auf der Haben-Seite verbucht, die auf der Rückseite von Häusern übers Trottoir der Seestrasse verlaufen.
Am linken Ufer summieren sich diese Seestrassenpassagen laut einem Gutachten im Auftrag des Kantons auf etwas über drei Kilometer. Dies führt dazu, dass nach dieser Darstellung selbst in Gemeinden wie Kilchberg, Rüschlikon oder Oberrieden ein Uferweg auf weniger als der Hälfte der Wegstrecke fehlt – obwohl man beim Erwandern vor Ort einen anderen Eindruck gewinnt und dort vergeblich nach einem Weg am Seeufer sucht.
Noch auffälliger ist der Unterschied am rechten Ufer, wo gemäss dem Gutachten von knapp 27 Kilometer Wegstrecke nur nicht mal mehr ganz 7 der Realisierung harren. In der Praxis dagegen ist dieses Ufer kein lohnendes Ziel für Fussgänger, die sich länger als zehn Minuten am See die Beine vertreten wollen.
Dafür zum Schluss ein Tipp für alle, die nicht auf den Kanton Zürich fixiert sind: Von Schmerikon aus führt der Zürichsee-Rundweg (ausgeschildert mit der Nummer 84) am Ufer des Obersees nach Rapperswil. Von dort kann man über den Holzsteg bis Hurden verlängern – und kommt so auf drei Stunden Wandern mit Blick aufs Wasser.
Der Darstellung des Seeuferwegs in den Karten liegen pragmatische Kriterien zugrunde, die bei einer Begehung geprüft wurden: Als Seeuferwege gewertet wurden alle Passagen ab einem Kilometer Länge, die in Ufernähe mit Blick aufs Wasser verlaufen – auch wenn sie kürzere Unterbrüche aufweisen. (Unterbrüche von mehr als 200 Metern Länge sind in der Karte ausgewiesen.)