Bisher sprach die Politik vor allem über das Geld. Jetzt hat die Eidgenössische Medienkommission die Diskussion darüber lanciert, was «medialer Service public» eigentlich leisten soll.
Wenn Anna Jobin über Medienförderung spricht, klingt das etwas professoral. Doch im trocken formulierten Positionspapier, das die Präsidentin der Eidgenössischen Medienkommission (Emek) diese Woche präsentierte, verstecken sich ein paar Botschaften, die es in sich haben. So stellt die Kommission erstmals die SRG als öffentlichrechtliche Anstalt zur Debatte. Zwar will sie den, wie sie es nennt, «medialen Service public stärken», aber «unabhängig von dem oder den Leistungserbringer(n) künftig als eine moderne technologie- und genreneutrale Infrastruktur zu verankern» (…).
Die Worte «medialer Service public» sind bewusst gewählt. Im Interview mit «Persönlich» sagte Jobin: «Es ist kein Zufall, dass wir im ganzen Papier die SRG nirgends namentlich erwähnen. Wir gehen vom Ziel eines medialen Service public aus und zeigen auf, wie dieser in Zukunft ausgestaltet sein könnte oder sollte.»
Das heisst: Just zu einem Zeitpunkt, in dem die SRG wieder einmal im politischen Sturm steht, stellt die Medienkommission das Medienhaus infrage.
«Landfrauenküche», Schwingen, Gemeindeversammlung
Bundesrat Albert Rösti möchte die Gebühren per Verordnungsweg auf 300 Franken jährlich senken. Und seine Partei, die SVP, will die Gelder mittels Halbierungsinitiative sogar auf 200 Franken reduzieren. Die Emek, die den Bundesrat als aussenparlamentarisches, unabhängiges Expertengremium beraten soll, stellt sich zwar nun gegen diese Abbauforderungen. Doch sie wirft sich auch nicht vollkommen vor die SRG.
Versucht sie damit, eine verkachelte Diskussion aufzulösen?
Bei der Kritik am Medienhaus ging es nie nur ums Geld. Es geht immer auch um die publizistische Ausrichtung. Die SRG ist der «Neutralität» und «Unabhängigkeit» verpflichtet. Doch die Rechten finden sie zu links, und die Linken bezeichnen sie neuerdings als rechts.
Mit dem neuen Papier der Emek werden nun plötzlich Alternativen zur SRG denkbar. Man stelle sich vor, es gäbe zwei öffentlichrechtliche Anstalten, die sich konkurrieren. Vielleicht sogar mit unterschiedlicher politischer Haltung, beispielsweise einer rechten und einer linken. Das sind natürlich luftige Gedankenspiele, die weit entfernt von den politischen Realitäten liegen. Aus «pragmatischen Gründen» habe es Vorteile, «an einer nationalen Anbieterin festzuhalten», schreibt die Emek denn auch.
Doch hat die Kommission nun eine Diskussion gestartet, welche die Politik noch nicht geführt und – je nach Lesart – sogar vermieden hat: jene über den Kernauftrag der öffentlichrechtlichen Anstalt. Kritiker von Röstis Sparplänen monierten, er wolle die SRG zum Sparen zwingen, bevor die Politik überhaupt definiert habe, was das Medienhaus genau leisten müsse. Soll es jede lokale Gemeindeversammlung abdecken? Welche Kulturveranstaltungen? Braucht es Schwingfeste und «Landfrauenküche» im Fernsehen?
Die Emek hat sich laut Jobin absichtlich erst geäussert, nachdem die Vernehmlassung zu Röstis Vorschlag zu Ende gegangen war. Sie sehe sich «nicht als politischer Akteur» und habe den Prozess nicht beeinflussen wollen. Die Reaktionen kamen dennoch postwendend. Einerseits aus der Werbebranche. Die Emek schlägt vor, dass der «mediale Service public» sich nicht mehr via Werbung mitfinanzieren müsse, sondern nur noch über öffentliche Gelder. Sponsoring soll zwar erlaubt sein, der Erlös jedoch in eine kollektive Medienförderung fliessen. So mache sich das Medienhaus unabhängig von Quoten.
Kritik aus Werbebranche
Damit scheint die Kommission vordergründig Interessen privater Medien zu befriedigen, die sich durch die SRG konkurrenziert fühlen. Nur: Ohne die SRG und ihre Reichweite würde der Werbemarkt im Fernsehen kaum funktionieren, daran haben Private eher kein Interesse. Jürg Bachmann, der Präsident von KS/CS Kommunikation Schweiz, dem Dachverband der Schweizer Werbung, kritisierte dann auch auf «Persönlich», der Vorschlag sei «wertend, weil Werbung angeblich die publizistische Qualität beeinträchtige». Und «respektlos», weil er der Branche unterstelle, falsche Anreize zu setzen.
Und auch mit dem Verlegerverband geht die Emek auf Konfrontation. Er fordert schon länger, dass die SRG weniger online berichtet, um die privaten Anbieter nicht zu konkurrenzieren. Jobin hält entgegen: «Für die Behauptung, dass die Privaten wegen eines starken Service public geschwächt werden, gibt es keine empirische Grundlage.» Es gebe sogar Hinweise, dass ein starker Service public das gesamte Mediensystem stärke.
Am Ende des Tages zeigt sich klar, wo die Sympathien der Emek liegen. Bei der SRG. Oder wie es im Papier heisst: «beim medialen Service public».