Trainingstipps für Seniorinnen und Senioren, die zeigen: Auch kleine Schritte sind bedeutsam.
Egal, ob man ein Sportfan oder Bewegungsmuffel ist, spätestens im Rentenalter sollte man sich Gedanken darüber machen, wie man seinen Körper im Herbst des Lebens fit hält. Denn körperliche Aktivität erhöht die Lebensqualität entscheidend – unter anderem, weil wir länger mobil bleiben und sich Bewegung auch positiv auf die psychische Gesundheit auswirkt.
Doch worauf sollte man beim Training achten? Wie finden bisher Inaktive zu mehr Bewegung? Und wie geht man sinnvoll mit der psychischen Komponente der nachlassenden sportlichen Leistungsfähigkeit um?
«Entscheidend ist das Gefühl der subjektiven Unterforderung», sagt Andreas Steinegger, stellvertretender Chef Jugend- und Erwachsenensport beim Bundesamt für Sport (Baspo). Wenn man etwa vom Langlaufen heimkomme und sagen könne: «Ich könnte noch etwas mehr.» So sei gewährleistet, dass man aufhöre, bevor man erschöpft sei. So beugt man Verletzungen vor und hält gleichzeitig die Motivation hoch.
Bemerkenswert ist, dass man heute jede noch so kleine Bewegungseinheit in das tägliche Bewegungssoll einkalkulieren darf: «Jeder Schritt weg von wenig Bewegung – und sei er noch so klein – ist wichtig und nützt der Gesundheit», heisst es in den im Jahr 2022 aktualisierten «Bewegungsempfehlungen Schweiz».
Die frühere Vorgabe, dass Bewegung in mindestens zehnminütigen Abschnitten absolviert werden sollte, wurde aufgegeben. Dafür wurde die Empfehlung für die totale Dauer erhöht und liegt bei Frauen und Männern im Pensionsalter zurzeit bei mindesten zweieinhalb Stunden Bewegung oder Sport pro Woche. Dabei wird im Gegensatz zu früher nicht mehr zwingend von Einheiten in höherer Intensität abgeraten.
Bewegung hilft bei Krankheiten von Körper und Psyche
Heute weiss man auch, dass sich Bewegung bei fast jeder Erkrankung positiv auswirkt: «Klar gibt es Momente, in denen man es sein lassen sollte», sagt der Sportexperte Steinegger, «aber körperliche Aktivität fördert die Durchblutung unseres Systems – und nur wenn Organe und Zellen ausreichend versorgt werden, können sie sich regenerieren.» Diese Empfehlung gelte heute sogar bei Krebserkrankungen, bei denen man früher meist Schonung verordnet habe, weil man davon ausging, dass Bewegung die Bildung von Metastasen fördere.
Auch in der Demenzprävention wird auf Bewegung gesetzt: Obwohl die genauen Gründe noch nicht vollständig erforscht sind, wird angenommen, dass auch hier die Durchblutung eine entscheidende Rolle spielt.
Dank den neuen Bewegungsempfehlungen muss es auch nicht immer Sport sein. Bewegung lässt sich auch in den Alltag einbauen: etwa im Haushalt, im Garten oder beim Gang ins Einkaufszentrum, den man bei Bewegungsmangel dann eben mit Vorteil nicht mit dem Auto, sondern mit dem Velo, zu Fuss oder in Kombination mit dem öV erledigt.
Darf es trotzdem Sport sein, so empfiehlt Steinegger die drei K: Kraft, Kondition und Koordination. Einschränkungen bezüglich Sportart gibt er keine vor, er rät aber zur Vorsicht bei Stop-and-go-Bewegungen wie etwa Tennis oder Fussball – Letzteres auch, weil die Verletzungsgefahr durch allfälliges Zusammenstossen mit Gegnern grösser sei.
Vergleiche mit Gleichaltrigen sind motivierender
Wer im jugendlichen oder mittleren Alter ambitioniert unterwegs war, hat allenfalls Schwierigkeiten mit der nachlassenden Leistungsfähigkeit im Alter. Auf Wettkämpfe muss man nicht verzichten, aber man sollte sich dabei immer mit der eigenen Altersklasse vergleichen. Steinegger begrüsst diesbezüglich die Entwicklung in Deutschland oder auch den USA, wo es fast für jede Sportart sogenannte Master-Classes für Seniorinnen und Senioren gibt.
Eine schwerverdauliche Nachricht hat Steinegger hingegen für passionierte Outdoor-Fans oder reine Spielernaturen: «Am Krafttraining im Fitnessstudio führt im Alter eigentlich kein Weg vorbei. Nur mit gezielten Kraftübungen können wir den Muskelabbau verlangsamen.»
Theoretisch könne man Kraftübungen wie Liegestützen oder Kniebeugen auch zu Hause ausführen, aber geführte Bewegungen am Kraftgerät seien effizienter sowie sicherer, und man könne damit gezielt Schwachstellen trainieren. Zudem seien die Vorsätze im Studio einfacher umzusetzen. Wer partout nicht ans Kraftgerät wolle, dem sei Gruppenfitness wie Yoga oder Pilates mit Fokus Kraft empfohlen.
Krafttraining empfiehlt sich auch bei Osteoporose: Wer kräftig bleibt, hat ein kleineres Sturzrisiko. Zudem brechen von Muskeln umgebene Knochen weniger schnell. Und nur wenn das Skelett regelmässig belastet wird, bleibt es auch stark.
Regelmässige Belastung des Skeletts kann auch durch Ausdauersportarten wie Joggen oder Bergwandern erzielt werden. Denn die dabei verursachten Schläge sind für den Körper ein starker Reiz, der sich positiv auf die Knochendichte auswirkt. Wobei die Kraft naturgemäss hauptsächlich auf die unteren Extremitäten wirkt und für die Stärkung der Knochen am Oberkörper folglich eine andere Strategie verfolgt werden muss.
Und auch den sozialen Aspekt von Sport und Bewegung gilt es zu betonen: Sportliche Aktivitäten sind eine gute Gelegenheit, um unter die Leute zu kommen – und schützen folglich nicht nur vor Stürzen, sondern auch vor Einsamkeit.
Trainingstipps fürs Alter
Apps: Wer Übungsanleitungen für das fortgeschrittene Alter sucht, wird unter anderem auf dem Handy fündig. Es gibt zahlreiche Apps, die sich für Seniorinnen und Senioren empfehlen. Beispielsweise «Übungen für Senioren», «Sensalus» und «Workout für Senioren». Allerdings sind sie alle nicht sehr elaboriert und bieten etwa keine gesprochene Anleitung. Darum kommt man allenfalls eher zum Ziel, indem man eine allgemeine Fitness-App wählt, wie zum Beispiel «Freeletics», «Seven» oder «Asana Rebel».
Tutorials: Interessante Inputs gibt es auch bei Youtube. So hat etwa der Channel «Jung bleiben in Bewegung» der staatlich geprüften Gymnastiklehrerin Gabi Fastner rund 670 000 Abonnenten. Der Vorteil der Youtube-Tutorials: In der Regel führt ein Mensch durch die Übungen, und man kann sich einfach vor dem Bildschirm anschliessen, kann auch pausieren und zurückspulen. Zudem erhält man mit einem Blick auf die Zahl der Abonnentinnen und Abonnenten und die Summe der Aufrufe eine erste Einschätzung, ob die Clips überhaupt etwas taugen.
Broschüren: Ganz niederschwellige Tipps vermittelt der Ratgeber «Schaukeln, kochen, Flamingo werden» von Hepa Schweiz, dem Netzwerk für Gesundheit und Bewegung in der Schweiz. Das Booklet steht im Internet zum Download bereit, bietet 19 sogenannte Bewegungssnacks und eignet sich auch für die Aktivierung von Hochbetagten. So ist es ein ideales Mitbringsel für den Besuch bei den Grosseltern. Am besten setzt man dabei gleich eine der rund zwanzig Bewegungsanregungen um – und geht gemeinsam auf Schatzsuche, versucht sich als Flamingo oder malt zusammen Bilder in die Luft.
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