Der Titelhalter ZSC Lions besiegt Kloten auch im dritten Duell. Der einzige Treffer des Abends ist höchst umstritten, aber Klotens Trainer Lauri Marjamäki hadert eher mit offensiven Impotenz seines Teams – in 180 Minuten hat der Aussenseiter nur ein Tor zustande gebracht.
Man muss es Lauri Marjamäki anrechnen, dass er am Montagabend nicht den Weg des geringsten Widerstands beschritt und zornig «Skandal» schrie. So wie das zum Beispiel Ludovic Magnin, Ricardo Moniz und Uli Forte, seine Berufskollegen im Fussball, bei gefühlt jeder Gelegenheit tun.
0:1 unterlag der EHC Kloten dem Titelhalter Zürich, er liegt in der Play-off-Viertelfinalserie hoffnungslos mit 0:3 zurück. Das Saisonende ist nah, man hatte das erwarten können angesichts eines Lohn- und Talentgefälles tiefer als der Marianengraben.
Aber die Klotener verkauften ihre Haut teuer. Und umso mehr muss es sie die Art und Weise ärgern, wie sie diesen dritten Vergleich verloren. Es ist nicht nötig, eine Kloten-Brille zu tragen, um die Regularität des Zürcher Siegtreffers anzuzweifeln. Der ZSC-Captain Patrick Geering gibt in der 48. Minute einen Schuss ab; die Scheibe wird via dem Schlittschuh des Kloten-Verteidigers Dario Sidlers ins Tor gelenkt – oder zumindest in die Richtung. Dort liegt nach einem Check bereits der ZSC-Stürmer Joel Henry. Die Schiedsrichter unterbrechen die Partie und behaupten vor der Videokonsultation plötzlich, der Entscheid auf dem Eis laute «Good Goal». Gesehen hatte das keiner, auch das Publikum nicht. Nach minutenlangem Videostudium wird das Tor erstaunlicherweise anerkannt. Auf «MySports» sagt der Experte Ueli Schwarz später: «Das verletzt mein Sportlerherz, wenn ein Match auf diesem Niveau, mit dieser Bedeutung durch eine solche Entscheidung verloren oder gewonnen wird».
Klotens Powerplay war schon in der Qualifikation das schwächste der Liga
Marjamäki wird nach dem Spiel gefragt, weshalb er keine Challenge wegen Torhüterbehinderung genommen habe. Er antwortet: «Ich hatte die Information, dass Henry von einem unserer Spieler ins Tor geschoben wurde. Da hätte es keinen Sinn gemacht, die Challenge zu nehmen». Und dann fügt er nach einer kurzen Pause an: «Und einen so langen Stock, mit dem ich von der Bande aus einen Treffer hätte erzielen können, hatte ich leider auch nicht».
Es ist eher das, womit der Finne nach der dritten Niederlage in Serie hadert: Die Harmlosigkeit seiner Mannschaft. Den Klotenern hatte sich im Mitteldrittel mit einem fünfminütigen Powerplay eine goldene Gelegenheit geboten, in diese Serie zurückzukehren. Aber das Überzahlspiel ist schon die ganze Saison über dramatisch schlecht, Platz 14 der Liga. Obwohl es von Kimmo Rintanen angeleitet wird, in seiner Aktivzeit einer der begnadetsten Powerplay-Spezialisten Europas. Und die Klotener mit Sami Niku einen Dirigenten engagierten, der 2023/24 der produktivste Verteidiger der finnischen Liiga war. «Wir machen so viel richtig, aber es klickt einfach nicht», sagte Niku am Montag. Er selbst hat in über 150 Minuten Powerplay-Eiszeit einen einzigen Treffer erzielt. Die Ausbeute seines Landsmanns Niko Ojamäki, Klotens Topskorer, ist identisch.
Marjamäki stellte in den Raum, dass möglicherweise schlicht die Qualität fehle. Man kann ihm schlecht widersprechen – zumal Kloten im Januar seinen produktivsten Powerplay-Akteur verlor: Der Klub löste den Vertrag mit Miro Aaltonen nach dessen Dopingvergehen auf. Dass der fleissige, aber limitierte Kanadier Tyler Morley in dieser Liga kein Erstliniencenter sein kann, ist allgemein bekannt. Er erreichte in der Qualifikation einen sehr bescheidenen Punkteschnitt von 0,41. Es bleibt das Geheimnis des geschassten Sportchefs Larry Mitchell, weshalb man den Vertrag des Stürmers dringend vorzeitig bis 2026 verlängern musste. Doch womöglich hat Mitchell ja im Sommer bei seinem neuen Arbeitgeber Augsburg einen Platz für Morley frei.
Acht Spiele in 16 Tagen: Reichen Klotens Kräfte?
Es sind Diskussionen für morgen, für die Zeit nach dem Saisonende. Aber es braucht viel Fantasie, um sich ein Szenario vorzustellen, in dem sich Kloten nicht spätestens am Freitag in die Ferien verabschiedet. Marjamäki sagte am Montag, das erste Drittel habe ihn ein bisschen sprachlos gemacht. 1:15 lautete das Schussverhältnis, der Klassenunterschied war eklatant. «Ich habe den Jungs in der Pause gesagt, dass sie sich entscheiden müssen, wie lange wir noch zusammen sind», sagte Marjamäki. Und spielte damit darauf an, dass dieses Kollektiv sich verändern wird. Diverse Verträge laufen aus, schon jetzt ist beispielsweise klar, dass Niku sich dem Lausanne HC anschliessen wird.
Auf diese miserablen ersten 20 Minuten liess Kloten eine Reaktion folgen. Und forderte den ZSC, der nie so wirkte als befände er sich am Limit, nach je einem 1:5 und 0:5 zumindest einen Abend lang. «Wir spielen gegen das beste Team Europas, das mit etlichen Nationalspielern bestückt ist. Wenn wir eine Chance haben wollen, müssen wir 60 Minuten lang perfektes Eishockey spielen. Und das haben wir bis jetzt nie getan», sagte Marjamäki.
Die Frage ist, ob die Klotener genügend Kraft haben, um die Serie am Mittwoch zumindest um eine Partie zu verlängern. Dafür ist der erste Sieg im Play-off der National League seit elf Jahren erforderlich. Für Kloten wird es das achte Spiel innert 16 Tagen sein, es ist auch die körperliche und mentale Müdigkeit, die diesem Team zu schaffen macht. Vielleicht kann der Aussenseiter aus der Wut über die gefühlte Ungerechtigkeit von Montagabend noch einmal Kraft ziehen. «Ich hoffe es. Für viele unserer Spieler ist es das erste Play-off, diese Erfahrungen sind wichtig für die Zukunft, wir können daran wachsen. In diesem Prozess hilft jedes Spiel», sagte Marjamäki.