Vermögen verwalten zu lassen, ist teuer. Doch viele wissen zu wenig oder sind zu faul, um Gebühren zu vergleichen – das nutzen die Banken aus.
Es wird viel gejammert, doch in der Schweiz geht es finanziell vielen hervorragend. Ein Haus, ein paar hunderttausend Franken in bar, und man gehört zum gehobenen Mittelstand. Dazu gehören einige: Gemäss einer Auswertung der Beratungsfirma Deloitte ist rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung in dieser komfortablen Situation. Sie verfügen über Vermögen von zwischen 200 000 und 2 Millionen Franken. Und es werden immer mehr.
Diese oft über 50-jährigen Menschen sind für die Banken hochinteressant. Ihr Vermögen steckt zwar häufig in Immobilien, doch ihre Barmittel nehmen nach der Pensionierung stark zu, wegen Erbes oder Auszahlungen aus der Pensionskasse. Diese kleinen Reichen oder «Affluent-Kunden» sind potenziell lukrativ, denn ihr Geld muss verwaltet werden. Zudem befassen sich viele erst mit Blick auf die Pensionierung mit ihren Finanzen und überschätzen ihr Wissen.
UBS-Mandate kosten ein Vielfaches
Banken bieten deshalb schon ab einem Betrag von wenigen hunderttausend Franken Vermögensverwaltungsmandate an. Das sind Finanzprodukte, über die Geld diversifiziert an der Börse angelegt wird, in Aktien, Obligationen oder Fonds. Dabei kann der Kunde das Investieren selbst übernehmen oder der Bank den gesamten Prozess überlassen. Dafür verlangt sie dann Gebühren.
Die Preise für solche Mandate gehen weit auseinander. Gemäss einer Auswertung des Vergleichsdienstes Moneyland kostet ein Mandat des Typs Manage Advanced bei der UBS das Vielfache eines ETF-Mandats bei der Sparkasse Schwyz. Im Durchschnitt betragen die Pauschalgebühren 1,3 Prozent des Anlagebetrags pro Jahr, wobei zusätzliche Produkt- und sonstige Bankgebühren anfallen können.
Bei den Kosten handelt es sich aber oft um «Schaufensterpreise». Wer ein etwas grösseres Vermögen habe, könne konkrete Angebote einholen und verhandeln, sagt Benjamin Manz, Chef von Moneyland: «Wenn man einfach, ohne zu vergleichen, bei der Hausbank bleibt, haben die Banken keinen Anreiz, die Preise zu senken.»
Die Preise unterscheiden sich auch stark, weil die Mandate verschieden sind. Oft ist unklar, welche Beratungsleistungen inbegriffen sind und welche nicht. Die Intransparenz hat System. «Viele Vermögensverwalter wollen nicht, dass ihre Preise publiziert werden. Es ist nicht in ihrem Interesse», sagt Manz. Zudem gibt es Tausende von Anbietern. Man hat keine Chance, alle Angebote zu überblicken.
Werden CS-Kunden degradiert?
In einer besonderen Situation befinden sich die wohlhabenden Kunden der ehemaligen Credit Suisse. In ihrem Alltag hat sich bis jetzt nicht viel verändert. In der App oder auf Kontoauszügen erscheint immer noch das CS-Logo. Doch seit der rechtlichen Fusion sind auch sie Kunden der UBS – für einige Ex-CS-Kunden bedeutet das Veränderung.
So wurden bei der CS sowohl Affluent-Kunden wie auch Millionäre im edlen Private Banking betreut. Nun findet mit der Zusammenführung eine gewisse Neueinteilung statt. Wer bei der CS als affluent galt, wird bei der UBS je nach Vermögenssituation möglicherweise zu einem normalen Kunden degradiert – statt Kafi und Schöggeli am Paradeplatz könnte es dann heissen: anstehen in der Filiale.
Die UBS sagt nicht, ab welchem Vermögen sich Ex-CS-Kunden bei der UBS für das Private Banking qualifizieren. Die Bank beschränkt sich auf die Aussage, dass man den Kunden den Service bieten wolle, der zu ihren Bedürfnissen passe, «entsprechend werden Privatkunden nicht ausschliesslich anhand ihrer Vermögensgrösse eingeteilt», man berücksichtige verschiedene Faktoren, heisst es auf Anfrage.
Ehemalige CS-Affluents würden zudem von mehr Produkten und Diensten profitieren, etwa im Bereich Nachfolgeplanung. Sie werden aber erst im Verlaufe des nächsten Jahres mit der Migration auf die UBS-Plattform in die neue Bankenwelt eintreten. Dann kommt auch der Wechsel zur UBS-App. Betroffene Kunden würden frühzeitig über bevorstehende Änderungen bei ihren laufenden Mandaten informiert. Die Preise hätten sich seit der Integration nicht verändert, schreibt die UBS.
Die UBS – und früher die CS – steht aber im Ruf, in der Schweiz zu den teuersten Anbietern zu gehören. In der Vermögensverwaltung, aber auch in der Vorsorge und bei Alltagsgeschäften. Ein Marktbeobachter beschreibt es so: «Die CS war schon teuer, die UBS ist noch teurer.» Für Benjamin Manz ist es kein Grund, gleich die Bank zu wechseln, wenn sie in einem Bereich teuer ist. Man müsse je nach Produkt entscheiden. So spielen nicht nur das Mandat, sondern auch die Qualität des Online-Banking oder des Beraters eine Rolle.
Trotzdem wird die Aufnahme der CS-Affluent-Kunden in die UBS den Markt kaum erschüttern. «Die Kostenbewussten dürften schon heute nicht mehr Kunden der Grossbank sein», sagt Manuel Rütsche, Leiter Asset Management beim VZ Vermögenszentrum. Deshalb erwartet er keine Wechselwelle, auch wenn der Übertritt in die UBS-Welt ein Grund wäre, die eigene Situation zu hinterfragen. Die Kunden seien zwar zufrieden und hätten vielleicht einen netten Berater, «sie wissen aber oft gar nicht, welche Finanzprodukte die Bank in ihre Depots gebucht hat», sagt er.
Keine Ahnung von Bankgebühren
Die Banken können sich zudem darauf verlassen, dass die Kunden träge und die Hürden für einen Wechsel hoch sind. Wenn Ex-CS-Kunden in der UBS-App landen oder per Brief über neue Tarife informiert werden, könnte das zwar ein Anlass sein, sich nach anderen Angeboten umzusehen, sagt Andreas Dietrich, Bankenprofessor an der Hochschule Luzern. Das Problem sei jedoch, dass die Bevölkerung den Preis von Finanzangeboten oft gar nicht kenne. 90 Prozent der Leute wüssten nicht, wie hoch die Kosten und die Zinsen ihrer eigenen Konti seien.
«Man macht sich mehr Gedanken über Ferienkosten als über Bankprodukte, obwohl man dort viel mehr einsparen könnte», sagt Dietrich. Viele glauben zwar, dass sie preissensitiv seien. Doch weil sie keine Ahnung haben, welche Preise sie zahlen, bekommen sie gar nicht mit, wenn sich etwas ändert. Zudem könnten die Preismodelle der Banken ein Buch füllen, Aussenstehende würden sie kaum verstehen, sagt Dietrich. Die Banken haben wenig Anreize, ihre Tarifstrukturen zu vereinfachen. Erst recht nicht bei den lukrativen Mandaten.
Gemäss dem Anlageexperten Rütsche gilt das Unwissen auch für Fonds oder Konti in der gebundenen Vorsorge 3a, die in der Bevölkerung noch viel verbreiteter sind. Auch hier gäbe es angesichts der Preisunterschiede grosses Sparpotenzial. So sind unter den 3a-Produkten noch immer viele aktiv verwaltete Fonds zu finden. Sie bieten meist keine bessere Rendite als Index-Produkte, aber kosten viel mehr.
Immerhin hätten digitale Neuerungen wie Viac oder Frankly etwas Bewegung in den Vorsorgemarkt gebracht, bemerkt Benjamin Manz. Auch in der Vermögensverwaltung gibt es mittlerweile erfolgreiche digitale Angebote wie True Wealth, die automatisiert und kostengünstig anlegen. Doch das sind Randerscheinungen. Wenn alles funktioniere, seien die Schweizer zufrieden mit ihren Banken, sagt Andreas Dietrich. Hohe Preise seien dann kein Anlass, ein günstigeres Angebot zu suchen. Der Druck auf die Bankgebühren bleibt gering.