Einem SVP-Mann wird ein prestigeträchtiges Amt verwehrt. Weil er eine dezidierte Anti-Gender-Haltung vertritt. Dafür wählen die Linken eine Frau, die noch rechter und konservativer ist. Anmerkungen zu einer Posse, die sich zur Peinlichkeit ausgewachsen hat.
Der Kanton Basel-Stadt ist dank den sprudelnden Steuermilliarden seiner Pharma-Unternehmen fast unermesslich reich. Zumindest an monetären Mitteln. Doch Geld macht nicht per se glücklich – und offensichtlich auch nicht immer gescheit. Das gilt zumindest für das politische Personal.
Schon im Januar haben die linken Parteien medienwirksam angekündigt: Sie wollen einen SVP-Politiker nicht zum Statthalter wählen. Dabei ist eine solche Wahl eine Formsache, eigentlich, die Parteien erhalten dieses Repräsentationsamt in einem festgelegten Turnus. Aber der Kandidat der Volkspartei, Beat K. Schaller, fiel der woken Ideologie zum Opfer. Weil er ein Mann mit dezidierter Anti-Gender-Haltung ist, machte er sich für die Linken unmöglich.
Schaller, 69 Jahre alt, Mathematiker im Ruhestand, ist im Umgang ein angenehmer Typ. Gmögigkeitsfaktor: hoch. Was aber auch stimmt: Bei der progressiven Woke-Ideologie verleidet es ihm. Frau ist bei ihm Frau, Mann ist Mann. Und mit den Sternchen, die sich in der Sprache immer mehr dazwischen befinden, hat er’s eher weniger. Er sagt dann solche Sätze: «Die Auflösung der Geschlechter ist Ausdruck der menschlichen Hybris, die Meinung, wir stünden über der Natur.» Er liess sogar Badges drucken mit dem Slogan, der auf den berühmten Atomkraft-Slogan anspielt: «Gendern, nein danke», und verteilte sie im Parlament.
Die Tugendjakobiner richteten: So ein rückständiger alter weisser Mann darf niemals Statthalter und ein Jahr später Parlamentspräsident, also «höchster Basler», werden! Die Gerichtshöfe der Moral kennen keine Prozessordnung.
An diesem Mittwoch drückte die rot-grüne Mehrheit (mit Unterstützung aus bürgerlichen Parteien) im Parlament diesen moralinsauren Impetus nun gnadenlos durch. Einen halben Tag (und einiges an Steuergeld) hat das Parlament verschwendet für eine Posse, die sich nun zur Peinlichkeit ausgewachsen hat.
Die Basler Medien tickerten dieses unwürdig anmutende Schauspiel live. Der Stream des Grossen Rats war immer wieder wegen zu vieler Teilnehmer nicht mehr aufrufbar. Eine Blamage in aller Öffentlichkeit. Und danach wundern sich die Basler wieder, warum sie auf nationaler politischer Ebene von niemandem ernst genommen werden.
«Kindergarten»
Überraschen kann es eigentlich nicht, wenn man das Prozedere analysiert: In den ersten zwei Wahlgängen enthielten sich die Linken und verhinderten so das absolute Mehr. Im dritten wählten sie den Fraktionschef der SVP. Dieser lehnte ab. Und mahnte zur Vernunft.
Vor dem vierten Umgang wurde es noch skurriler: Die SVP musste sich der linken Übermacht beugen, Schaller zog sich zurück und die Partei portierte die ehemalige Olympia-Medaillengewinnerin im Fechten: Gianna Hablützel-Bürki.
Und was machten die Wohlmeinenden? Auf einmal wurde ein FDP-Politiker ins Amt votiert. Auch dieser lehnte ab. Und mahnte zur Vernunft. Im fünften schaffte es dann Hablützel-Bürki. Ganz knapp. Mit läppischen 39 von 100 Stimmen. Sie akzeptierte das Verdikt – um dem «ganzen Kindergarten ein Ende zu machen». Hablützel-Bürki hatte recht mit dieser Kurz-Zusammenfassung.
Die Posse birgt aber noch mehr Pointen: Nun kann Schaller weiterhin seine träfen Voten abgeben. Wäre er gewählt worden, hätte er sich auf seinen Repräsentationsposten begeben müssen. Kommt dazu: Hablützel-Bürki ist im politischen Basel nicht beliebter. Als sie vor sechs Jahren für den Ständerat kandidieren wollte, wurde sie etwa für ihre harte Haltung gegenüber Migranten stark kritisiert. Und gemäss aktuellen Smartvote-Daten ist die neue Statthalterin noch rechter – und in der Gesellschaftspolitik noch konservativer als Schaller. Zudem läuft gegen sie aktuell ein Strafverfahren. Der Kläger: Ein liberaler Grossrat. Das kann man alles eigentlich nicht erfinden.