Jaguar will neue Kundensegmente erschliessen. Doch mit einer bizarren Kampagne sorgt die britische Traditionsmarke für Verärgerung und kassiert auf Social Media viel Spott und Häme.
Nach massiver Kritik hat der Chef des Autoherstellers Jaguar die «mutige» Neuausrichtung der britischen Traditionsmarke verteidigt. Jaguar hatte am Dienstag auf den Social-Media-Plattformen Instagram und X ein neues Werbevideo gepostet, in dem kein einziges Auto zu sehen war.
Stattdessen posierten androgyne Models ohne ersichtlichen Zusammenhang mit der Autowelt in grellbunten Kleidern auf einer pinken Mondlandschaft. Im Logo wird die Raubkatze durch zwei goldene Buchstaben ersetzt, die als «J» und «r» gelesen werden können, als erster und letzter Buchstabe von «Jaguar». Zudem verschwindet der «Leaper» genannte silberne Jaguar von der Kühlerhaube. Es gibt ihn nur noch in kantiger Form und umhüllt von horizontalen Linien an anderen Stellen des Autos.
Jaguar รีแบรนด์ครั้งใหญ่ ปรับเปลี่ยนโลโก้ และ Brand Identity ทั้งหมด ใช้สีทอง และเล่นเส้นสาย r ตัวท้ายสุดให้เป็นตัว J กลับหัว pic.twitter.com/NkEfj9YVTF
— spin9 (@spin9) November 19, 2024
Das 30-sekündige Video mit dem Titel «Copy nothing» wurde auf Social Media über 160 Millionen Mal angeklickt. Es erntete dort vor allem Spott und Verärgerung. Der Geist und das Erbe von Jaguar würden vernichtet, kommentierten die User verärgert. Und: Die 90-jährige Marke sei viel zu «woke» geworden.
Spott und Hohn aus allen Richtungen
Der Jaguar-Chef Rawdon Glover erklärte daraufhin am Freitag in einem Interview mit der «Financial Times», dass die Kernbotschaft des Videos im Sturm der Entrüstung untergegangen sei. Er verneinte, dass das Video ein «wokes» Statement sei. «Wenn wir es so machen wie alle anderen, unterscheiden wir uns nicht und werden beiseitegedrängt», befand Glover. «Wir sollten deshalb nicht wie eine Automarke auftreten», führte er weiter aus.
Die Worte von Glover verstärkten den Hohn allerdings nur noch. Der Tesla-Chef Elon Musk fragte auf seiner Plattform X sarkastisch: «Verkauft ihr Autos?» Auch der amerikanische Podcaster Joe Rogan mokierte sich über das Video.
Der neue Slogan sei «Copy nothing» , doch erinnere er fatal an Budweisers Bud Light. Die Biermarke, die zum Konzern Anheuser Busch gehört, hatte im vergangenen Jahr einen zeitgeistigen Strategiewechsel vollzogen und mit der Transgender-Influencerin Dylan Mulvaney zusammengearbeitet. Das hatte zu massiven Verkaufseinbrüchen geführt.
Während Glover betonte, dass Jaguar neue Kundensegmente gewinnen müsse, betonte ein Nutzer, dass das Unternehmen mit der neuen Strategie absichtlich 90 Prozent der derzeitigen Kunden aufgebe.
Jaguar isn’t just changing their logo.
They’re deliberately abandoning 90% of their current customers.
Why would a luxury brand do this?
The strategy is bold: pic.twitter.com/wBFQyF90aI
— Hosun (@hosun_chung) November 22, 2024
Andere Nutzer wurden kreativ, überarbeiteten das Video und liessen, wohl mithilfe von künstlicher Intelligenz, die Models von zwei angriffigen Raubkatzen aufscheuchen. «Ich habe es gerettet» («I fixed it»), rühmte sich der X-Nutzer Marcus Byrne.
Neuer Concept-Car wird an der Miami Art Week präsentiert
Das neue Video ist der Auftakt zu einer grossangelegten Werbekampagne, mit der der Autohersteller, der seit 2008 zur indischen Tata Group gehört, die schwächelnde Marke wiederbeleben will.
Jaguar plant, sich als exklusive, hochpreisige Luxus-Elektroautomarke zu etablieren, die mit Branchenführern wie Rolls-Royce und Bentley konkurrieren soll. Das erste neue Modell soll 2026 auf den Markt kommen, das Unternehmen will künftig nur noch elektrische Fahrzeuge herstellen.
Ein erster Concept-Car der neuen Ära soll Anfang Dezember der Öffentlichkeit präsentiert werden. Dies allerdings nicht an einer traditionellen Automobilmesse, sondern an der Kunstmesse Miami Art Week.
Jaguar hat angekündigt, dass im Luxussegment künftig «spektakuläre» Fahrzeuge entstehen würden. Die Preise der neuen Modelle werden voraussichtlich etwa doppelt so hoch sein wie die der bisherigen Jaguar-Modelle.
Wie viele Kunden darauf anspringen, muss sich noch zeigen. Werbefachleute kommentierten, dass gerade für Luxusmarken Authentizität von entscheidender Bedeutung sei. Starke Marken erfänden sich zwar immer wieder neu, würden ihrer DNA im Kern aber stets treu bleiben. Wenn der Jaguar-Chef Rawdon Glover nun verkündigt, Jaguar wolle nicht mehr wie eine Automarke auftreten («So we shouldn’t turn up like an auto brand»), ist von Erbe, Tradition und DNA nicht mehr viel zu merken.
Immerhin: Jetzt reden alle über Jaguar, und der neue Concept-Car dürfte bei der Präsentation im Dezember viel Aufmerksamkeit erhalten.