Der 33-jährige ist nach seiner Vertragsauflösung in den USA offen für Neues. Klar ist nur: Er will zurück nach Europa. Welcher Klub zahlt Shaqiri den höchsten Lohn?
Vor kurzem verbreitete der Schweizer Fussballer Xherdan Shaqiri auf seinem Instagram-Kanal ein Bild, wie er im Zimmer seines Wohnturms Downtown Chicago mit bester Aussicht auf den Lake Michigan den Nachmittag verrinnen lässt. Darauf zu sehen: Shaq macht ein Nickerchen. Siesta statt Training, Wohnlandschaft statt Gym.
Erst im Nachhinein erschloss sich die tiefere Bedeutung des ungewöhnlichen Posts: Shaqiri zeigt sich selbst beim Warten, bis sich sein Bruder und Manager Erdin Shaqiri endlich mit dem Arbeitgeber Chicago Fire über die vorzeitigen Vertragsauflösung geeinigt hat.
Am Mittwochabend verbreitete der Klub aus der Major League Soccer dann die Meldung, man habe sich einvernehmlich getrennt. «Thank you, Shaq!», steht gross über der knappen Nachricht des Vereins. Das Schöne an dieser Art von Meldung besteht ja darin, dass sie offenlässt, wofür sich der Klub genau bedankt: Für die gemeinsame Zeit oder dafür, dass Shaqiri geht? Wahrscheinlich für beides ein bisschen.
Die Trennung erfolgt nicht überraschend, obwohl Chicago Shaqiris Rückkehr von der Europameisterschaft noch mit einer Willkommens-Adresse und der Bemerkung versehen hatte, Shaqiri sei topfit und freue sich auf die zweite Saisonhälfte. Zumindest Letzteres war nicht der Fall.
Shaqiris Nachtreten gegen Chicago Fire
Bereits an der EM hatte Shaqiri in seiner offenherzigen Art im Schweizer Team-Camp berichtet, er wolle nach dem Turnier nach Europa zurückkehren. Es sei Zeit «für ein neues Kapitel in der Karriere». Angesprochen auf seine magere Bilanz in der ersten Saisonhälfte mit Chicago kritisierte er die Klubführung. Die sportlichen Entscheide seien falsch gewesen, er hoffe, dass «die Führung aus den Fehlern lernt, um es besser zu machen». Das war ein unverhohlener Angriff auf Georg Heitz, den Sportdirektor von Chicago Fire.
Der Basler Heitz hatte vor zweieinhalb Jahren den Transfer eingefädelt, als Shaqiri nach der zuletzt unglücklichen Zeit im Liverpool FC auch bei Olympique de Lyon schon nach wenigen Monaten abermals unglücklich war. Heitz kannte Shaqiri und seinen Clan aus der Zeit als Sportchef im FC Basel. Shaqiri gefiel die Rolle als Star-Spieler.
Weniger gefiel ihm, dass der sportliche Erfolg ausblieb, zwei Mal verpasste Chicago die Meisterrunde. Shaqiri konnte sich nicht anfreunden mit den Regeln der geschlossenen Liga mit Lohngrenzen und strengen Regeln für die Kaderzusammensetzung. In dieser Saison verliess Shaqiri die letzte Freude an Chicago. Er schoss nur noch zwei Penalty-Tore, von 14 Partien spielte er lediglich zwei über die volle Zeit.
Shaqiris Vertrag wäre in den USA noch bis Ende Jahr weiter gelaufen. Er verzichtet damit auf rund vier Monatslöhne, rund 1, 2 Millionen Franken. Chicago Fire entlastet sich mit den Abgaben um das Doppelte, zudem wird einer von drei Plätzen für «designated players» frei. So lange die Transferfenster je nach Liga in den kommenden drei, vier Wochen noch offen sind, kann sich Shaqiri einen neuen Arbeitgeber suchen. Wer könnte das sein?
Zwei EM-Auftritte genügen als Empfehlung
Shaqiri und sein Bruder wissen es wohl bereits: Es müsste der Klub sein, der den höchsten Lohn zahlt. Damit wird Shaqiri vermutlich die vielen Fans des FC Basel enttäuschen müssen, die sich per Social Media an Shaqiri richten, er möge nun endlich zu seinem Stammklub heimkehren. Die zwei oder drei Millionen Jahresgehalt dürfte eher ein Verein in der Gegend von Saudiarabien aufbringen wollen. Eines der vielen Gerüchte lautet, ein Klub aus Athen zeige Interesse und locke gar mit einem mehrjährigen Vertrag für den bald 33-Jährigen.
Dass er für jede Mannschaft und jedes Fussballspiel noch immer eine Zierde sein kann, hat Shaqiri schliesslich gerade erst an der EM bewiesen. Es gab grosse Diskussionen um seine Fitness vor der Endrunde und wahrscheinlich stimmte es auch, dass Shaqiri nicht mehr so viel rennen und so viele Sprints hinlegen kann wie noch vor zehn Jahren. Doch das verlangt auch niemand mehr von ihm. Verlangt werden Zaubereien, der Nationaltrainer Murat Yakin vertraute Shaqiri. Und Shaqiri lieferte.
So schoss er das Zaubertor beim 1:1 gegen Schottland, nach einer Stunde durfte Shaqiri unter den Jubelgesängen der Schweizer Fans den Rasen in Köln verlassen. Elf weitere Minuten bekam Shaqiri im Viertelfinal gegen England. Als fast letzte Aktion der Schweizer legte er sich den Ball für einen Eckball bereit, nahm Anlauf und schoss, als würde er sich an den eigenen Wunsch erinnern: «Ich möchte bei den Leuten als Spieler in Erinnerung bleiben, der allen Freude gemacht hat.» Shaqiri wollte den Corner direkt verwandeln. Ohne Englands Goalie Jordan Pickford hätten sich die Schweizer für den Halbfinal qualifiziert.
Es passt perfekt zu Shaqiri, dass seine letzte, freche Aktion im EM-Viertelfinal in Deutschland auch sein letztes Bild als Nationalspieler ist. Einige Tage nach dem Viertelfinal-Aus verkündete er, dass er seine Nationalmannschafts-Karriere nach 125 Spielen, 32 Toren und sechs Endrunden-Teilnahmen beendet.
Ob er den Verband vorab informierte, ist nicht ganz klar. Xherdan Shaqiri verkündet auf den eigenen Kanälen, wenn Xherdan Shaqiri aus dem Nationalteam zurücktritt. Als Klubspieler ist es noch nicht soweit. Wo es für ihn weitergeht, wird sich weisen.