Nicht überall sind die Berner die Nummer 1 im Schweizer Klubfussball. In den nächsten Jahren wollen sie in der Trainingsinfrastruktur zu den Konkurrenten in Basel und Zürich aufschliessen. Die Spielertransfers und der Europacup bezahlen das.
Mit den in der Champions League eingespielten Millionen kann ein Fussballklub viel anstellen: dem Personal stattliche Prämien überweisen oder sich noch teurere Fussballer leisten. Er kann Mäzenen etwas zurückgeben, die Frauenabteilung quersubventionieren, Reserven bilden für magere Zeiten. Oder er kann Geld für den Bau eines Fussball-Campus ausgeben, in dem der Nachwuchs ausgebildet wird und die Frauen spielen werden.
YB tut in den nächsten Jahren etwas, wovon andere Klubs in der Super League nicht einmal zu träumen wagen. Die Berner werfen 40 Millionen Schweizerfranken auf und wollen unmittelbar ausserhalb der Stadt, auf einer zwischen Ostermundigen und Bolligen liegenden Agrarfläche, einen Campus mit acht Terrains und einem Kleinstadion mit einer Kapazität von 2000 Plätzen errichten.
Ob das Projekt in Rörswil umgesetzt werden kann, ist wegen möglicher Einsprachen offen. Doch die Stadt, der Kanton, der Klub sowie die Gemeinden leisten gemeinsam Überzeugungsarbeit. So hat zum Beispiel die davon hauptsächlich betroffene Bauernfamilie nach mehreren Gesprächen einem Umzug ins dreissig Kilometer entfernte Witzwil zugestimmt. Die öffentliche Hand tritt wie in anderen Campus-Fällen Land im Baurecht ab und hilft in der Planungsphase.
YB bleibt auf den belastbaren Kunstrasen angewiesen
YB ist gut gebettet, hat den FC Basel als Serienmeister abgelöst und gilt auch 2024 als Titelfavorit. Möglich ist, dass die Berner schon dieses Wochenende abermals Schweizer Meister werden. Sie sind der Schweizer Vorzeigeklub und haben das zahlreichste Publikum (28 000 pro Spiel) sowie mit Abstand die meisten Ticketing-, Sponsoring- und Europacup-Einnahmen. Nur im Transfer-Nettoertrag wurden sie 2023 (10 Millionen Schweizerfranken) vom nach Transfers gierenden FC Basel (21 Millionen) übertroffen. Der Preis, den Basel auf dem Rasen dafür bezahlt, ist aber hoch.
YB ist eine Grösse, aber der einzige Klub in der Super League, der wegen Platzmangels im eigenen Stadion auf Kunstrasen trainieren muss. Der Grund: Es fehlen selbst auf der unmittelbar neben dem Wankdorfstadion gelegenen Allmend Terrains. Kunstrasen ist belastbarer als Naturrasen.
Wegen der Auflagen des europäischen Fussballverbands (Uefa) hat das in Bern für die vier Spiele der Frauen-EM 2025 eine kostspielige Folge: Kunstrasen raus, vorübergehend Naturrasen rein. Im Moment sind wegen einer Einsprache selbst zwei Terrains blockiert, die für die Zeit während der Frauen-EM auf der Allmend provisorisch für YB errichtet werden sollen. So viel zu den harzigen Planungsprozessen in Bern, wo zwar seit 2005 ein neues Stadion, aber immer noch kein YB-Trainingszentrum steht.
Dem soll nun in Rörswil Abhilfe geschaffen werden. Das Gelände ist stadtnah und liegt einen Steinwurf vom S-Bahnhof Bolligen entfernt. Doch im Unterschied zu den Trainingszentren des FC Zürich und des Grasshopper-Klubs wird der Campus den Frauen und dem Nachwuchs zur Verfügung stehen, nicht aber der 1. Mannschaft. Sie bleibt im Wankdorf und auf Kunstrasen, sofern sich auf der Allmend keine Lösung ergibt.
Politisch dürften die Hindernisse für das Campus-Projekt kleiner sein, weil YB viel Geld aufwirft – für den Nachwuchs, für die Frauen, für den Breitensport. Der Klub hat in den letzten Jahren dank einträglichen Transfers und dank Champions-League-Teilnahmen Reserven gebildet und nimmt sich damit des Projekts an. Die vergleichsweise hohen Kosten erklären sich durch den Bau einer Einstellhalle und von über fünfzig Räumlichkeiten (Garderoben, Fitness).
Oeri finanzierte vor über 10 Jahren den Campus in Basel
Andernorts ist der Fussball-Campus schon längst Realität.
«Danke Gigi», stand 2013 auf einer Seite in einer Beilage der «Basler Zeitung». Die Eröffnung des Nachwuchs-Campus des FC Basel wurde zum Meilenstein erklärt. Damals durften sich die Basler stolz Nonstop-Meister nennen. Sie hatten die Roche-Miterbin Gisela «Gigi» Oeri, die über eine Stiftung den Grossteil der Kosten von rund 20 Millionen Franken stemmte. Noch heute kommt sie für den Unterhalt von jährlich 3 Millionen auf.
Die Stiftung stellt die Anlage dem Nachwuchs des Klubs kostenlos zur Verfügung. Die 1. Mannschaft kann sich bei Bedarf einmieten. Der Basler Campus ist ideal gelegen, zwischen den Sportanlagen St. Jakob und der Grün 80.
Das trifft auf den GC-Campus in Niederhasli nicht zu. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen und über zwanzig Fahrkilometer von Zürich entfernt, trägt der 2005 eröffnete Campus zur Entfremdung des Klubs bei. Die Anlage kostete seinerzeit 20 Millionen. Den grössten Teil trug der Zürcher Geldadel, der mit GC verbandelt war. Die NZZ schrieb 2005: «Für GC wird ein Stück Heimat verpflanzt.» Ab 2007 war der Hardturm Geschichte, GC war schon vorher nach Niederhasli gezügelt, weg von der Stadt.
Das ist die Crux. Die Infrastruktur in Niederhasli genügt hohen Ansprüchen, doch sie liegt irgendwo. Auch wegen des schlechten GC-Beispiels hat YB Projekte weit ausserhalb der Stadt Bern verworfen. Die Nähe ist zentral – zur Stadt und zum öffentlichen Verkehr.
Auch dem FCZ-Campus ging ein langer Kampf voraus
Bis 2022 war der FC Zürich auf der Allmend Brunau einquartiert, unterirdisch, wie in einer Grotte, unter der Saalsporthalle. Jetzt ist er im Sportzentrum Heerenschürli im Kreis 12 zu Hause, im «Home of FCZ», umgeben von diversen Terrains. Geschäftsstelle, Männer, Frauen, Nachwuchs – alles zusammen. Der FCZ-Präsident Ancillo Canepa sagte anlässlich der Eröffnung ähnliche Worte in die Mikrofone wie Oeri neun Jahre zuvor in Basel: «Wir haben viele Jahre gekämpft dafür.»
Die Kosten betrugen 12 Millionen, wovon die Stadt deren 2 beisteuerte und 2 als Darlehen dazugab. Den Rest finanzierten Private, also auch die Familie Canepa. Die Stadt gab das Land im Baurecht ab. Das FCZ-Motto 2022 unmittelbar nach dem Meistertitel: «Welch ein Jahr!» Inzwischen ist das FCZ-Haus unter neuer sportlicher Führung zum Ort der um sich greifenden Angst geworden, den viele Angestellte verlassen haben oder haben verlassen müssen.
Ob YB ähnlich von der Schiene fällt wie Basel, ob sich YB im Innern ähnlich zersetzt wie der FC Zürich oder sich ähnlich von seinen Ursprüngen entfremdet wie GC, ist später zu beurteilen. Vorerst gilt: YB will den letzten Rückstand wettmachen.