Mit den steigenden Temperaturen beginnt auch die alljährliche Zeckensaison. In dieser Zeit stellen sich viele Fragen rund um die lästigen Parasiten und die von ihnen übertragenen Krankheiten. Diese versuchen wir hier zu beantworten.
Dieser Artikel befasst sich mit wichtigen von Zecken übertragenen Krankheiten und damit, wie diese behandelt und verhindert werden können. Im Artikel «Zecken: Was sind das eigentlich für Tiere? Und welche Arten gibt es?» befassen wir uns mit der Biologie der Krabbeltiere, und im Artikel «Zecken: Was ist ein wirksamer Zeckenschutz? Und wie entfernt man die Parasiten richtig?» gehen wir der Frage nach, wie man sich vor den Zecken schützt.
Zecken können viele verschiedene Infektionskrankheiten übertragen. In unseren Breiten sind für Menschen vor allem die Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) von Bedeutung.
Die Borreliose wird durch ein Bakterium verursacht: Borrelia burgdorferi. Der Name geht auf den Schweizer Forscher Willy Burgdorfer zurück. Er hat die Bakterienspezies 1981 in den USA erstmals beschrieben.
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird von einem Virus verursacht: dem FSME-Virus.
Zecken können auch weniger bekannte Krankheitserreger übertragen. Dazu zählen verschiedene Bakterienarten wie etwa Anaplasma, Rickettsien oder Francisella (Hasenpest). Auch bei den Viren gibt es mehr als nur den FSME-Erreger. Während viele für den Menschen ungefährlich sind, können einige ebenfalls Krankheiten auslösen.
Seit Dezember 2022 ist bekannt, dass sich in der Schweiz ein neues Virus ausgebreitet hat: das Alongshan-Virus (ALSV). Es gehört zur grossen Familie der Flaviviren, zu der auch das FSME-Virus, das Dengue- und das Zikavirus gehören. Der für die Schweiz neue Erreger ist 2017 erstmals in China in der Inneren Mongolei entdeckt worden.
Wie das Zentrum für Reisemedizin der Universität Zürich schreibt, sind die Symptome bei einer ALSV-Infektion ähnlich wie bei einer Erkältung oder zu Beginn einer FSME-Infektion: Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit Muskel- und Gelenkschmerzen. Die bei einer FSME-Infektion gefürchtete Hirnhaut- und Hirnentzündung (Meningoenzephalitis) scheint bei der ALSV-Infektion dagegen nicht charakteristisch zu sein.
Die Borrelien leben im Darm der Zecke und werden nicht immer übertragen. Das Infektionsrisiko steigt nach einer Saugzeit von mehr als 12 Stunden. Eine schnelle und korrekte Entfernung der Zecke ist daher wichtig. Die Zecke sollte insbesondere nicht gequetscht werden, weil dies das Risiko einer Infektion erhöht.
Als Risiko- oder Endemiegebiete gelten jene Regionen, in denen ein gewisser Anteil von Zecken mit Krankheitserregern infiziert ist. Für Borreliose gilt die ganze Schweiz als Risikogebiet, ausser Gebiete über 2000 Meter. Seit 2019 gilt für FSME die ganze Schweiz als Risikogebiet, mit Ausnahme der Kantone Tessin und Genf.
Laut Schätzungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) erkranken jedes Jahr rund 10 000 Personen an einer Borreliose. Genaue Zahlen gibt es nicht, da für diese Krankheit keine Meldepflicht besteht. Laut BAG waren 2018 und 2020 Spitzenjahre, was die Anzahl an Borreliose-Fällen betrifft. Seither liegen die Zahlen wieder etwas tiefer.
FSME ist seit 1988 eine meldepflichtige Krankheit. Nach Angaben des BAG schwanken in der Schweiz die Fallzahlen seit 2005 zwischen 100 und 250 Fällen pro Jahr. In den letzten Jahren ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. So erkrankten im Spitzenjahr 2020 offiziell 452 Personen an FSME. Seither liegen die Fallzahlen wieder etwas tiefer.
Das Krankheitsbild der Borreliose (auch Lyme-Krankheit genannt) kann sehr vielfältig sein. Das macht die Diagnose bzw. die Abgrenzung zu anderen Krankheiten im Einzelfall schwierig.
Häufige Symptome sind die sogenannte wandernde Röte (siehe nächste Frage), grippeähnliche Beschwerden, Konzentrationsschwierigkeiten, Schwellungen der Lymphknoten, allgemeine chronische Schmerzen, Kopf- und Gelenkschmerzen, Müdigkeit und Erschöpfungszustände, Herzbeschwerden, Hautprobleme, Sehstörungen, Gehörprobleme, Lähmungserscheinungen und psychische Probleme.
Die Krankheit wird nach der Ausbreitung der Infektion und der Schwere der Symptome in drei Stadien unterteilt.
Wie der Name sagt, stellt die wandernde Röte (Erythema migrans) eine Hautrötung dar, die sich vom Zeckenstich aus langsam über die Haut ausbreitet. Parallel zur Ausbreitung blasst im Zentrum die Rötung wieder ab. Dadurch entsteht der Eindruck eines wandernden Ringes.
Die wandernde Röte gilt als charakteristisches Frühzeichen der Borreliose. Ihr Fehlen spricht aber nicht gegen das Vorhandensein der Krankheit. Viele Patienten mit labormedizinisch nachgewiesener Borrelien-Infektion erinnern sich weder an einen Zeckenstich noch an eine wandernde Röte. Auch in diesen Fällen kann sich der Erreger im Körper ausbreiten und verschiedene Organe und Gewebe wie die Gelenke, das Herz oder das Zentralnervensystem befallen.
Die Therapie erfolgt mit Antibiotika. Die Wahl und die Dosierung der Substanzen richten sich nach dem Krankheitsstadium.
Die Infektion verläuft meist unerkannt und beschwerdefrei. Kommt es zur Erkrankung, verläuft sie typischerweise in zwei Phasen: einer ersten mit grippeähnlichen Symptomen und einer zweiten mit neurologischen Beschwerden.
Die neurologischen Beschwerden sind Ausdruck der namengebenden Entzündung der Hirnhäute und des Gehirns (Meningitis und Enzephalitis – zusammen: Meningoenzephalitis). Typische Anzeichen sind Kopfschmerzen, Lichtscheue, Schwindel, Konzentrations- und Gehstörungen.
Die neurologischen Beschwerden können Wochen bis Monate andauern. Eine von hundert Personen mit neurologischen Beschwerden stirbt an der Krankheit. Bei anderen bleiben dauerhafte Störungen zurück.
Eine ursächlich wirksame (also gegen das FSME-Virus gerichtete) Behandlung gibt es nicht. Die symptomatische Therapie richtet sich nach den Beschwerden des Patienten.
Wichtig: Vor FSME kann man sich mit einer Impfung schützen.
Nein, eine Schutzimpfung gibt es bis anhin nicht.
Alle Menschen, die in einem Risikogebiet leben oder sich öfters dort aufhalten. Die Impfung wird für Kinder ab sechs Jahren empfohlen. Für jüngere Kinder muss die Situation individuell in Absprache mit einem Arzt geprüft werden.
Für eine vollständige Grundimmunisierung gegen FSME sind drei Impfungen nötig. Nach zwei Injektionen besteht ein zeitlich begrenzter Schutz. Die ersten beiden Impfungen erfolgen im Abstand von 1 bis 3 Monaten, die dritte Impfung, je nach Impfstoff, 5 bis 12 Monate danach. Das BAG empfiehlt eine Auffrischimpfung alle 10 Jahre.
Die FSME-Schutzimpfung wird von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlt. Allerdings nur, wenn ein Arzt die Impfung verabreicht. Wer sich in einer Apotheke gegen die Krankheit immunisieren lässt, muss die rund 200 Franken teure Vakzine selber bezahlen.
Mitarbeit: Stephanie Kusma