Am 8. März 2014 verschwand ein Flugzeug auf dem Weg von Malaysia nach Peking spurlos vom Radar. Die Angehörigen der Vermissten leiden bis heute. Die malaysische Regierung will jetzt eine neue Suche ermöglichen.
«Good night, Malaysia three seven zero.» Mit diesen Worten meldete sich der Pilot von MH370 am 8. März 2014 beim Tower in Kuala Lumpur ab. Sechs Stunden später hätte das Flugzeug in Peking landen sollen. Doch es kam nie an. Der Flug MH370 verschwand vom Radar – und niemand weiss, was geschehen ist und wo genau die Maschine mit 239 Personen an Bord mutmasslich abstürzte.
MH370 ist bis heute eines der grössten Rätsel der Luftfahrtgeschichte.
Malaysia sei bereit, die Suche nach der verschollenen Boeing 777 wieder aufzunehmen, wenn es überzeugende neue Erkenntnisse gebe. Das sagte Premierminister Anwar Ibrahim am Montag an einer Pressekonferenz im australischen Melbourne. Am Vortag hatte Anthony Loke, der malaysische Transportminister, mitgeteilt, dass man in Gesprächen mit der privaten amerikanischen Such- und Bergungsfirma Ocean Infinity sei. Das Unternehmen bestätigte dies.
In einer Welt der Radars und Satelliten verschwindet ein Flugzeug
Vor allem für die Angehörigen, die seit Jahren auf eine weitere Suche drängen, sind das gute Nachrichten. Das Verschwinden von MH370 hat das Leben von Menschen auf vier Kontinenten erschüttert. 153 Passagiere stammten aus China, 38 aus Malaysia, die anderen aus zwölf weiteren Staaten, unter anderem Australien, den USA, der Ukraine oder den Niederlanden. 227 Passagiere waren an Bord, unter ihnen 5 Kinder. Ebenso wie die zwei Piloten sowie zehn Flugbegleiterinnen.
Am Wochenende versammelten sich Hunderte von Angehörigen und Unterstützer in Kuala Lumpur, um der Vermissten zu gedenken.
Der 66-jährige Li Eyou sagte in einem Interview der Associated Press, in den vergangenen Jahren sei er «wie ein Geist durchs Leben getrieben». Sein damals 27-jähriger Sohn war an Bord der MH370. Tagsüber müsse er lächeln, wenn er Freunde treffe, und so tun, als sei alles in Ordnung, so Li Eyou. Nachts dürfe er ehrlich zu sich sein. «Wenn es mitten in der Nacht ruhig ist, weine ich.» Er glaube, sein Sohn lebe wie Robinson Crusoe weiter auf einer einsamen Insel. Deshalb möchte er auch keine Kompensation entgegennehmen.
Dass ein modernes Verkehrsflugzeug in einer Welt voller Radars und Satelliten spurlos verschwindet, ist schwer zu akzeptieren. Malaysia, China und Australien hatten vor sieben Jahren eine über zwei Jahre andauernde, rund 130 Millionen Dollar teure Unterwassersuche ergebnislos beendet. 2018 stellte das private Unternehmen Ocean Infinity ebenfalls eine sechsmonatige Suche erfolglos ein.
Die Suche nach dem Wrack gleicht jener nach der Nadel im Heuhaufen. Die Rekonstruktion von Militärdaten ergab, dass die Maschine nach dem Verschwinden vom zivilen Radar wohl zurück Richtung Malaysia flog, nach Norden steuerte, bis sie ausserhalb des Militärradars über dem Indischen Ozean verschwand. Sie muss noch stundenlang geflogen sein, bis ihr das Kerosin ausging und sie ins Meer stürzte.
Die malaysische Anwältin Grace Nathan, deren Mutter an Bord der Maschine war, beschrieb am Sonntag, wie sehr sie ihre Mutter vermisse. Nathan ist die Sprecherin einer Angehörigen-Initiative, und wie andere Hinterbliebene auch, ist sie durch die Welt gereist, um auf den Fall aufmerksam zu machen und selbst nach Trümmerteilen zu suchen. So flogen Angehörige nach Madagaskar, um Bewohner dortiger Fischerdörfer für Wrackteile zu sensibilisieren, die an den Strand gespült werden könnten.
Rund dreissig Wrackteile, die sicher oder sehr wahrscheinlich von MH370 stammen, sind bis heute an den Küsten von La Réunion und im Südosten Afrikas angespült worden. Doch wirklich eingegrenzt werden konnte das Suchgebiet bisher nicht. Nachdem 2009 der Air-France-Flug 447 auf dem Weg von Brasilien nach Paris in den Atlantik gestürzt war, dauerte es zwei Jahre, bis die Black-Box gefunden wurde, obwohl man das Absturzgebiet viel genauer hatte eingrenzen können.
Die Frage nach dem Warum wird wohl ungelöst bleiben
Doch nicht nur auf die Frage, wo die Maschine abgestürzt ist, gibt es bis anhin keine Antwort. Auch das Warum ist ungeklärt und dürfte es vermutlich bleiben. Laut einer Theorie könnte der Pilot Zaharie Ahmad Shah Suizid begangen und Crew und Passagiere mit in den Tod gerissen haben. Dafür sprechen unter anderem Daten, die auf dem Flugsimulator im Haus des 53-Jährigen gefunden wurden. Zudem gibt es Hinweise, dass es in Zaharies Privatleben Probleme gab – ein weiteres Indiz, das die These vom Suizid stützt.
Wie bei spektakulären Fällen üblich, machten auch Verschwörungstheorien die Runde: Eine Entführung des Fliegers durch russische Agenten, um von der Besetzung der Krim abzulenken, war eine davon. Oder ein Abschuss durch das amerikanische Militär über dem Südchinesischen Meer, da sich angeblich militärische Technologie an Bord befunden habe.
Der CEO von Ocean Infinity, Oliver Plunkett, sagte nun gegenüber den Medien, die Suche nach dem Flugzeug sei wohl «die schwierigste, die seine Firma je durchgeführt» habe. Sein Team habe die letzten sechs Jahre seit Einstellung der Suche damit verbracht, mit Experten die Daten zu analysieren. Dies in der Hoffnung, das Suchgebiet so eingrenzen zu können, dass ein Erfolg möglich werde.
Jacqita Gomes, deren Ehemann als Flugbegleiter mit an Bord war, sagte, sie sei überglücklich, dass sie nun vielleicht die Chance habe, einen Schlussstrich zu ziehen und sich endgültig zu verabschieden. Und sollte eine neue Suche ergebnislos bleiben, hoffe sie auf ein neues Unterfangen.