Die jetzige Handhabung von Abgangsentschädigungen schadet der Politik. Gut, dass die Stadtzürcher sie am 3. März ändern können.
Goldene Fallschirme – die Rede ist natürlich von Abgangsentschädigungen – kennt man vor allem aus der Privatwirtschaft. Immer wieder sorgen sie in der breiten Öffentlichkeit für Entrüstung. Insbesondere dann, wenn Personen aus der Chefetage nach einem schlechten Ergebnis den Hut nehmen müssen.
Dass auch politische Amtsträgerinnen und Amtsträger auf vergoldete Abgänge hoffen können, hat sich in der Stadt Zürich in den letzten Jahren an Beispielen wie der Stadträtin Claudia Nielsen und dem Kreisschulpräsidenten Roberto Rodriguez (beide SP) gezeigt. Nach ihren freiwilligen Rücktritten erhielten sie jeweils 3,5 Jahresgehälter als Abgangsentschädigung. Für Nielsen bedeutete das 856 657 Franken, für Rodriguez 687 131 Franken – bezahlt mit Steuergeldern.
Der Fall Rodriguez, der sein Amt als Präsident des Schulkreises Uto für eine Schulleiterstelle in demselben Kreis abgeben wollte, zeigt zudem exemplarisch, welche absurden Züge die damalige Regelung annehmen konnte. Entsprechend gross war die Entrüstung vor drei Jahren.
In Anbetracht dessen, dass der Demokratiemonitor 2023 von GfS Bern und der Denkfabrik Pro Futuris zum Schluss kam, dass das Vertrauen der Schweizerinnen und Schweizer in die Kompetenz der hiesigen Politik angeschlagen ist, darf man das Konfliktpotenzial rund um die Abfindungen nicht unterschätzen.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung wurde 2022 gemacht, als das Zürcher Stadtparlament im Zuge des Falls Rodriguez die maximale Abfindungssumme reduzierte. Seither können gewählte Behördenmitglieder nach Ende ihrer Amtszeit «nur» noch auf maximal 1,8 Jahressaläre hoffen. Zuvor lag das Maximum bei 4,8 Jahreslöhnen.
Doch die Liste der anspruchsberechtigten Ämter ist weiterhin lang. Zu lang; 38 Amtspersonen umfasst sie insgesamt: Friedensrichterinnen, Stadtammänner, die Schulkreispräsidenten und sämtliche Mitglieder des Stadtrats.
Am 3. März hat die Stadtzürcher Stimmbevölkerung die Möglichkeit, diesen Weg fortzusetzen, und zwar sowohl mit der SVP-Initiative gegen goldene Fallschirme als auch mit dem Gegenvorschlag von Stadt- und Gemeinderat. Beide Vorlagen verlangen, dass nur noch die Mitglieder des Stadtrats Anspruch auf eine Abgangsentschädigung haben.
Die SVP-Initiative will die Höhe der Entschädigung auf maximal einen Jahreslohn beschränken. Zudem soll nur noch Anspruch auf eine Entschädigung haben, wer unfreiwillig aus dem Amt scheidet – also abgewählt wird.
Weniger streng ist der Gegenvorschlag, der bei der Höhe der Abfindungen am Status quo festhalten will. Wie bis anhin soll bei Rücktritten eine Abfindung von bis zu 1,5 Jahreslöhnen, bei einer Abwahl von maximal 1,8 Jahreslöhnen möglich sein.
Dass Stadträte weiterhin von einer Abgangsentschädigung profitieren können, ist legitim. Mit dem Amt geht ein hoher Grad an Verantwortung und öffentlicher Exponiertheit einher.
Die Bevölkerung hat darüber hinaus ein echtes Interesse daran, dass Stadträtinnen und Stadträte sich bis zu ihrem letzten Tag im Amt voll auf dieses fokussieren und nicht mit der Suche nach einer neuen Aufgabe abgelenkt sind – oder nach einem Rücktritt oder einer Abwahl überstürzt ein Angebot annehmen, welches einen Interessenkonflikt darstellen könnte.
Auch lässt sich verhindern, dass Stadträte zu Sesselklebern verkommen. Bei allen anderen gewählten Behördenmitgliedern sind aus Steuergeldern finanzierte Fallschirme weder nötig noch zielführend. Deshalb gilt es sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag am 3. März zu unterstützen.