Alex Sadkowsky hat aus sich und seinem Leben ein Gesamtkunstwerk gemacht. Er stand mitten in der hiesigen Kunstszene und blieb trotzdem ein Leben lang ein genialischer Aussenseiter.
Auf einer Postkarte schrieb Alex Sadkowsky: «Ich liebe mich.» Für die schönsten drei Buchstaben von Zürich hielt er die drei letzten. Und Fredi M. Murers Filmporträt von 1969 hiess «Sad-is-Fiction». Zwischen diesen Polen bewegte sich ein abenteuerliches Leben. 1934 in Zürich in ein polnisch-russisch-griechisches Künstlerbiotop geboren, gehörte Alex Sadkowsky an hervorragender Stelle bald zu jenen Malern der «phantastischen Figuration», die Zürich ab 1960 einen künstlerischen Kreativitätsschub und Lustgewinn bescherten.
Wo immer er auftauchte, fühlte man sich umarmt und umgarnt, hineingezogen in eine mittlerweile andächtig verschwindende Art von Künstlerexistenz. War man gefangen von einem Irrwisch, der mit Briefsalven in prall geschmückten Couverts seine Anliegen vorbereitete, um dann unangemeldet vor der Museumstür zu stehen.
Zürich war ihm zu eng
Trotzdem – man liebte ihn. Seine Ausschweifungen, sein traumtänzerisches Wesen, seinen Phantasieschwall. Er hatte wundersame Bekanntschaften, viele Ausstellungen, auch Anerkennung, er war ein grossartiger Fabulierer, Vielschreiber und Wortakrobat, der einen glänzenden Roman, «Die chinesische Wespe» (2002), verfasste und zwei Bücher ausschliesslich mit Titelvorschlägen.
Aber er fühlte sich verkannt, wenn er 3 mal 3 Meter grosse Ölriesen nicht zeigen konnte, weil die Galerientüren zu klein waren, dann brach er von seinem zauberhaften Familienstützpunkt im aargauischen Schneisingen in alle Welt auf. Das stimmt wortwörtlich. Als fast permanent Weltreisender mit einem Koffer voller innerer Bilder verliess er ungezählte Male, allein dreissigfach in Richtung Irland, die «kleine Zürcher Wahnwelt», wohin ihn Paul Nizon mit Friedrich Kuhn verbannt hatte.
Wie sehr sein Werk zur gewichtigen Schweizer Kunst seines Jahrhunderts zu zählen sein wird, muss eine Retrospektive zeigen, die all seine kreativen Überschüsse einschliesst und gleichzeitig den Kern einer Gegenwelt freilegt, in der Rationalität nichts, Imagination alles ist. Müsste man das überbordende Œuvre von Alex Sadkowsky kunsthistorisch einordnen, wäre ihm ein Platz zwischen dem Surrealismus und der Pop-Art sicher.
In der eigenen Ausstellung
Begnadeter Zeichner, der eine Epoche europäischer Geistesgeschichte wie im Schnellgang gefeiert und karikiert hat, konnte er es im kunstengen Zürich der fünfziger Jahre nicht leicht haben. Als einziger Vorfahre kommt Varlin in Betracht, etwas weiter gefasst Chagall und Soutine. Ein jüdisches Erbe ist unübersehbar in Kunst und Leben.
Er war auch in anderen Kulturen und Religionen beheimatet, im thailändischen Buddhismus etwa fühlte er sich aufgehobener als im trockenen Zürich, durch das er häufig wie als Spuk geisterte. So schwirrte er an der Vernissage seiner Helmhaus-Ausstellung 2014 mit einem Zettel im Mund durch die Säle: «Bitte nicht mit mir reden.»
Wie Ahasver irrte er durch die Lande und glaubte an nichts anderes als an die Phantasie, die Liebe und die fliegende, fliehende Bildkunst. Nun ist er 91-jährig in Zürich gestorben.