Der EU-Diplomat Johan Floderus und ein weiterer Häftling aus Schweden sind aus iranischer Haft entlassen worden. Stockholm liess dafür einen Iraner frei, der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden war.
Es ist eine bewährte Strategie. Schon seit Jahren nimmt das Regime in Iran europäische Staatsbürger gefangen, um ihre Heimatländer zu erpressen. In der Regel wirft Teheran den Betroffenen dabei Spionage beziehungsweise «Korruption auf Erden» vor – eine vage Anklage, für die es im theokratischen Justizwesen des Landes keine greifbaren Beweise braucht. Will die Islamische Republik im Austausch für ihre Geisel einen im Westen inhaftierten Iraner freipressen, funken ihre Diplomaten die Bedingungen durch, und man beginnt auf neutralem Boden zu verhandeln.
«Spielfiguren in einem zynischen Spiel»
Auch der Schwede Johan Floderus und sein Landsmann Said Azizi sind jetzt im Rahmen eines solchen Gefangenenaustauschs aus iranischer Haft entlassen worden. Die beiden Männer landeten am Samstagabend gegen 19 Uhr 20 auf dem Flughafen in Stockholm, wo sie von ihren Familien und dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson in Empfang genommen wurden. Im Gegenzug hatte ein Flugzeug wenige Stunden zuvor den verurteilten Kriegsverbrecher Hamid Nouri nach Teheran gebracht, wo seinerseits Angehörige und Behördenvertreter auf ihn warteten.
Kristersson machte kein Hehl aus der zwielichtigen Natur des Deals. Iran, sagte er, habe zwei Unschuldige zu «Spielfiguren in einem zynischen Verhandlungsspiel gemacht», dessen Ziel offenkundig die Freilassung Nouris gewesen sei. Die Regierung habe, so Kristersson, einige «schwierige Entscheidungen» treffen müssen. Er trage als Ministerpräsident eine besondere Verantwortung für die Sicherheit der schwedischen Bürger. Für Floderus und Azizi sei nun eine «lange Phase des Leidens» zu Ende gegangen. Bei Floderus waren es sage und schreibe 790 Tage, die er im Gefängnis ausharren musste. Den beiden Männern gehe es in Anbetracht der Umstände aber gut.
Auch die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen und der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell äusserten am Wochenende ihre Erleichterung. Floderus hatte vor seiner Inhaftierung in Brüssel gelebt und für den Europäischen Auswärtigen Dienst gearbeitet. Erwischt hatte es den 33-Jährigen am 17. April 2022, als er nach einer Iran-Reise mit Freunden das Land verlassen wollte und auf dem Flughafen von der Polizei verhaftet wurde. In Brüssel und Stockholm entschied man sich lange, den Fall unter Verschluss zu halten. Erst als die «New York Times» im September 2023 berichtete, erfuhr die Öffentlichkeit davon.
Im Dezember hatte man Floderus schliesslich angeklagt, für Israel spioniert zu haben; ein Verbrechen, das in Iran die Todesstrafe nach sich ziehen kann. Wie seine Familie berichtete, litt der junge Schwede zu diesem Zeitpunkt sichtlich unter den Folgen einer langen Einzelhaft im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis. Weit weniger prominent war der Fall des zweiten nun freigelassenen Schweden Azizi. Der 63-jährige Doppelstaatsbürger war am 12. November 2023 wegen «Verschwörung gegen die nationale Sicherheit» zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
Der freigepresste Iraner Hamid Nouri war 2019 auf dem Flughafen in Stockholm festgenommen worden (wohin ihn ein regimekritischer Verwandter gelockt hatte). Drei Jahre später verurteilte ihn ein schwedisches Gericht in einem aufsehenerregenden Prozess zu lebenslanger Haft. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der frühere Justizbeamte Nouri Ende der 1980er Jahre an den willkürlichen Hinrichtungen Hunderter politischer Gefangener beteiligt gewesen war.
Das Gerichtsverfahren war nach dem Weltrechtsprinzip durchgeführt worden, welches erlaubt, dass schwere Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit theoretisch überall auf der Welt verfolgt werden können. Doch natürlich weigerten sich Nouris islamistische Schirmherren in Teheran, das Urteil zu akzeptieren. Nur zwei Wochen nach dem Richterspruch in Stockholm wurde der Tourist Floderus zum Opfer der iranischen Geiseldiplomatie.
Oman spielte die Vermittlerrolle
Zustande kam der jüngste Deal dank der Vermittlerrolle Omans. Das Sultanat am südöstlichen Zipfel der Arabischen Halbinsel hatte schon im vergangenen Jahr geholfen, einen Gefangenenaustausch zwischen Iran und Belgien auszuhandeln. In diesem Fall war es Teheran gelungen, den in Belgien rechtskräftig verurteilten Terroristen Assadollah Assadi durch Austausch gegen den in Iran inhaftierten belgischen Entwicklungshelfer Olivier Vandecasteele freizupressen. Vandecasteele war von einem Gericht zu 40 Jahren Haft und 74 Peitschenhieben verurteilt worden und harrte 455 Tage in einer Zelle aus.
Borrell bedankte sich am Samstag bei Schweden und Oman für die Freilassung seines Mitarbeiters Floderus. Der scheidende EU-Aussenbeauftragte stand in jüngerer Zeit oft wegen seiner Appeasement-Politik gegenüber Teheran in der Kritik. Auf der Plattform X erinnerte er daran, dass andere EU-Bürger noch immer willkürlich in Iran festgehalten würden. «Wir werden uns weiterhin gemeinsam mit den betroffenen EU-Mitgliedstaaten für ihre Freilassung einsetzen», schrieb er. Scharfe Kritik am Deal zwischen Schweden und Iran kommt dagegen von Menschenrechtsorganisationen und der iranischen Diaspora. Der Gefangenenaustausch, so der Tenor, werde das Regime zu weiteren Entführungen ermuntern und sei ein Verrat an Nouris Opfern.









