Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez und die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen unterzeichnen ein Migrationsabkommen mit Mauretanien – mit mehr Geld soll das Land seine Küste besser kontrollieren.
In den knapp vierzig Tagen seit Beginn des neuen Jahres sind nicht zuletzt aufgrund günstiger klimatischer Bedingungen fast 10 000 Migranten auf die Kanarischen Inseln gekommen. Das sind achtmal so viele wie im Vorjahreszeitraum. Nach Angaben der spanischen Regierung legten 83 Prozent der Boote von der Küste Mauretaniens ab. Ein Hotspot der Migration ist die Hafenstadt Nouadhibou, die nur 700 Kilometer von der Kanaren-Insel El Hierro entfernt ist und die die klassische Route vom Senegal ersetzt hat, die doppelt so lang ist.
Um den Andrang einzudämmen, reisten die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen und Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez am Donnerstag höchstpersönlich nach Mauretanien, um dort ein Migrationsabkommen zu unterzeichnen. Die EU hofft, dass das westafrikanische Land fortan seinen Küstenstreifen kontrolliert, um die Massenmigration nach Europa auf der überaus gefährlichen Route zu stoppen. Im Gegenzug sollen die Direkthilfen auf 210 Millionen Euro aufgestockt werden. Ursprünglich hatte Brüssel für den Zeitraum 2022 bis 2027 dem Land nur 12,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Schon im Dezember letzten Jahres hatte Mauretanien um internationale Hilfe gebeten, weil es selbst von Flüchtlingen überrannt wird. Allein 100 000 Menschen aus dem Nachbarland Mali, die vor Gewalt und Terror in der Heimat flüchteten, harren in Mauretanien im Flüchtlingscamp Mbera aus. Viele von ihnen warten auf eine Chance, per Boot nach Europa überzusetzen.
Kanarische Inseln völlig überfordert
Auch sicherheitspolitische Überlegungen spielten eine Rolle beim Zusammentreffen mit dem mauretanischen Präsidenten Mohamed Ould Ghazouani. «Mauretanien hat eine Schlüsselrolle für die Stabilität in der Region», sagte von der Leyen. In der Tat ist das Land der zuverlässigste Verbündete, der der EU in der Sahelzone nach den Staatsstreichen in Mali, Burkina Faso und Niger bleibt. Nun will die EU auch die Mittel für den Kampf gegen den Terrorismus in der Region signifikant erhöhen. Schon in diesem Jahr sollen sie auf 40 Millionen Euro verdoppelt werden.
Auf den Kanarischen Inseln herrscht inzwischen der Notstand, weil man nicht mehr weiss, wohin mit den vielen Migranten. Besonders betroffen ist El Hierro, die kleinste und südlichste der Kanarischen Inseln. Seit Anfang 2023 kamen 20 000 Flüchtlinge auf El Hierro, fast doppelt so viele, wie die Insel Einwohner hat. Drei Rettungsboote sind allein vor dieser Insel unterwegs, um die Flüchtlinge sicher an Land zu bringen. Viele von ihnen wurden inzwischen aufs spanische Festland gebracht.
Kaum Ausschaffungen
Bei den Ausschaffungen kommt Spanien hingegen kaum voran. Laut «El País» werden unter Berufung auf inoffizielle Zahlen nur etwa fünf Prozent der Migranten aus Marokko und den westafrikanischen Staaten Senegal, Algerien, Guinea und Côte d’Ivoire in ihre Heimatländer zurückgebracht. Diese Länder seien mitnichten daran interessiert, dass ihre Staatsbürger zurückkämen, sagte jüngst Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska, da ihre Geldüberweisungen ein wichtiger Motor für die Wirtschaft der Heimat seien und für ein Land wie Senegal sogar 10 bis 15 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausmachten.
Sánchez stellte bei der Visite in Mauretanien nun auch umfangreiche Investitionen in Aussicht, um die Entwicklung von grünem Wasserstoff zu fördern. Damit wolle man auch Bleibeperspektiven für die jungen Menschen schaffen, sagte Sánchez. Zudem solle auch die Möglichkeit einer regulären Migration geschaffen werden. Laut Medienberichten würde dies die Rekrutierung von Mauretaniern zum zeitlich begrenzten Einsatz auf spanischen Feldern ermöglichen.