Ein Diktatorensohn und die Tochter eines Ex-Präsidenten mit Wildwestmethoden haben sich an der Staatsspitze zusammengetan. Doch schon nach eineinhalb Jahren zeigt sich, was ihre wahren Absichten sind.
Eine Liebesheirat war es nicht, als Ferdinand Marcos und Sara Duterte vor zwei Jahren im Rennen um das Präsidentenamt auf den Philippinen zusammenspannten. Doch die Zweckgemeinschaft war erfolgreich und führte zum gewünschten Ergebnis: Marcos wurde zum Präsidenten, Duterte zur Vizepräsidentin gewählt.
Der Präsident spottet über seinen Vorgänger
Doch seit einigen Monaten kriselt es in der Beziehung. Dabei spielt eine wesentliche Rolle, dass sowohl Marcos als auch Duterte aus einflussreichen Dynastien stammen, die seit Jahrzehnten die philippinische Politik bestimmen und die nun um die Vorherrschaft in der Politik kämpfen. Ferdinand Marcos ist der Sohn des früheren Diktators, der das Land ab 1965 regierte und 1989 im Exil verstarb. Bis heute hat die Familie ihre Machtbasis in der Provinz Nord-Ilocos verankert, die ganz im Norden der Philippinen liegt.
Sara Duterte ist die Tochter des 2022 abgetretenen Präsidenten, der mit seinen Wildwestmethoden im Kampf gegen Drogensüchtige und Dealer weltweit Schlagzeilen machte. Die Familie Duterte ist in Davao verankert, einer Stadt im Süden der Philippinen. Saras Vater war dort mehr als zwei Jahrzehnte Bürgermeister, bevor er 2016 Präsident des Landes wurde. Rodrigo Duterte hatte sich in der Vergangenheit zwar als Bewunderer des früheren Diktators Marcos gezeigt. Er hat aber nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er von dessen Sohn gar nichts hält.
Dass seine Tochter bei den Wahlen vor zwei Jahren nur als Vizepräsidentschaftskandidatin antrat, obwohl sie in den Umfragen vorne lag, hatte Duterte verärgert. Denn es war offensichtlich, dass Marcos den Sprung in den Präsidentenpalast ohne die Stimmen von Dutertes Anhängern wohl nie geschafft hätte. Seit das Duo an der Macht ist, macht der frühere Präsident über und auch parallel zu seiner Tochter weiter Politik – und heizt die Spannungen zwischen dem Präsidenten und seiner Stellvertreterin an.
Erste Anzeichen dafür gab es bereits im Jahr der Wahl, als der Kongress 2022 Ermittlungen gegen Sara Duterte angestrengt hatte. Der Vorwurf lautete, dass sie nach Amtsantritt innert elf Tagen 2,2 Millionen Dollar an öffentlichen Geldern ausgegeben habe, ohne dass sie dafür die nötigen Prozeduren befolgt hätte. Die Beschuldigte witterte ein Komplott von Martin Romualdez, Speaker des Kongresses und Cousin von Ferdinand Marcos, um sie zu diskreditieren.
Doch auch über den politischen Kurs gibt es Meinungsverschiedenheiten. Marcos hat sich den Vereinigten Staaten zugewandt und den Amerikanern Zugang zu vier weiteren Militärbasen gestattet. Dutertes Vater hatte sich in seiner Amtszeit offensiv China angenähert. Auch dachte Marcos laut darüber nach, ob die Philippinen wieder Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag werden sollten. Das Land hatte unter Duterte die Institution verlassen, weil er Angst vor den Ermittlern hatte. Während Dutertes Präsidentschaft sollen bis zu 30 000 Drogendealer und Abhängige aussergerichtlich hingerichtet worden sein. Marcos ist zwar inzwischen zurückgerudert, indem er sagte, Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes gefährdeten die Souveränität der Philippinen. Der Duterte-Clan dürfte sich dennoch in seiner Meinung bestätigt fühlen: Sie können Marcos nicht trauen.
«Mistkerl» und «Drogensüchtiger»
Ende Januar ist der Streit schliesslich eskaliert. In Manila warb Marcos für sein Programm «Neue Philippinen», mit dem er die Verfassung von 1987 ändern will. Die Dutertes wittern die Absicht, dass sich Marcos damit eine weitere Amtszeit ermöglichen will – was den Vater in Rage versetzte. Bei einer Veranstaltung in Davao redete sich der frühere Staatschef um Kopf und Kragen und beleidigte Marcos ganz direkt: «Wir haben einen drogensüchtigen Präsidenten. Der Mistkerl», sagte er.
Die Replik von Marcos folgte prompt. Die Anschuldigungen von Duterte seien auf den Gebrauch von Fentanyl als Schmerzmittel zurückzuführen, sagte er. Duterte hatte nie bestritten, das synthetische Opioid nach einem Motorradunfall genommen zu haben. Vor seiner Präsidentschaft soll er es jedoch abgesetzt haben.
Mit seiner Stellvertreterin gibt sich Ferdinand Marcos dennoch versöhnlich. Die beiden versichern, weiter zusammenzuarbeiten. Sie wissen, dass sie sich bei einem Bruch angreifbar machen, da sie ihre Mehrheit in den beiden Parlamentskammern verlieren. Die Auseinandersetzungen zeigen, worauf sich die philippinischen Wähler gefasst machen können: auf harte und schmutzige Wahlkämpfe.
Im kommenden Jahr finden Zwischenwahlen statt. Die Hälfte der Senatoren sowie Kongressabgeordnete und lokale Beamte werden gewählt. Die Wahl wird zum Referendum über die Politik von Marcos werden. Sollte er verlieren, wird er seine Agenda kaum umsetzen können. Die beiden Dynastien haben aber vor allem 2028 im Blick. Bei den nächsten Präsidentschaftswahlen werden sie nicht mehr mit-, sondern gegeneinander antreten.