Die Zürcher sprechen sich gegen Massenenteignungen am Zürichsee aus, und zwar deutlich. Das Privateigentum bleibt ein hohes Gut.
Ein durchgehender Spazierweg rund um den Zürichsee, «Erholung für alle» – das versprachen die Initianten der Zürcher Stimmbevölkerung. In blumigen Worten bewarben sie ihre Uferinitiative. Sie liege im öffentlichen Interesse, stehe im Einklang mit Natur und Rechtsstaat und sei erst noch günstig zu haben.
Es ist eine Idee, die in der Phantasie wunderbar klingt, in der Realität aber nicht oder nur mit riesigen Nachteilen umsetzbar gewesen wäre. Zum Glück haben die Zürcherinnen und Zürcher das erkannt und dem Anliegen an der Urne eine wuchtige Abfuhr erteilt.
Die Initianten, welche die Idee seit Jahrzehnten verfolgen, sollten dies zur Kenntnis nehmen und auf weitere nonchalante Angriffe auf die Eigentumsgarantie verzichten. Besonders hintersinnen sollten sich die GLP und die EVP, die sich Arm in Arm mit den linken Parteien für diesen extremen Vorstoss einspannen liessen.
Unter dem Deckmäntelchen eines sympathischen Anliegens
Im Abstimmungskampf wurde viel über Littering und Umweltschutz am See gesprochen. Das zentrale Argument gegen die Initiative war aber immer ihre Radikalität: Für die Umsetzung eines Spasswegs rund um den See hätten zahlreiche Hauseigentümer enteignet werden müssen.
Das Privateigentum – ein Pfeiler des Schweizer und letztlich jedes freiheitlichen Rechtsstaats – wäre bei einer Annahme empfindlich geschwächt worden. Unter dem Deckmäntelchen eines sympathischen Anliegens wäre ein zentrales Grundrecht ausgehöhlt worden. Zur Erinnerung, Artikel 26 der Bundesverfassung: «Das Eigentum ist gewährleistet.»
Befürworter wiesen immer wieder darauf hin, dass Enteignungen in der Schweiz prinzipiell erlaubt seien. Das stimmt. Doch das wäre im Fall des Uferwegs nicht nur völlig unverhältnismässig, sondern auch überaus teuer geworden. Schätzungen des Kantons ergaben schwindelerregende Zahlen in der Höhe von einer halben Milliarde Franken, Wertminderungen von Grundstücken einberechnet.
Die betroffenen Landeigentümer hätten sich, verständlicherweise, gegen diesen grossangelegten Kollektivierungsplan juristisch zur Wehr gesetzt. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten wären die Folge gewesen. Zum Glück bleibt der Kanton nun davon verschont. Die Initiative wäre eine gewaltige Zwängerei gewesen.
Das Nein an der Urne entbindet Kanton und Gemeinden nun aber nicht davon, den Zugang zum Zürichsee, dort, wo es sinnvoll und möglich ist, zu verbessern. Dafür stehen gemäss Strassengesetz jährlich 6 Millionen Franken zur Verfügung – und die sollten für nützliche Projekte, im Einklang mit allfälligen Eigentümern am See, eingesetzt werden.
Dass es auf behutsame Weise durchaus vorwärtsgeht, zeigt etwa das gelungene Projekt für einen Seeuferpark in Uetikon, das am Abstimmungssonntag auf lokaler Ebene eine klare Unterstützung gefunden hat. Ziel sollte es sein, dass die Aufenthaltsqualität am See gesteigert wird – mit möglichst grosszügig gestalteten Anlagen. Ein paar Meter breite Wege oder Stege sind im Vergleich dazu weniger attraktiv.
Grundeigentum, das Generalproblem der Welt?
Zu hoffen ist, dass das klare Votum der Stimmbürger gegen die Uferinitiative auch bei jenen politischen Kräften gehört wird, die seit längerem mit weitgreifenden Enteignungen liebäugeln. Kürzlich warteten die Zürcher Juso mit einem Vorschlag in diese Richtung auf: «Gegen ständige Mietzinserhöhungen gibt es eine Lösung: Immobilienkonzerne enteignen», schrieben sie. Der Staat solle endlich den Boden «dem Profit und Spekulation entziehen».
Nicht nur die Jungsozialisten, von denen man das fast erwartet, stellten die Eigentumsrechte in letzter Zeit aktiv infrage. Auch die Zürcher SP-Regierungsrätin und Justizdirektorin (!) Jacqueline Fehr bezeichnete das Grundeigentum kürzlich als «Generalproblem» der Welt. Auf ihrem Blog schrieb sie: «Die Auswirkungen von Eigentum und ganz besonders von Grundeigentum sind kein Naturgesetz. Wir können etwas tun dagegen. Wir müssen nur wollen.» Die Zürcher Stimmbevölkerung will nicht – und das aus guten Gründen.