Vor zwei Wochen attackierten die Huthi den mit Düngemittel beladenen britischen Frachter «Rubymar» mit Raketen. Am Wochenende ist das lecke Schiff nun gesunken. Im Roten Meer droht deshalb eine Umweltkatastrophe.
Die «Rubymar» war von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterwegs nach Bulgarien, als die Huthi zuschlugen. Am 18. Februar feuerten sie im Roten Meer zwei Antischiffsraketen auf den Frachter ab. Eine verfehlte offenbar ihr Ziel, die andere schlug jedoch ein. Sofort sandte die Besatzung der «Rubymar» ein Notsignal ab. Die 24 Seeleute hatten Glück: Ein weiterer Frachter sowie ein Kriegsschiff eilten zu Hilfe und nahmen sie auf.
Ihr havariertes Schiff hingegen war verloren. Wochenlang trieb die führerlos gewordene «Rubymar» im Roten Meer. Nun ist sie am Wochenende gesunken. Die Verlust des britischen Frachters, der unter der Flagge des Kleinstaates Belize fuhr, dürfte verheerende Folgen haben. Denn die «Rubymar» hatte rund 41 000 Tonnen Düngemittel geladen, die nun das Meerwasser kontaminieren könnten.
«Der Untergang könnte schwere Auswirkungen auf die Umwelt haben», sagt Julien Jreissati, Nahost-Direktor der Umweltorganisation Greenpeace. Die Huthi, die seit Beginn des Gaza-Krieges die internationale Schifffahrt vor der Küste Jemens attackieren, haben somit nicht nur dem Handel zwischen Europa, dem Nahen Osten und Asien Schaden zugefügt, sondern möglicherweise auch noch eine Umweltkatastrophe verursacht.
Die Havarie könnte die Artenvielfalt bedrohen
Bereits vor ihrem Untergang hatte die «Rubymar» eine Ölspur hinter sich hergezogen. Sollte der Rumpf des Schiffes beschädigt sein, dürfte nun auch noch das geladene Düngemittel austreten. Zwar ist unklar, um was für einen Stoff es sich dabei genau handelt. Trotzdem drohe eine Katastrophe, sagt Jreissati. «Die Verunreinigung des Wassers könnte die lokale Fischerei stören, die Artenvielfalt gefährden und Korallenriffe beschädigen.»
Doch nicht nur das Meer, auch die Anrainerstaaten sind betroffen. So plant etwa Saudiarabien an seiner Küste zum Roten Meer seit geraumer Zeit, Touristen-Resorts zu bauen. Zudem nutzt es das Meerwasser zur Trinkwasserherstellung. Im bettelarmen Jemen wiederum ist die Fischerei gefährdet. Deshalb müsse das Wrack schnellstmöglich gesichert werden, sagt Jreissati.
Das ist jedoch ein schwieriges Unterfangen. So war es der Uno im letzten Sommer nur mit Mühe gelungen, den im jemenitischen Hodeida liegenden kaputten Tanker «Safer» zu sichern. Damals konnten die Retter auf die Duldung der dort herrschenden Huthi zählen. Jetzt hingegen sind die zum Regime mutierten Ex-Milizionäre auf Konfrontationskurs. Man werde der Bergung der «Rubymar» nur dann zustimmen, wenn auch gleichzeitig Hilfsgüter nach Gaza gelängen, sagte ihr Sprecher.
Israel spürt die Folgen der Huthi-Angriffe nur beschränkt
Seit Monaten beschiessen die Huthi Handelsschiffe mit Raketen. Damit, so verkündet die Regierung in Sanaa, wolle sie den bedrängten Palästinensern in Gaza zu Hilfe kommen und Druck auf Israel ausüben. Doch die Jemeniten beschränken ihre Angriffe längst nicht nur auf israelische Schiffe oder solche, die den israelischen Hafen Eilat ansteuern. Am Dienstag attackierten sie sogar ein Schweizer Schiff der Genfer Reederei MSC.
Israel bekommt die Folgen der Huthi-Angriffe dagegen nur eingeschränkt zu spüren. Die grosse Mehrheit der Importe erreicht das Land über Häfen am Mittelmeer. Stattdessen leiden andere. Ägypten zum Beispiel, das auf die Einnahmen aus dem Suezkanal angewiesen ist und nun damit zu kämpfen hat, dass viele Reedereien ihre Schiffe statt durch den Kanal lieber über die längere Route rund um das Kap der Guten Hoffnung schicken.
Doch während sich grosse Schiffsunternehmen den Umweg leisten können, nehmen Billiganbieter mit ihren oft schlechter gewarteten Schiffen immer noch die gefährliche Route durchs Rote Meer. Zudem meiden bis jetzt vor allem Containerschiffe und Frachter die Huthi-Gewässer. Öltanker sind dort offenbar aber immer noch unterwegs. Sollten die Huthi einen davon versenken, droht eine noch grössere Umweltkatastrophe.
Auch mehrere Unterwasserkabel wurden gekappt
Die Amerikaner und ihre Verbündeten versuchen seit Wochen, die Huthi mit Luftangriffen zur Räson zu bringen. Bisher haben sich die Vergeltungsschläge jedoch als wenig effektiv erwiesen. «Wir versuchen unser Bestes», sagte der dafür zuständige amerikanische Vizeadmiral George Wikoff kürzlich dem Online-Magazin «Al-Monitor». «Aber sie lassen sich nicht abschrecken.»
Neben den Angriffen auf Schiffe kam es jüngst noch zu einer weiteren Aggression. Offenbar wurden auch mehrere Unterseekabel im Roten Meer durchtrennt. Über diese Kabel läuft ein Grossteil des Internet-Verkehrs zwischen Asien und Europa. Rund ein Viertel des durch das Rote Meer laufenden Datenvolumens sei davon betroffen, meldete die zuständige Firma HGC Global Communications.
Auch hinter diesem Angriff werden die Huthi vermutet. Die weisen die Verantwortung jedoch von sich – und beschuldigen stattdessen Briten und Amerikaner. Tatsächlich dürften die Huthi wenig Interesse daran haben, das Internet zu kappen. Schliesslich nutzen sie es ja selbst – für ihre Propaganda.